Überleben in der Welt der Extreme: neue Sonderausstellung «Gipfelstürmer und Schlafmützen – Tiere und Pflanzen im Gebirge»
Un document
Überleben in der Welt der Extreme:
Sonderausstellung «Gipfelstürmer und Schlafmützen»
Mit Beginn der Herbstzeit zieht es die Menschen wieder vermehrt in die Gebirgswelt. Gut ausgerüstet mit Hightech-Kleidung und passendem Schuhwerk wird in diesen Höhenlagen den extremen Bedingungen getrotzt. Für ganzjährig dort lebende Tiere und Pflanzen gehören diese Extreme aber zum Alltag. Die neue Sonderausstellung «Gipfelstürmer und Schlafmützen – Tiere und Pflanzen im Gebirge», eine Produktion des Bündner Naturmuseums, stellt vom 7. Oktober 2023 bis zum 25. Februar 2024 die faszinierenden Überlebenstricks von Gebirgstieren und -pflanzen vor.
Auch wenn diese Höhenstufen oberhalb der Baumgrenze oft als lebensfeindlich bezeichnet werden, finden sich hier verblüffend viele Lebewesen mit ganz besonderen Anpassungen. Ein Ausflug ins Gebirge gleicht einer Wanderung zum Polarkreis: mit der Höhe ändert sich auch das Klima. Dies geschieht allerdings wesentlich kleinräumiger in der Vertikalen wie in der Horizontalen. 100 Höhenmeter Unterschied entsprechen etwa 150 Kilometern Weg in der Horizontalen. In der Höhe sinken nicht nur die Temperaturen pro 100 Höhenmeter um rund 0.5 Grad Celsius, auch die Niederschlagsmenge und der Wind verändern sich, die Sonneneinstrahlung wird stärker und die Luft wird trockener. Hinzu kommen die jahreszeitlich bedingten Unterschiede. Um diese Extreme auszuhalten, wählen Gebirgsbewohner verschiedene Strategien. Manche entscheiden sich für einen Rückzug unter den Boden wie die «Schlafmütze» Murmeltier. Andere trotzen der Kälte mit körpereigenem Frostschutzmittel wie der Gletscherfloh. Aber auch Pflanzen wenden besondere Tricks an. Der Gipfelstürmer unter ihnen ist der Gegenblättrige Steinbrech mit dem höchstgelegenen Wuchsort einer europäischen Blütenpflanze auf 4505 M. über M. Sein dichtes Wachstum in Polsterform schützt ihn vor Kälte bis minus 40 Grad Celsius und eine Kalkschicht auf den Blättern wirkt Verdunstung und UV-Strahlung entgegen.
Gipfelsturm mit besonderem Bergpanorama
In der neuen Sonderausstellung «Gipfelstürmer und Schlafmützen – Tiere und Pflanzen im Gebirge» lassen sich die Veränderungen in den unterschiedlichen Höhenstufen als Besucherin oder Besucher gleich selbst erleben. Szenografisch als Wanderung umgesetzt, steigen sie von der Alp Tavaun auf 1800 M. ü. M. weiter zum Hotel Alpendohle auf 2200 M. ü. M. hinauf. Von dort führt die Route zum Mungge-Joch auf 2600 M. ü. M. und weiter hinauf zum Gipfelkreuz des Piz Crusch auf 3000 M. ü. M. Dort lässt sich ein besonderes Bergpanorama geniessen: der Ostschweizer Fotograf Roland Gerth hat exklusiv für die Ausstellungsstation in St.Gallen eine Bildserie im Alpstein erstellt. Während eines Jahres besuchte er monatlich den Gipfel des Hohen Kastens und fotografierte denselben Bildausschnitt in Richtung Fälensee zu allen Jahreszeiten. Die 12 daraus entstandenen Fotos werden in der Sonderausstellung präsentiert. Erstmals können diese Bilder aus der Sonderausstellung auch ins eigene Wohnzimmer geholt werden. Mit der neu umgesetzten Online-Versteigerung erhalten sie ein zweites Leben ausserhalb des Museums. Preisangebote können bis zum 16. Februar 2024 online auf der Website des Naturmuseums St.Gallen eingereicht werden: www.naturmuseumsg.ch/zweitesleben
Forschung über der Baumgrenze
Unterwegs erklimmen die Gipfelstürmer aber nicht nur physisch spürbar Höhenstufen, sondern entdecken auf ihrer Bergtour Präparate und Modelle von rund 30 Gebirgstieren und -pflanzen. Wer selbst Teil der Ausstellung werden möchte, postet eigene Fotos von wilden Gebirgsbewohnern auf Instagram mit #gebirgstiere_nmsg. Diese werden in der Ausstellung auf einem Monitor präsentiert. Das bis zum 31. Dezember 2023 meistgelikte Foto gewinnt eine Gipfelstürmer-Führung für 10 Personen. Zusätzlich wird in der Sonderausstellung auf die Forschung des Naturmuseums St.Gallen in diesen Höhenlagen eingegangen. Lorenzo Vinciguerra, Kurator für Wirbeltiere im Naturmuseum, hat im Rahmen einer Bestandesaufnahme von Kleinsäugern, Insekten und Spinnentieren im Pizol-Gebiet eine neue Fotofalle entwickelt – die MiniMammalCamBox. Insgesamt vier dieser Fotofallen wurden von 2020 bis 2022 ganzjährig oberhalb der Baumgrenze platziert. Mitfinanziert wurde das Projekt vom Amt für Natur, Jagd und Fischerei (ANJF) des Kantons St.Gallen. Eine dieser Fotofallen ist in der inszenierten Geröllhalde aus Recycling-Karton in der Sonderausstellung versteckt. Der als «Ecocell» bekannte Ökobaustoff kam 2018 für den Vitrinenbau der Ausstellung «Fossilien im Alpstein» zum Einsatz und wird nun in zerlegter Form für die Geröllhalde der neuen Ausstellung weiterverwendet.
Für Berggänger:innen jeden Alters geeignet
Im vielseitigen Rahmenprogramm zur Sonderausstellung kommen Biologen, Bergführerinnen und Fotografen mit ihrer individuellen Sicht auf die Bergwelt zu Wort. Einer von ihnen ist der im Appenzellerland aufgewachsene Levi Fitze, der bereits mehrmals als «Young Photographer of the Year» ausgezeichnet wurde. Noch jüngeren Berggänger:innen wird im Familienprogramm zur Ausstellung der eine oder andere spielerische Gipfelsturm geboten.
Links:
Zur Sonderausstellung: https://naturmuseumsg.ch/aktuell/sonderausstellungen/
Zum Rahmenprogramm: https://naturmuseumsg.ch/wp-content/uploads/2023/02/EK_Gipfelst_230823.pdf
Weitere Informationen:
Medienorientierung mit Museumsdirektor Matthias Meier: Do 5. Oktober 2023, 10 Uhr
Öffentliche Vernissage: Fr 6. Oktober 2023, 19 Uhr
Begrüssung: Dr. Matthias Meier, Direktor Naturmuseum St.Gallen
Einführung zur Ausstellung: Dr. Ueli Rehsteiner. Direktor Bünder Naturmuseum
Gedanken zum Ausstellungstitel: Richi Küttel, Spoken Word Poet
Medienkontakt: kommunikation@naturmuseumsg.ch
Sandra Papachristos, Leitung Kommunikation, T 071 243 40 39
Dr. Matthias Meier, Museumsdirektor, T 071 243 40 30
Facebook / Instagram / Tripadvisor / YouTube
Weiteres Material zum Download Dokument: MM_Gipfelstürmer_29_9_2023.docx