Eidg. Justiz und Polizei Departement (EJPD)
EJPD: Genetische Untersuchungen beim Menschen umfassend regeln Bundesrat setzt klare Leitplanken
Bern (ots)
11.09.2002. Die Voraussetzungen für Untersuchungen des menschlichen Erbgutes sollen klar und umfassend geregelt werden. Die Regelung bezweckt, die Menschenwürde zu schützen, Missbräuche zu verhindern und die Qualität der Untersuchungen zu sichern. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zum Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen verabschiedet.
Genetische Untersuchungen beim Menschen tragen zur Diagnostik, Prävention und Therapie bisher unheilbarer Krankheiten bei. Sie ermöglichen es zudem, Krankheitsveranlagungen vor dem Auftreten klinischer Symptome (präsymptomatisch) zu entdecken. Sie werfen deshalb heikle ethische, psychische und soziale Fragen auf. Der Gesetzesentwurf legt allgemeine Grundsätze für genetische Untersu- chungen fest, insbesondere dass niemand wegen seines Erbgutes diskriminiert werden darf, und regelt die Anwendung in den verschiedenen Bereichen.
Die Qualität der Untersuchungen sichern
Da genetische Untersuchungen komplex und ihre Ergebnisse schwierig zu interpretieren sind, legt der Gesetzesentwurf grosses Gewicht auf die Qualitätssicherung. Gen-Tests dürfen nicht auf dem freien Markt vertrieben werden. Laboratorien, die genetische Untersuchungen durchführen, benötigen die Bewilligung einer Bundesstelle. Zudem wird eine Fachkommission für genetische Untersuchungen eingesetzt.
Keine "Kinder nach Mass"
Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken (einschliesslich pränataler Untersuchungen und Reihenuntersuchungen) müssen einen vorbeugenden oder therapeutischen Zweck haben oder als Grundlage für die Familien- oder Lebensplanung dienen. Sie dürfen nur von Ärztinnen und Ärzten veranlasst werden und müssen von einer umfassenden Beratung begleitet sein. Pränatale Untersuchungen dürfen nicht darauf abzielen, Eigenschaften des ungeborenen Kindes zu ermitteln, welche die Gesundheit nicht direkt beeinträchtigen. Untersuchungen zur Feststellung des Geschlechts des Kindes sind nur zulässig, um eine Krankheit diagnostizieren zu können. Der Gesetzesentwurf verbietet somit die Erzeugung von "Kindern nach Mass".
Im Arbeits- und Haftpflichtbereich ausgeschlossen
Im Rahmen von Arbeitsverhältnissen darf der Arbeitgeber grundsätzlich weder präsymptomatische genetische Untersuchungen verlangen noch Ergebnisse früherer Untersuchungen verwerten. Ausnahmen sind vorge-sehen, wenn der Arbeitsplatz mit der Gefahr einer Berufskrankheit, einer schweren Umweltschädigung oder mit schwerwiegenden Unfall- und Gesundheitsgefahren für Dritte verbunden ist. Ausgeschlossen sind präsymptomatische genetische Untersuchungen sowie die Verwertung früherer Untersuchungsergebnisse im Haftpflichtbereich.
Differenzierte Regelung bei den Versicherungen
Versicherungen dürfen von der antragstellenden Person keine genetischen Untersuchung verlangen. In verschiedenen Versicherungsbereichen (namentlich Sozialversicherungen und berufliche Vorsorge) sind auch die Nachfrage und die Verwertung früherer Untersuchungsergebnisse untersagt. In den übrigen Privatversicherungsbereichen ist die Nachfrage nach den Ergebnissen früherer Untersuchungen zulässig, wenn sie zuverlässige und aussagekräftige Resultate geliefert haben, die für die Prämienberechnung relevant sind. Zugunsten der Versicherungsnehmer mit schlechten Risiken ist die Regelung vorgesehen, dass für Lebensversicherungen mit einer Versicherungssumme bis zu 400 000 Franken und bei freiwilligen Invaliditätsversicherungen mit einer Jahresrente von höchstens 40 000 Franken ein Nachforschungsverbot gilt.
Pränataler Vaterschaftstest nur nach Beratungsgespräch
Der Gesetzesentwurf regelt auch die Erstellung von DNA-Profilen zur Klärung der Abstammung und zur Identifikation in Zivil- und Verwaltungs-verfahren, aber auch auf Initiative einer Privatperson, ohne dass eine Behörde dies anordnet (zum Beispiel private Vaterschaftsanalysen). Besonders heikel sind pränatale Vaterschaftsabklärungen. Der Gesetzes-entwurf verbietet solche Abklärungen nicht, verlangt aber, dass zuvor ein eingehendes Beratungsgespräch mit der schwangeren Frau durchgeführt worden ist.
Unter welchen Voraussetzungen ein DNA-Profil zu strafrechtlichen Zwecken und zur Identifizierung unbekannter und vermisster Personen erstellt werden kann, wird durch das DNA-Profil-Gesetz geregelt, das zurzeit im Parlament beraten wird.
Weitere Auskünfte: - Hermann Schmid, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 40 87 - Eliane Rossier, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 47 83