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Die große Ahnungslosigkeit; Manuel Bewarder über die Piratenpartei und ihr Programm für den Bundestagswahlkampf

Berlin (ots)

Wer bin ich - und wenn ja wie viele? Auf die eigene Partei bezogen, kann wohl kein Pirat diese Frage beantworten. Die einstiegen Überflieger wissen nämlich nicht, wer sie sind. Können sie auch gar nicht. Denn sie wissen nicht, was sie tun. So fällt das Zeugnis nach dem Bundesparteitag aus. Ein großer Teil des Wahlprogramms war im Handumdrehen beschlossen. Eigentlich ein Erfolg. Doch erst anschließend merkten viele Piraten, was sie da eigentlich durchgewinkt hatten. Prompt ereiferte man sich über die zuvor getroffene Entscheidung. Peinlich. Ähnlich verhält es sich bei der neuen politischen Geschäftsführerin Katharina Nocun. Sie folgt auf Johannes Ponader. Der glücklose, weil streitlustige Pirat wurde am Ende von den eigenen Mitgliedern aus dem Amt gejagt. Nocun ist nun die neue Piraten-Hoffnung. Mit der Wahl Nocuns, die manche an die überaus erfolgreiche Marina Weisband erinnert, gehen die Piraten aufs Ganze. Denn eigentlich wollte man, dass nach der monatelangen Selbstzerfleischung im Bundesvorstand Ruhe einkehrt. Aus dem Ponader-Desaster wollte man gelernt haben: Nicht noch einmal sollte der Fehler passieren, jemanden ins Amt zu heben, der keine Erfahrung mit Vorstandsarbeit hat. Doch Nocun hat diese Erfahrung nicht. Demnach war sie die falsche Kandidatin - und nun wäre sie die falsche Geschäftsführerin. Zur Farce geriet schließlich die Entscheidung darüber, ob die Piraten künftig auch zwischen Parteitagen online Beschlüsse treffen wollen. Die Debatte zog sich über drei Tage des Parteitages hin. Immer wieder wurde versucht, eine Entscheidung zu treffen. Bis dann doch wieder vertagt wurde. Und als das Thema am Sonntag schließlich zur Abstimmung kam und sich keine nötige Mehrheit für eine Aufnahme in die Satzung fand - da merkten die Piraten erst im Nachhinein, dass sie dieses Mal ein anderes Abstimmungsverfahren als sonst genutzt hatten. Schon wieder hatten sie ihre Ahnungslosigkeit offengelegt.

Eigentlich sollte der Parteitag zum Befreiungsschlag werden. Und Inhaltslosigkeit kann man den Piraten mittlerweile auch gar nicht mehr vorwerfen. Doch ihre politischen Rivalen werden sie so nicht vor sich hertreiben können. Der Piraten-Politikstil ist auf keinen Fall besser als jener der etablierten Parteien. Und mittlerweile darf man im Fall der Piraten aufgrund ihrer Beschlüsse durchaus von einer Linkspartei ohne Internetanschluss sprechen. Denn das Versprechen, die Partei der digitalen Mitbestimmung zu sein, überzeugt noch nicht einmal genug Piraten, um es in die Satzung zu schreiben. Wenn die Piraten aber nicht online zu jeder Zeit Beschlüsse fassen wollen, dann ist ihr basisdemokratische Experiment gescheitert. Denn im Grunde haben die 1100 Mitglieder in Bayern beschlossen, dass die anderen fast 30.000 Piraten nicht gehört werden sollen. Eine neue Umfrage sieht die Piratenpartei nun bei vier Prozent. Damit scheint der Einzug in den Bundestag sogar wieder möglich. Nur: Was sollen die Piraten dort?

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