Kommentar zu Deutscher Buchpreis
Osnabrück (ots)
Formal und inhaltlich kühne Kandidaten
Klare, gut begründete Abwägungen sind bei den Juroren gefragt. Was ist ihnen wichtiger: die kunstvolle Verdichtung von geschichtlich-sozialer Wirklichkeit oder der nicht minder kunstvolle Zoom auf intimste Seelenregungen? Beide Erzählperspektiven sind unter den sechs Kandidaten der Shortlist vertreten. Um dafür exemplarisch zwei Pole zu benennen: Eugen Ruge hat für seinen geschichtshaltigen Ost-West-Erstling "In Zeiten des abnehmenden Lichts" gerade den aspekte-Literaturpreis erhalten. Marlene Streeruwitz begibt sich mit "Die Schmerzmacherin" so tief in das Innere einer jungen, fast zerstörten Frau, dass auch deren soziale Umwelt als verschwommen und fragmentiert erscheint. Mit auffallendem Mut und formaler Kühnheit stellen sich derzeit Autoren Figuren, denen die Vermittlung zwischen Ich und Welt kaum gelingt. Dieses vermeintlich "Kranke" in der Literatur spiegelt oft knallharte Realitäten, gerade in unseren Zeiten. Darin liegen großes Verdienst und Trost, ganz gleich, wie die Jury sich entscheidet.
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