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BLOGPOST: Ohne Empathie keine KI

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Peter Metzinger ist sehr umtriebig. Der ausgebildete Physiker hat sich nicht nur Campaigning auf die Fahnen geschrieben - und das seit mehr als 35 Jahren. Er setzt sich auch als Gemeinderat von Dietikon für politische Themen ein und unterstützt junge Gründer als Jurymitglied des Startup-Inkubators Venture Kick. Wir sprachen mit ihm über aktuelle Herausforderungen beim Campaigning, die Schweizer Startup-Szene und die Zukunft der Schweiz in einer zunehmend digitalen und globalen Welt.

news aktuell: Sie sind bereits seit vielen Jahren Experte für Campaigning - also für strategische Kommunikation und Intervention insbesondere bei politischer Öffentlichkeitsarbeit. Wie würden Sie die grössten Veränderungen der letzten zehn Jahre in diesem Kommunikationsfeld beschreiben?

Metzinger: Ich habe schon 2003 in der Erstauflage meines Buchs " Business Campaigning" geschrieben, dass die Branche sich mehr für echten Dialog öffnen muss und Ziele messbar definiert werden müssen, weil Messbarkeit ein entscheidendes Kriterium wird. Das ist auch so eingetroffen: der Zwang zu Dialog und Transparenz durch Social Media und die Messbarkeit dadurch, dass online alles messbar ist. Was ich damals noch nicht vorausgesehen habe, war der Einfluss von Künstlicher Intelligenz. Zwar hatte ich 2014 in meinem Referat beim Campaigning Summit Switzerland ein Szenario entworfen, in dem Künstliche Intelligenz das gesamte Marketing voll automatisiert, aber dass es so schnell gehen würde, hat mich im September 2016 dann doch sehr überrascht. Heute sage ich voraus, dass Zwischenmenschlichkeit und Empathie genauso wichtig werden wie der intelligente Einsatz von - meist auf Künstlicher Intelligenz basierten - Automationen.

news aktuell: Vor welchen Herausforderungen steht gesamtheitliche Kommunikation, das Generalistentum, in Zeiten von zunehmender Spezialisierung, Disruption und Kollaboration?

Metzinger: Es wird immer schwieriger, den Überblick über die verfügbaren Tools zu behalten. Vor 20 Jahren noch hatte ich eine damals vollständige Liste von Instrumenten, die man als Campaigner wenigstens kennen sollte. Heute kommen fast wöchentlich neue hinzu und den Anspruch, eine vollständige Übersicht zu haben, habe ich schon lange aufgegeben. Was dadurch noch wichtiger geworden ist, ist das lebenslange Lernen, die Neugierde und Bereitschaft ständig Neues zu probieren.

news aktuell: Sie bezeichnen sich als Referent für "The Science of Change". Inwiefern haben sich durch Digitalisierung und Globalisierung die Mechanismen und Gesetzmässigkeiten von Veränderung gewandelt? Oder ist das gar nicht der Fall?

Metzinger: Die Mechanismen und Gesetzmässigkeiten von Veränderung sind immer noch die gleichen wie vor 21 Jahren, als ich mein Modell entwickelte. Was sich geändert hat, ist die Geschwindigkeit des Wandels und die Vernetzung der Faktoren und Akteure. Heutzutage passiert Wandel deshalb nicht nur schneller, sondern vor allem auch umfassender und ganzheitlicher. Wer nicht alle Aspekte, die ich jüngst in vier Dreiecken erfasst habe, berücksichtigt, scheitert schnell an der Komplexität der Herausforderung.

news aktuell: Sie sind Jurymitglied beim Schweizer Startup-Inkubator Venture Kick. Wie unterscheidet sich die Startup-Szene in der Schweiz zu der in Deutschland? Und zu der in den USA?

Metzinger: Ehrlich gesagt kenne ich die Szene in Deutschland zu wenig und die in den USA nur vom Lesen. Was ich jedoch über letztere weiss: man kommt viel schneller an Risikokapital heran, weil man dort eher Risiken eingeht. Und das ist enorm wichtig: In der Schweiz bekommt man fast kein Kapital, wenn man schon einmal einen Konkurs verursacht. In den USA ist es eher umgekehrt - denn dort sagt man, wer noch keinen Konkurs erlebt hat, dem fehlt die Erfahrung.

news aktuell: Wie können Startups Campaigning einsetzen? Welche Werkzeuge sollten sie besonders in der Anfangsphase nutzen?

Metzinger: Campaigning ist eine Denkweise, die sich dadurch auszeichnet, durch ein sehr systematisches und strukturiertes Vorgehen die richtigen Mittel zur Erreichung der Ziele einzusetzen. Das kommt jedem Startup zugute, weil es viel effizienter ist das Richtige zu tun, als das Falsche effizient zu machen. Das klingt sehr abstrakt, aber im Kern geht es genau darum. Wie man den richtigen Ansatz fürs Marketing, für die Kommunikation, für die Produktentwicklung, usw. findet - das ist es, was Campaigning ausmacht und von anderen Methoden unterscheidet. Ganz kurz zusammengefasst könnte man sagen: die richtigen Instrumente richtig gegenüber den richtigen Zielgruppen einsetzen.

news aktuell: Als Gemeinderat von Dietikon engagieren Sie sich auch politisch. Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, dass Ihnen die Schaffung von nachhaltigen Arbeitsplätzen wichtig ist, ebenso wie eine nachhaltige und gleichzeitig wirtschaftsfreundliche Energie- und Verkehrspolitik. Welche konkrete Massnahmen haben Sie für die Umsetzung dieser Ziele geplant oder bereits ergriffen?

Metzinger: Nachhaltig heisst vor allem langfristig funktionierend, unter den Aspekten Ökologie, Wirtschaftlichkeit und Soziales. Da wären also zuallererst mal die Arbeitsplätze in meiner Firma, die seit bald 22 Jahren existiert. In Dietikon habe ich Ideen eingebracht, wie man das Einkaufs- und Industriegebiet Silbern auf den Klimawandel vorbereiten und gleichzeitig damit besser vermarkten kann. Ich suche aktuell Betreiber für einen möglichen Startup-Inkubator, der auf nachhaltige Innovationen spezialisiert wäre und ich unterstütze Startups, die in diesem Bereich Erfindungen entwickelt haben. Mit meiner Firma business campaigning GmbH arbeite ich an ein paar ganz spannenden Projekten im Bereich erneuerbare, synthetische Treibstoffe aus atmosphärischem CO2, Power-to-Gas und effizientes Heizen dank Künstlicher Intelligenz. Ich habe das Forum Futur mit gegründet, das täglich einen Newsletter mit neuesten Informationen aus der Wissenschaft und Innovation veröffentlicht, bin Mitglied der neuen Energie- und Umweltkommission der FDP des Kantons Zürich und bereite gerade weitere Vorstösse im Gemeinderat vor. Last but not least habe ich eine Idee für eine sinnvolle Flugticketabgabe lanciert.

news aktuell: Welche Rolle spielt Innovation in der Politik im Vergleich zu Innovation in der Wirtschaft?

Metzinger: Leider spielt Innovation in der Politik noch eine viel zu geringe Rolle. Meiner Meinung nach kann man keine gute Politik machen, wenn man nicht die neuesten Erfindungen kennt, denn dann verfasst man Gesetze, die schon zum Zeitpunkt ihrer Formulierung überholt und im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv sind. Beispiel: Als man die CO2-Sanktionen für die Automobilindustrie lancierte und entschied, den CO2-Ausstoss am Auspuff zu messen, dachte niemand daran, dass schon nach ein paar Jahren synthetische Treibstoffe produziert werden, die zwar am Auspuff CO2 ausstossen, aber letztendlich CO2-neutral sind, weil man den Kohlenstoff vorher aus der Luft gefiltert hat. Politiker sollten sich mehr über Innovation informieren, tun das aber nicht.

news aktuell: Die kleine Schweiz schafft schon lange recht erfolgreich die Grätsche zwischen politischer Autonomie und offenem Handel. Wo sehen Sie die Schweiz in Zukunft? Irgendwo zwischen totaler Abschottung oder EU-Total?

Metzinger: Ich hoffe, die Schweiz bewahrt ihre Eigenständigkeit, zu der auch eine enorme Innovationskraft gehört - unser wichtigstes Kapital. Einen EU-Beitritt sehe ich nicht, weil sich unsere Kultur der direkten Demokratie mit alle drei Monaten stattfindenden Abstimmungen und die Kultur der Bürokratie in Brüssel kaum miteinander in Einklang bringen lassen. In der Schweiz haben Politiker, die am Wählerwillen komplett vorbei politisieren, kaum Chancen.

Dieser Beitrag ist ein Original-Post aus dem news aktuell Blog:

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