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Auf den DGB-Chef wartet viel Arbeit/ Ein Leitartikel von Jochim Stoltenberg

Berlin (ots)

Wie es sich gehört, ist Reiner Hoffmann am Montag mit überwältigender Mehrheit zum neuen Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gewählt worden. Das sagt allerdings noch wenig darüber aus, mit welcher Machtfülle und welchem Respekt er die Interessen der gut sechs Millionen Mitglieder wird wahrnehmen können. Denn die eigentliche Macht im DGB liegt nicht beim Vorsitzenden des Dachverbandes, sondern bei den Chefs der Einzelgewerkschaften. Sie führen die Tarifverhandlungen, entscheiden über Arbeitskämpfe, können damit Druck auf die Politik ausüben. Der DGB-Chef - ohne eigene Hausmacht - ist für das große Ganze verantwortlich, er ist Gesprächspartner für die Regierung.

Von seinem Vorgänger Michael Sommer übernimmt Hoffmann ein befriedigend bestelltes Feld, da sich SPD und DGB nach dem Zerwürfnis über Schröders Agenda-Politik weitgehend versöhnt haben. Der Preis dafür seitens der SPD ist die Durchsetzung von Mindestlohn und Rente mit 63. Entgegen allen Erfolgsreden sind diese vornehmlich sozialpolitischen Entscheidungen im Gewerkschaftslager nicht unstrittig. Denn mittlerweile erkennen vor allem die starken Industriegewerkschaften - Metall und Chemie -, dass ihre Mitglieder immer stärker den Ausbau des Sozialstaats mitfinanzieren müssen. Über die sogenannte kalte Progression, die längst auch die gut verdienenden Facharbeiter trifft. Es ist deshalb kein Zufall, dass der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie nun für Steuersenkungen zugunsten der Mittelschicht und damit seiner Arbeitnehmerklientel plädiert. Da zeichnet sich ein interner Konflikt mit Ver.di-Chef Frank Bsirske ab. Der hält es mehr mit den unteren Lohngruppen.

Ein weiteres internes Problem liegt in der zunehmenden Zersplitterung der Gewerkschaftsbewegung. Immer mehr Spartengewerkschaften wie die der Lokführer oder der Piloten fördern Partikularinteressen, erschweren eine abgestimmte Tarifpolitik und gefährden den innerbetrieblichen Frieden. Die große Koalition, mitgetragen von DGB und Arbeitgebern, will das per Gesetz ändern und die betriebliche Tarifeinheit festschreiben. Das allerdings stößt nicht nur auf Bedenken bei Juristen, sondern auch in Einzelgewerkschaften wie Ver.di.

Die nächsten Monate werden zeigen, wie viel das Ergebnis für Reiner Hoffmann wirklich wert ist. Eins jedenfalls ist klar: Mit einem schwachen DGB-Chef ist niemandem gedient.

Der Leitartikel im Internet: www.morgenpost.de/127929849

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