Weiterbildung für alle wird so nicht erreicht
Bern (ots)
Heute hat der Bundesrat dem Parlament einen Entwurf zu einem Weiterbildungsgesetz vorgelegt. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, erachtet dies als wichtigen Schritt für die Schweiz. Allerdings bedauert Travail.Suisse, dass der Entwurf von einer Verpflichtung für die Arbeitgeber, ihre Arbeitnehmenden weiterzubilden, absieht. Damit wird versäumt, die Voraussetzung zu schaffen, damit alle Personen die Teilnahme am lebenslangen Lernen ermöglicht wird.
Das Positive vorweg: Travail.Suisse begrüsst es, dass das Thema "Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener" eigenständig ins Weiterbildungsgesetz aufgenommen wurde (Art. 13ff. WeBiG). Mit der vorliegenden Lösung wird es möglich, verschiedene Spezialgesetze, die sich mit der Vermittlung von Grundkompetenzen beschäftigen, über das Weiterbildungsgesetz zu koordinieren. Damit wird ein wichtiger Beitrag zum besseren Zugang zur Weiterbildung für alle geleistet.
Arbeitgeber übermässig geschont
Gemäss Weiterbildungsgesetz sollen die Arbeitgeber die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "begünstigen" (Art. 5.2 WeBiG). Diese Bestimmung wird gemäss der Botschaft als Appell, nicht als Verpflichtung verstanden. Das bedeutet, dass die Arbeitgeber, die diesem Appell nicht nachkommen, keine Konsequenzen zu fürchten haben. Die Bedeutung dieser Bestimmung liegt daher nahe bei Null. Einmal mehr werden die Arbeitgeber übermässig geschont und alles der Freiwilligkeit überlassen. Verlierer sind diejenigen, die heute schon über keinen Zugang zu Weiterbildung verfügen. Travail.Suisse wird im Rahmen der Gesetzesdiskussionen die Verpflichtung der Arbeitgeber erneut ansprechen, die Notwendigkeit eines Weiterbildungsobligatoriums betonen und auch andere mögliche Formen der Verpflichtung präsentieren.
Nachholbildungen gezielt fördern
Die Schaffung des Weiterbildungsgesetzes muss als Chance angesehen werden, die Nachholbildung von Personen, die über keinen beruflichen Erstabschluss verfügen, gezielt zu fördern. Dazu schlägt Travail.Suisse eine Bestimmung vor, welche Bund und Kantone zusammen mit den Organisationen der Arbeitswelt zu Massnahmen verpflichtet, die erwerbstätige Personen ohne berufliche Grundbildung auf die anderen Qualifikationsverfahren (Nachholbildung) vorbereiten. Mit einer solchen Regelung kann eine Politik entwickelt werden, welche die Weiterbildungsbeteiligung der Personen ohne berufliche Erstausbildung erhöht. Denn diese Gruppe ist nur halb so viel an der Weiterbildung beteiligt wie Personen, die über einen Abschluss auf Sekundarstufe II verfügen. Damit fehlen der Gruppe der Ausbildungslosen aber wichtige Voraussetzungen, um einen verbesserten Zugang zur Nachholbildung zu finden. Denn fehlende Weiterbildung ist eines der Hindernisse, welches dieser Gruppe den Zugang zur Nachholbildung erschwert.
Reform der berufsorientierten Weiterbildung
Travail.Suisse schlägt vor, dass parallel zur Diskussion des Weiterbildungsgesetzes auch die Artikel im Berufsbildungsgesetz zur berufsorientierten Weiterbildung (Art.30-32 BBG) reformiert werden. Um wichtige Fragen im Zusammenhang mit dem Wiedereinstieg, den älteren Arbeitnehmenden und der Nachholbildung lösen zu können, ist eine Reform absolut nötig.
Kontakt:
Bruno Weber-Gobet, Leiter Bildungspolitik Travail.Suisse, Direktor
Bildungsinstitut für Arbeitnehmende ARC: Tel. 079/348.71.67