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Obama scheint begriffen zu haben/ Ein Leitartikel von Jochim Stoltenberg

Berlin (ots)

Endlich scheint der amerikanische Präsident begriffen zu haben, zu welchem Vertrauenseinbruch das maßlose Spionieren seiner Geheimdienste geführt hat. Er werde das Datensammeln im In- wie im Ausland begrenzen, verbündete Staats- und Regierungschef sollen künftig ungestört telefonieren können. Aber alles unter dem Vorbehalt, dass die nationale Sicherheit Amerikas nichts anderes verlange. Da bleiben viele Fragen. Wie weit die Einsicht des einst als Heilsbringer gefeierten Barack Obama wirklich geht und um wie viel kürzer die Leine sein wird, an die er die NSA legen will, wird erst die Praxis zeigen. Die Rede am Freitag war deshalb nicht mehr als ein Hoffnungsschimmer.

Freundschaft basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Eine Stufe tiefer setzt Partnerschaft in der Politik zumindest Respekt voreinander voraus. Auf diesem insgesamt positiven Fundament haben sich in den vergangenen Jahrzehnten die Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika entwickelt, im größeren und nicht minder wichtigen Rahmen auch die innerhalb der westlichen Wertegemeinschaft. Es droht ein historischer Bruch, wenn Amerika nicht endlich aufhört, das gemeinsame Fundament zu zerstören, wenn die Supermacht weiter unterschiedslos Freund wie Feind ausspioniert.

So verständlich die Sorge vor einem zweiten 11. September, so nachvollziehbar möglichst umfassende Vorfeldinformationen zur Abwehr terroristischer Anschläge - in einer Demokratie, also in einer freien Gesellschaft und unter Freunden/Partnern muss es Grenzen geben. Es ist nicht zu akzeptieren, dass als Freunde eingestufte Regierungschefs wie die deutsche Kanzlerin oder deren Kabinettsmitglieder abgehört werden. Im Grundsatz auch nicht hinnehmbar der Bruch deutschen Rechts, indem deutsche Bürger oder Unternehmen von deutschem Boden aus abgehört oder ausspioniert werden. Keine Freundschaft, keine Partnerschaft hält es lange aus, wenn eine Seite das eigentlich Selbstverständliche als für sich nicht bindend missachtet. Obama muss seinen Ankündigungen jetzt überzeugende Taten folgen lassen.

Es wäre ja wohl ein höchst makaberer Witz der Weltgeschichte, wenn die islamistische Terroristen-Szene schaffen sollte, was im Kalten Krieg nicht einmal der Supermacht Sowjetunion gelungen ist: die Spaltung und damit existenzielle Gefährdung des Westens und damit der freiheitlichen Welt.

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