Beschwerden gegen SRF-Publikationen abgewiesen
Bern (ots)
Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI hat Beschwerden gegen Beiträge der Sendungen "Kassensturz", "Info 3", "Rendez-vous", "Sternstunde Religion" und "Sternstunde Musik" von SRF abgewiesen. Die teilweise festgestellten Mängel bewirkten noch keine Verletzung von Programmbestimmungen.
An ihren öffentlichen Beratungen von gestern und heute in Thun hat die UBI sechs Fälle behandelt, die alle Publikationen von SRF betrafen. Gegenstand eines Verfahrens bildeten Beiträge des Konsumentenmagazins "Kassensturz" vom 9. Februar 2021 und 2. März 2021 über die "höchst umstrittenen Behandlungsmethoden" eines Arztes bei einem Patienten und bei einer Patientin, die beide an Krebs litten. Der betroffene Arzt erhob gegen die Publikationen Beschwerde und rügte diese als tendenziös, verurteilend und unvollständig. Bezüglich des ersten Beitrags vom 9. Februar 2021 waren sich die Mitglieder nicht einig, ob sich das Publikum zu den vermittelten Informationen eine eigene Meinung im Sinne des Sachgerechtigkeitsgebots bilden konnte. Strittig war in der Diskussion namentlich, ob der Standpunkt des angegriffenen Arztes in angemessener Weise zum Ausdruck kam, so dass umstrittene Aussagen als solche erkennbar waren. Die UBI kam schliesslich mit knapper Mehrheit (fünf zu vier Stimmen) zum Schluss, dass der Beitrag die Mindestanforderungen an das Sachgerechtigkeitsgebot erfüllt hat. Einstimmig abgewiesen hat die UBI die Beschwerde gegen den Beitrag vom 2. März 2021, in welchem der Arzt im Rahmen eines ausgestrahlten Gesprächs seine Sicht der Dinge umfassend darlegen konnte.
Eine Popularbeschwerde richtete sich gegen den "Kassensturz"-Beitrag vom 6. April 2021 über die Volksinitiative "Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung" (Trinkwasserinitiative). Darin ging es um die Kritik von Biobauern gegen den Vorstand von Bio Suisse, welcher der Delegiertenversammlung empfohlen hatte, die Trinkwasserinitiative abzulehnen. In der Beschwerde wurde geltend gemacht, Einblendungen zum Inhalt der Initiative ("kein Import-Futter") würden nicht den Tatsachen entsprechen. In ihren Beratungen erachteten die Mitglieder der UBI diesen Punkt tatsächlich als nicht korrekt. Dieser Mangel vermochte jedoch alleine noch keine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots zu begründen, da im zweiteiligen Beitrag der Fokus beim Zwist zwischen den Biobauern lag, dessen Darstellung vom Beschwerdeführer nicht beanstandet wurde. Da zudem in Bezug auf die Trinkwasserinitiative beide Lager ausgewogen zu Wort kamen, wurde auch das Vielfaltsgebot mit seinen speziellen Anforderungen für Beiträge mit Bezug zu einer bevorstehenden Volksabstimmung nicht verletzt. Die UBI hat die Beschwerde mit sieben zu zwei Stimmen abgewiesen.
Beraten hat die UBI ebenfalls über zwei Beschwerden gegen Beiträge von Radiosendungen. Die aktuelle Informationssendung "Info 3" berichtete am 15. Februar 2021 in der Abendausgabe über die Arbeitssituation von Bauarbeitern auf Baustellen in Zürich im Winter und während der Pandemie. Der Schweizerische Baumeisterverband monierte, die Darstellung über den Baustellenalltag sei einseitig. In den Beratungen wurde zwar Kritik am Beitrag laut, wie namentlich hinsichtlich der stark verkürzten Stellungnahme des Schweizerischen Baumeisterverbands. Da jedoch dessen zentrales Argument - mangelnde Repräsentativität der vorgestellten Baustellen - erwähnt wurde, erachtete die UBI die Mindestanforderungen an die Sachgerechtigkeit als erfüllt und wies die Beschwerde mit acht zu eins Stimmen ab.
Kontrovers stuften die Mitglieder der Kommission eine kurze Nachrichtenmeldung in der Sendung "Rendez-vous" zur Ein- und Auswanderung vom 4. Februar 2021 von ausländischen Personen ein, welche auf den neu vorliegenden Statistiken für 2020 beruhten. Es ging dabei um die Frage, ob im Beitrag zwingend auch die Zahlen zur Netto-Zuwanderung hätten erwähnt werden müssen. Die UBI befand mit sechs zu drei Stimmen, dass dies aufgrund des klar erkennbaren Themas und Fokus der Meldung im Lichte des Sachgerechtigkeitsgebots nicht erforderlich war und wies die Beschwerde ab.
Am 15. November 2020 strahlte Fernsehen SRF in der Sendung "Sternstunde Religion" eine Diskussion zum Thema "Islam in der Krise" aus. Anlass bildeten die islamisch motivierten Terroranschläge von Dresden, Nizza, Paris und Wien. Der Beschwerdeführer rügte, die Krisenhaftigkeit des Islam als Ganzes sei nicht thematisiert worden. In den Beratungen der UBI wurde auf die unglückliche Wahl des Titels hingewiesen, welcher falsche Erwartungen wecken konnte. Hervorgehoben wurde aber auch, dass das Konzept der Sendung ein ganz anderes ist als bei anderen Diskussionsformaten wie "Arena" oder "Club", wo die Kontroverse im Vordergrund steht. Das überdurchschnittlich informierte Publikum konnte sich zu den in der Sendung thematisierten Aspekten trotz des missverständlichen Titels eine eigene Meinung im Sinne des Sachgerechtigkeitsgebots bilden. Die UBI hat die Beschwerde mit sieben zu zwei Stimmen abgewiesen.
Ebenfalls am 15. November 2020 zeigte Fernsehen SRF in der Sendung "Sternstunde Musik" den Dokumentarfilm "Truan komponiert". Im Zentrum von diesem steht ein Basler Komponist, dessen kreativer Prozess des Komponierens begleitet wird. Gerügt wird in einer Beschwerde, das Publikum sei durch das Nichterwähnen von wesentlichen Fakten getäuscht worden. In der Beratung betonten die Mitglieder jedoch den persönlichen Charakter der Dokumentation. Im Zentrum stand das Porträt eines Komponisten. Da sich das Publikum dazu eine eigene Meinung bilden konnte, hat die UBI die Beschwerde einstimmig abgewiesen.
Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes, die von der Rechtsanwältin und Kommunikationsberaterin Mascha Santschi Kallay präsidiert wird. Sie besteht aus neun nebenamtlich tätigen Mitgliedern und einem dreiköpfigen Sekretariat. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen schweizerischer Programmveranstalter oder Publikationen aus dem übrigen publizistischen Angebot der SRG Bestimmungen des Radio- und Fernsehrechts verletzt haben oder ob eine rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm bzw. zu einer Publikation vorliegt. Entscheide der UBI können nach Vorliegen der schriftlichen Entscheidbegründung beim Bundesgericht angefochten werden.
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