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Wallisär Gschichtä - "Manchmal trage ich meine Tracht auch zum Ausgehen, einfach weil ich Lust dazu habe."

Wallisär Gschichtä - "Manchmal trage ich meine Tracht auch zum Ausgehen, einfach weil ich Lust dazu habe."
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Sion (ots)

"Yo ché néchouc, è ché tozò ightà ènn'Oleïnna. Lu mèyu famiyu l'èss amouróouja dèi tradichyòn d'ènn tchyè no. Ché fyéru dè lè vîvre è d'afrovà dè lè partajyè aoué lè zovën." In ihrer Muttersprache Patois erzählt die 27-jährige Politikwissenschaftlerin und Kommunikatorin Edith Vuignier von ihrer Verbundenheit mit ihrer Heimat Evolène im Val d'Hérens. In diesem ursprünglichen Tal im französischsprachigen Teil des Wallis werden Traditionen hochgehalten - auch von der jungen Bevölkerung.

"Als ich noch klein war, sprachen wir in der Familie immer Patois. Dann kam ich in die Schule und das Französisch nahm überhand. Nach der Geburt meines kleinen Bruders hat die ganze Familie wieder angefangen, Patois zu sprechen. Es kam schliesslich nicht infrage, dass er das nicht verstehen würde. Mein Freund kommt aus einer Familie, die sich immer auf Patois unterhalten hat. Von Beginn an war es für uns beide daher sehr natürlich, miteinander Dialekt zu sprechen - oder auch SMS zu schreiben." Edith erzählt voller Stolz von ihrer besonderen Sprache, die heute nur noch von einer kleinen Minderheit im Wallis als Muttersprache gesprochen wird und selbst für Französischsprachige kaum zu verstehen ist. Während in der Deutschschweiz zahlreiche Dialekte gesprochen werden, gehört das Patois von Edith und ihren Freunden zu den wenigen erhaltenen Dialekten in der Westschweiz. Wer abends in Evolène in eine Dorfbeiz geht, stellt aber schnell fest, dass hier das Patois noch sehr lebendig ist. Für Edith ist denn auch klar: "Wenn ich eines Tages Kinder haben sollte, werde ich mit ihnen Patois sprechen." Der Dialekt von Evolène hat seinen Ursprung in der frankoprovenzalischen Sprache. Einige Wörter kommen der französischen Sprache sehr nahe, andere klingen eher Italienisch oder Deutsch.

Ediths Herz hängt aber nicht nur an der Sprache, sondern auch sehr an der Folklore ihrer Region und besonders an der Tracht, die sie auch während des Interviews stolz trägt. "Ich habe diese Tracht von meinen Eltern zum 18. Geburtstag bekommen. Ich trage sie sehr oft, wenn ich an Veranstaltungen im Dorf gehe, zum Beispiel an die Sommermärkte. Manchmal auch ohne besonderen Grund, einfach zum Ausgehen. Ich fühle mich in der Tracht wohl. Klar, habe ich sie auch zu meiner Diplomfeier an der Universität Freiburg angezogen." Anders als in anderen Gegenden ist das Tragen der Tracht - und die Verkörperung von Traditionen im Allgemeinen - für die Jungendlichen in Evolène nichts Altmodisches. Durch seine geografische Lage in einem Seitental von Sion hat das Dorf seine Authentizität bewahren können. Natürlich ist Edith auch Mitglied in der ortsansässigen Folkloregruppe - Durchschnittsalter 25 Jahre. Edith glaubt, dass die traditionelle Kleidung bei der jungen Generation auch deshalb sehr beliebt ist, weil sie nicht starr ist. Sie hat sich mit der Zeit verändert: Der Rock ist kürzer und die Farben sind lebendiger geworden. Die Frauen tragen heute Nylon- statt Wollstrümpfe dazu. "Früher wäre zum Beispiel die Art, wie wir das Halstuch heute tragen, sicher sehr gewagt gewesen", schmunzelt Edith.

Die berühmteste Tradition von Evolène, deren Beliebtheit heute grösser ist denn je, ist die Fasnacht. Sie dauert über einen Monat (vom 6. Januar bis zum Fasnachtsdienstag). Auch hier ist Edith mit Leidenschaft dabei - als Maskenmalerin. Obwohl für die angsteinflössenden Masken auch Figuren aus modernen Filmen wie Batman oder Herr der Ringe gewählt werden dürfen, stellt Edith fest: "Die traditionellen Masken sind beliebter denn je, zum Beispiel der Luchs oder die berühmte Katze von Evolène." Für Mädchen sei es bis heute nicht so einfach, aktiv bei der Fasnacht mitzumachen, erklärt Edith. Die Kostüme der sogenannten "Peluches" (Tiergestalten) und "Empaillés" (mit Stroh ausgestopfte Figuren), für die Evolène über die Landesgrenzen hinaus berühmt ist, wiegen bis zu 40 kg und sind wilde, männliche Charaktere. "Als Kind bekam ich immer Angst, wenn die Glocken die Ankunft der Gestalten im Dorf ankündigten. Heute leihen mir meine Freunde während der Fasnacht für einen Abend ihr Kostüm aus. Ich liebe es, in die Haut der Figur zu schlüpfen, und es macht mich stolz, wenn mich niemand erkannt hat."

Edith hat sich zum Ziel gesetzt, die Bräuche ihrer Heimat über die modernen Kommunikationsmittel für junge Menschen zugänglicher zu machen (#encostume und Video-Tutorials demnächst auf der Facebook-Seite "Encostume"). Sie ist überzeugt: "Der Schlüssel zum Erhalt der Traditionen liegt darin, sie der heutigen Zeit anzupassen und dabei ihre Grundwerte zu bewahren. Wenn wir versuchen, zu sehr an ihrer alten Form festzuhalten, landen sie irgendwann im Museum."

Sie möchten mehr wissen? Wir senden Ihnen gern weitere Informationen oder organisieren für Sie ein Interview mit Edith Vuignier.

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