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Kein gebauter Einheitsbrei Isabell Jürgens über die Debatte zum Internationalen Congress Centrum

Berlin (ots)

Die Berliner sind bereits daran gewöhnt, dass öffentliche Bauvorhaben viel teurer werden als ursprünglich veranschlagt. Als skeptische Großstädter, die sie nun einmal sind, haben sie längst durchschaut, dass die Baukosten in der Anfangsphase kleingerechnet werden, um sie politisch durchsetzen zu können. Das gilt für den Großflughafen in Schönefeld genauso wie für die BND-Zentrale in Mitte. Die Sanierung des Internationalen Congress Centrums (ICC) lehrt uns nun eine ganz neue Variante dieses altbekannten Spiels. Seit 2001 wird über die Kosten der Sanierung dieses futuristischen Veranstaltungsraumschiffes gestritten, der Senat beauftragte immer wieder neue Gutachten. Und die bescheinigten immer höhere Kosten. Die ersten Schätzungen lagen noch bei 50 Millionen Euro, schließlich war von 400 Millionen Euro die Rede. Der Verdacht, dass die Kosten künstlich hochgerechnet werden, um sich der ungeliebten Immobilie durch Abriss zu entledigen, drängt sich auf. Und erhält jetzt neue Nahrung durch ein Gutachten, wonach das ICC für relativ kleines Geld zu sanieren ist. Doch wird es nun einen Aufschrei in der Stadtgesellschaft geben, zur Rettung des ICC? Werden Bürgerinitiativen, werden Architekten und Historiker endlich engagiert dafür kämpfen, dieses einzigartige Bauwerk zu erhalten? Wohl kaum. Das ICC, eines der markantesten Gebäude West-Berlins, hat zwar international einen ausgezeichneten Ruf. Doch uns scheint es inzwischen peinlich zu sein. Etwa weil der Kongress-Dampfer nicht mehr aussieht, wie der Einheitsarchitekturbrei der letzten zwanzig Jahre und deshalb genau so ein Fall für die Abrissbirne ist, wie das Schimmelpfeng-Haus am Breitscheidplatz? Wir sollten uns der Narben, die der Zweite Weltkrieg und die anschließende Teilung in der Stadt hinterlassen haben, nicht schämen. Berlin darf seine uneinheitlichen Stadtszenarien nicht leichtfertig vernichten. Gerade das Nebeneinander völlig unterschiedlicher Baustile und Epochen macht unsere Stadt so unverwechselbar. Natürlich wandelt sich der Zeitgeschmack. Manches erscheint uns heute überflüssig bis hässlich - und erweist sich mit dem Abstand einiger Jahrzehnte als erstaunlich liebenswert. Wie die Berliner Gründerzeitquartiere. Diese hatte man noch bis vor wenigen Jahrzehnten "abgeräumt" - oder ihnen zumindest den Stuck abgeschlagen, weil der opulente Zierrat unmodern und überladen wirkte. Solche Fehler sollten wir beim ICC nicht wiederholen.

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