Eidg. Justiz und Polizei Departement (EJPD)
EJPD: Totalrevision der Versicherungsaufsicht - Neues Versicherungsrecht wird griffiger und konsumentenfreundlicher
Bern (ots)
09.05.2003. Durch gezielte Überwachung der langfristigen Stabilität der Versicherungsgesellschaften sollen die Versicherten besser geschützt werden. Um dabei den Rahmenbedingungen mit einem internationalisierten und liberalisierten Markt Rechnung tragen zu können, hat der Bundesrat an seiner heutigen Sitzung die Botschaft zum revidierten Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und zur Teilre- vision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) verabschiedet. Oberstes Ziel dieser Gesetzesrevisionen sind die Sicherheit und das Vertrauen der Versicherten.
Das bestehende Aufsichtsrecht ist unübersichtlich; die Aufteilung der Materie auf fünf Bundesgesetze und mehrere Verordnungen führt zu Rechtsunsicherheiten. Das geltende Recht ist unpräzise und nicht mehr auf den heutigen Markt ausgerichtet. Zur Durchsetzung einer vermehrt risiko- und marktgerechten Aufsicht und zur Umsetzung einer neuen, dynamischen Aufsichtsphilosophie bedarf es deshalb einer Generalüberholung und teilweise Neuausrichtung der Aufsicht.
Sicherheit und Vertrauen
Die Revision legt den Akzent auf Sicherheit, Risikomanagement und Ausbau der "Corporate Governance". So sieht der Entwurf der Gesetzesrevision vor, für die Definition und Berechnung der erforderlichen Solvenz eines Versicherungsunternehmens nicht nur wie bisher auf den Geschäftsumfang abzustellen, sondern allen Risiken Rechnung zu tragen, denen ein Versicherungsunternehmen ausgesetzt ist. Damit nimmt das Gesetz die Entwicklungen in der EU vorweg und schafft zudem die Möglichkeit, zusätzlich auch Solvenzkriterien anderer Rechtssysteme zu berücksichtigen. In den Bereichen Corporate Governance, Transparenz und Konsumentenschutz werden zudem die Aufsichtsinstrumente präzisiert.
Angemessene Sanktionen
Ausserdem ist im neuen Aufsichtsrecht eine breite Palette von Massnahmen vorgesehen, um mit angemessenen Sanktionen auf Verfehlungen reagieren zu können. So wird zum Beispiel die Obergrenze der Bussen für Übertretungen auf 100'000 und für Vergehen auf 1 Million Franken angehoben.
In den letzten Jahren wurde den Finanzflüssen innerhalb von Konzernen zunehmend Beachtung geschenkt. Dieser Entwicklung gilt es angesichts der vermehrten Auslandtätigkeit der Schweizer Versicherer Rechnung zu tragen. Da es für die Beaufsichtigung von Unternehmenszusammenschlüssen (Versicherungsgruppen und Finanzkonglomerate) bislang keine etablierten Regeln gibt, sollen neu solche Regeln ins Gesetz aufgenommen werden.
Niederschlag finden auch Vorschriften über den Leumund und die Ausbildung der Verantwortungsträger von Versicherungen. Es wird klar geregelt, welche Befugnisse die Aufsichtsbehörde hat, wenn Verantwortliche in einer Versicherungsgesellschaft diesen Anforderungen nicht entsprechen.
Weitere Neuerungen
Versicherungsvermittler: Neu sollen die Versicherungsvermittler unter Aufsicht gestellt und es soll ein öffentliches Register geschaffen werden: Der Eintrag in dieses Register ist für jene Vermitt-ler obligatorisch, die nicht an einen Versicherer gebunden sind (Makler), und stellt verschiedene Anforderungen an die fachliche und persönliche Qualifikation. Aktuar: Im Sinne einer Stärkung der Corporate Governance werden alle Versicherungsgesellschaften gesetzlich verpflichtet, einen verantwortlichen Aktuar als "internes Gewissen" zu bestellen. Mit dieser Massnahme wird das interne System von "checks & balances" gestärkt. Die Aufsichtsbehörde wird nähere Vorschriften über dessen Aufgaben erlassen.
Teilrevision des VVG
Gleichzeitig zur Totalrevision des Versicherungsaufsichtsrechts erfolgt eine Teilrevision des Versicherungsvertragsrechts. Im Folgenden die wichtigsten Neuerungen: Informationspflicht des Versicherers, den Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages umfassend über den wesentlichen Vertragsinhalt aufzuklären. Dies gilt nicht nur für die Folgen der Verletzung von vorvertraglichen oder vertraglichen Verpflichtungen oder der vorzeitigen Beendigung des Vertrags, sondern auch für die konkreten Berechnungsgrundlagen und Modalitäten von Überschussbeteiligungen, Rückkaufs- und Umwandlungswerten. Mit der Revision wird diese Pflicht neu ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben. Ferner sollen die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung durch den Versicherten gemildert werden. Nach geltendem Recht kann der Versicherer den Vertrag mit einem Versicherten rückwirkend auflösen, wenn er entdeckt, dass dieser ihm eine Gefahrstatsache verschwiegen hat. Neu soll der Versicherer nur dann von der Leistung befreit werden, wenn ein Kausalzusammenhang zwischen der verschwiegenen Gefahrstatsache und dem eingetretenen Schaden besteht.
Der Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie wird aufgehoben: Bei Auflösung des Versicherungsvertrages vor Ablauf des Versicherungsjahres gilt neu der Grundsatz der Teilbarkeit der Prämie, d.h. der anteilmässigen Rückerstattung der "nicht verbrauchten" Prämie.
Weitere Auskünfte: Olivier Salamin, Bundesamt für Privatversicherungen, Tel. 031 322 70 43