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Lachende Autokraten - Kommentar

Berlin (ots)

Der G-20-Gipfel in St. Petersburg ist so ausgegangen, wie zu erwarten war. Russlands Präsident Wladimir Putin leugnet weiter mit großer Kaltschnäuzigkeit - und gegen jede Evidenz -, dass Syriens Präsident Baschar al-Assad Giftgas eingesetzt hat. Barack Obama hat die internationale Bühne nicht wirklich nutzen können, um die Rebellen im US-Kongress davon zu überzeugen, dass hier nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern auch die der USA als globaler Akteur auf dem Spiel steht. Und die Bundesregierung bewegt sich weiter in ihrer ganz eigenen diplomatischen Parallelwelt und tut so, als gäbe es noch immer Hoffnung auf Verhandlungen und eine Bewegung im UN-Sicherheitsrat.

In Berlin scheint man inzwischen nicht mal mehr so etwas wie einen Phantomschmerz zu empfinden, wenn Worte und Taten in der Außenpolitik keinerlei kausale Verbindung mehr zu haben scheinen. Klar, das Regime in Damaskus soll für den Chemiewaffeneinsatz bestraft werden, heißt es. Aber - natürlich - Deutschland würde niemals bei so etwas mitmachen. Die Drecksarbeit sollen, wie üblich, andere übernehmen die sich dann bei der erstbesten Gelegenheit wieder moralingeschwängerte Vorhaltungen aus Deutschland machen lassen müssen. Denn wer handelt, macht dabei zuweilen eben auch mal Fehler. Eine Gefahr, in die sich die Deutschen jenseits Europas am liebsten gar nicht mehr begeben wollen. "Deutschland ist das Gespenst der internationalen Beziehungen", hat "New York Times"-Kolumnist Roger Cohen gerade geschrieben. Zu Recht.

Nach dem Fall der Mauer war die Hoffnung im Westen weit verbreitet, die Vereinten Nationen könnten zu einer Art Weltregierung werden oder mindestens zu einer Organisation, die globale Normen durchsetzt und zu ihrem Recht verhilft. Selten hat sich das so deutlich als Schimäre erwiesen wie derzeit. Es zeigt sich, dass die USA immer noch unverzichtbar sind zur Bereitstellung der Machtressourcen, die nötig sind, um internationale Normen durchzusetzen. Und wenn deren Wille erlahmt, dann kann jeder dahergelaufene Diktator ungestraft mit viel Mühe aufgerichtete Tabus der Weltpolitik einreißen. Viele haben wie einst Gerhard Schröder und Jacques Chirac von der multipolaren Weltordnung geträumt. Im Fall Syriens haben wir in den vergangenen zwei Jahren erlebt, wie die aussehen könnte.

Der Westen und seine Führungsmacht sind offenbar müde und haben nur noch wenig Ehrgeiz, Weltgeschichte zu prägen und Ordnungspolitik zu betreiben. Dazu kam zum Schluss dann auch noch dilettantisches Politikmanagement. Das Ergebnis dieser glorreichen Wochen des Westens lässt sich knapp so zusammenfassen: Cameron ist raus, Obama wankt, und Merkel schwebt auf Wahlkampfwolke sieben. "Last man standing" im Westen ist der zuvor so viel geschmähte französische Präsident François Hollande. Und die Autokratenallianz von Putin über Assad, Irans Chamenei bis zu Chinas Xi Jinping klopft sich lachend auf die Schenkel bei so viel westlichem Talent zur Selbstbeschädigung.

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