Kommentar zu Friedensnobelpreis
Osnabrück (ots)
Zweischneidige Wahl
Hand aufs Herz: Die Namen der drei jetzt mit dem Friedensnobelpreis geehrten Frauen dürften nur die wenigsten zuvor gehört, geschweige denn behalten haben. Das spricht nicht gegen die Entscheidung des Komitees. Wer genauer hinschaut, erkennt, was sich der Kreis in Oslo dabei gedacht hat und dass er gute Gründe hatte.
Die Unbekanntheit der Preisträgerinnen stellt eher die westlich zentrierte Welt und deren Sicht auf den Friedensnobelpreis bloß. So war, wie seit Langem jedes Jahr, Helmut Kohl als Europapolitiker und Kanzler der Einheit im Favoritenkreis, als Personifizierung des in der Tat immensen Friedenswerks mit Namen EU. Auch diesmal ging er wie andere, nicht minder prominente Anwärter leer aus, zur Enttäuschung seiner freilich schon einmal umfangreicheren Anhängerschaft.
Im Gegenzug erhielt eine streng muslimische Politikerin im Jemen die Ehrung, obwohl ihr wichtiges Wirken dem Westen weitgehend ebenso verborgen blieb wie die Tatsache, dass mit der liberianischen Preisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf erstmals überhaupt ein weibliches Staatsoberhaupt in Afrika gewählt wurde. Gleichwohl muss das Nobelkomitee aufpassen, den ehrwürdigen Preis nicht durch überbordendes politisches Sendungsbewusstsein nach und nach zu entwerten und es zum Selbstzweck werden zu lassen, mit überraschenden Entscheidungen allen Erwartungen ein Schnippchen zu schlagen.
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