MEM-Industrie: Tiefpunkt möglicherweise erreicht/ Swissmem fordert eine rasche Ratifizierung des Kroatien-Protokolls
Un document
Zürich (ots)
Nach einem wirtschaftlich schwarzen Jahr 2015 deutet ein leichter Anstieg des Auftragseinganges im ersten Quartal 2016 (+0,9%) darauf hin, dass die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) den Tiefpunkt möglicherweise erreicht hat. Allerdings zeigt der gleichzeitige Umsatzrückgang um 8,8 Prozent deutlich, dass die Lage in der MEM-Branche nach wie vor angespannt ist. Die Unternehmen stehen noch immer unter grossem Margendruck. Auch bei der Beschäftigung werden die Folgen der Überbewertung des Schweizer Frankens immer deutlicher sichtbar. Seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses gingen in der MEM-Branche rund 10'800 Stellen verloren. Für die langfristig positive Entwicklung des Werk- und Denkplatzes Schweiz ist eine rasche Ratifizierung des Kroatien-Protokolls von sehr grosser Bedeutung. Nur so kann die Vollassoziierung an das EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020» zurück gewonnen werden.
Nach fünf Quartalen mit rückläufigen Bestellungseingängen nahmen die Aufträge in der MEM-Industrie erstmals wieder leicht zu. Sie wuchsen im ersten Quartal 2016 im Vergleich zur Vorjahresperiode um 0,9 Prozent. Diese Zunahme gründet auf einer Belebung der Auslandsnachfrage. Aufgrund des schwachen Auftragseinganges im letzten Jahr gingen hingegen die Umsätze in der MEM-Branche erwartungsgemäss weiter zurück. Im Vergleich zum Vorjahresquartal reduzierten sie sich im ersten Quartal 2016 um 8,8 Prozent. Damit sank der Indexstand bei den Umsätzen auf den tiefsten Wert der letzten zehn Jahre ab. Die Kapazitätsauslastung in der MEM-Branche reduzierte sich auf 86,5 Prozent, blieb aber über dem langjährigen Durchschnitt von 86,3 Prozent. Bei der jüngsten Erhebung durch das KOF im April 2016 erhöhte sie sich wieder leicht auf 87,1 Prozent.
Zunahme der Exporte in die EU
Der Rückgang bei den Exporten hat sich im Vergleich zum letzten Jahr verlangsamt. Gemäss den Zahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung sanken sie im ersten Quartal 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum noch um -1,7 Prozent (Exportrückgang 2015 insgesamt: -4,6%) und erreichten einen Warenwert von CHF 15,6 Milliarden. In den einzelnen Produktbereichen entwickelten sich die Ausfuhren unterschiedlich. Im Maschinenbau reduzierten sie sich um -1,7 Prozent, bei den Metallen um -1,2 Prozent und in der Elektrotechnik/Elektronik um -2,9 Prozent. Hingegen stiegen sie bei den Präzisionsinstrumenten um 0,9 Prozent. Geografisch betrachtet wächst der Absatzmarkt in den USA weiterhin am dynamischsten (+2,7%). Es fällt auf, dass die Exporte in die EU wieder leicht angestiegen sind (+1,0%). Die moderate Erholung der europäischen Konjunktur sowie die Abschwächung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro dürften die Gründe dafür sein. Hingegen sanken die Güterexporte nach Asien markant (-7,4%).
Trendwende im zweiten Halbjahr?
Die Geschäftszahlen der MEM-Industrie zeigen, dass die Folgen der Überbewertung des Schweizer Frankens noch nicht ausgestanden sind. Die Unternehmen stehen nach wie vor unter grossem Margendruck. Auch bei der Beschäftigung werden die Konsequenzen der Überbewertung des Schweizer Frankens immer deutlicher sichtbar. Im ersten Quartal 2016 arbeiteten 319'400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Schweizer MEM-Betrieben. Seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses gingen gemäss den Zahlen des BfS 10'800 Stellen verloren.
Immerhin nährt die positive Entwicklung beim Auftragseingang die Hoffnung, dass der Tiefpunkt erreicht ist. Voraussetzungen dafür sind, dass der Schweizer Franken nicht wieder erstarkt und die Nachfrage in den wichtigsten Absatzmärkten - insbesondere in Europa - positiv verläuft. Die Erwartungen der Unternehmer und Unternehmerinnen der MEM-Industrie sind weiterhin verhalten und die Unsicherheiten (u.a. Konsequenzen eines BREXIT, Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative) erheblich. In der jüngsten Umfrage rechnen 36 Prozent der Firmen in den kommenden zwölf Monaten mit einem höheren Auftragseingang aus dem Ausland. Hingegen befürchten nur gerade 17 Prozent eine Verschlechterung bei den Bestellungen. Die Hoffnungen ruhen vor allem auf Wachstumsimpulsen aus Nordamerika, Indien und Teilen der EU.
Rasche Ratifizierung des Kroatien-Protokolls notwendig
Leider schafft es die Politik noch immer nicht, den Verschlechterungstrend bei den Rahmenbedingungen aufzuhalten. Wohl hat die Aussenpolitische Kommission des Ständerates (APK-S) am 25. Mai 2016 grünes Licht für die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien gegeben. Sie hat die Ratifikation des Kroatien-Protokolls jedoch mit der Bedingung verknüpft, dass zuerst eine Einigung mit der EU bezüglich der Steuerung der Zuwanderung erzielt werden muss. Aus Sicht von Swissmem erscheint es unwahrscheinlich, dass eine solche Einigung in den nächsten Wochen und Monaten erreicht und die Masseneinwanderungs-Initiative bis zum 9. Februar 2017 rechtsgültig umgesetzt werden kann. Ratifiziert die Schweiz das Kroatien-Protokoll bis zum 9. Februar 2017 jedoch nicht, verliert die Schweiz sogar die seit Frühjahr 2014 geltende Teilassoziierung an das EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020» und würde im Bereich der Forschungszusammenarbeit zum Drittstaat. Die Folgen für den Forschungsplatz Schweiz und die Schweizer Industrie, deren Erfolg wesentlich von der Innovation abhängt, wären fatal. Swissmem fordert deshalb, dass der Ständerat in der Sommersession der Empfehlung der APK-S nicht folgt und der Ratifizierung des Kroatien-Protokolls ohne Bedingungen zustimmt. Damit würde auch sichergestellt, dass ein allfälliges Referendum gegen diese Ratifizierung noch rechtzeitig dem Volk unterbreitet werden könnte.
Kontakt:
Ivo Zimmermann, Leiter Kommunikation
Tel. +41 44 384 48 50 / Mobile +41 79 580 04 84
E-Mail i.zimmermann@swissmem.ch
Philippe Cordonier, Responsable Suisse romande
Tel. +41 21 613 35 85 / Mobile +41 79 644 46 77
E-Mail p.cordonier@swissmem.ch