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Schicksalsfrage auch für Merkel/Jochim Stoltenberg über bittere Einsichten nach der Wahl in Griechenland

Berlin (ots)

So schlimm wie vor 180 Jahren wird es diesmal für die Griechen bestimmt nicht. Auch damals war das Land hoffnungslos überschuldet und musste für zwei Rettungskredite in Höhe von 472.000 britischen Pfund sowie 60 Millionen Drachmen (gewährt von den Großmächten England, Frankreich und Russland) akzeptieren, fortan von einem Deutschen regiert zu werden. Der hieß Otto, war der erste König im modernen griechischen Staat (1832 bis 1862) und stammte aus dem bayerischen Königshaus der Wittelsbacher, wovon noch heute die Nationalfarben Weiß-Blau künden. In dieser Schuldenkrise würde es wohl reichen, wenn die Griechen endlich Einsicht in die Realitäten fänden. Einen ersten zaghaften Schritt dazu haben sie gerade getan, als sie den Parteien eine neue Chance gaben, die das Land in Europa und in der Euro-Zone halten wollen. Die Realitäten sind hart und die Konsequenzen für die Hilfe zur Selbsthilfe für die meisten Griechen bitter. Aber alles Jammern und Weiterreichen der Verantwortung für einen jahrzehntelangen Lebensstil jenseits der realen Verhältnisse an andere nützt nichts mehr: Die Griechen müssen endlich akzeptieren, dass sie ihre Finanz- und Wirtschaftskatastrophe nur überwinden können, wenn sie sich vom bequemen Schlendrian verabschieden. Das fängt bei den politischen Parteien an und hört keineswegs bei den Reichen des Landes mit deren selbst gewählten asozialen Steuersparmodellen auf. Das erste Indiz dafür, ob die Politiker den Ernst der Lage endlich begriffen haben, wird sich daran zeigen, ob Konservative und Sozialdemokraten willens sind, eine überzeugende Koalition zur Rettung Griechenlands, des Euro und im Extremfall gar der EU zu bilden. Dazu gehört die Akzeptanz der Auflagen der Kreditgeber und die Entschlossenheit, von Reformen nicht nur zu reden, sondern sie auch umzusetzen. Und das Volk muss begreifen, dass es weitere finanzielle Hilfe nur erwarten darf, wenn es einen solchen Neuanfang erträgt. Zur Anerkennung der Realität gehört aber auch, dass Griechenland nur wieder auf die Beine kommt, wenn die Wirtschaft belebt und Arbeitsplätze geschaffen werden. Darauf müssen die Partner Griechenlands, allen voran die EU in Brüssel, vorbereitet sein, sobald die künftige Athener Regierung nach ersten umgesetzten Reformen den Boden bereitet hat. Dazu ist ja längst auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bereit. Ihr bisheriges Zögern ist allein der realen Sorge geschuldet, dass Wirtschaftshilfen der EU weiter in hellenischer Erde versickern und der deutsche Steuerzahler überfordert wird, weil er in ein Fass ohne Boden einzahlt. Denn Griechenland ist nicht allein für Europa, sondern auch für Angela Merkel längst zur Schicksalsfrage geworden. Scheitern die Rettungsversuche innerhalb der nächsten Monate desaströs, ist es auch vorbei mit Merkels gutem Ruf als Krisenmanagerin zumindest auf der europäischen Bühne. Damit wäre auch ihr letzter Trumpf bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr dahin. Dass sie dann als eiserne Sparlady als zweite Deutsche die Macht in Athen übernimmt, haben die Griechen allerdings nicht zu befürchten.

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