Eidg. Finanz Departement (EFD)
EFD-Umfrage 2002 zur Finanzpolitik: keine Trendbrüche
Bern (ots)
Das Wissen und die Einschätzung der Schweizer Wahlberechtigten hat gegenüber 2001 nur leichte Veränderungen erfahren. Die im April und Mai im Auftrag des EFD durchgeführte Studie bestätigt die hohe Ablehnung der Bevölkerung zu zusätzlicher Verschuldung. Stabil ist die deutliche Akzeptanz des Bankgeheimnisses in seiner heutigen Ausprägung. Gegenüber den Nachbarländern und dem EU-Durchschnitt wird der Steuerstandort Schweiz nach wie vor zu schlecht eingestuft, vor allem in der Westschweiz. Konstant sehr hoch ist das Vertrauen in die AHV.
Insgesamt werden die wichtigsten Ausgabenbereiche richtig identifiziert: Soziales vor Verkehr und Landesverteidigung. In der Westschweiz und von den Frauen werden die Ausgaben für die Landesverteidigung tendenziell eher überschätzt, jene für Soziales und Verkehr eher unterschätzt. Fast ein Drittel (2001 und 2002) der Befragten geben mit 100 Mrd Franken die Schuldenhöhe des Bundes richtig an. 68% (Vorjahr : 62%) stufen sie in der Bandbreite zwischen 50 und 150 Mrd Franken ein, 5% glauben die Schulden abgebaut, 10% überschätzen sie massiv. 17% der Befragten (Vorjahr: 22%) wissen keine Antwort, davon 35% in der Westschweiz (Vorjahr:42%).
Drei Viertel beurteilen AHV-Zukunft optimistisch
73% jener Befragten, die heute noch keine AHV beziehen, glauben persönlich daran, dereinst auf eine AHV-Rente zählen zu können (im Vorjahr waren es 69%). In der Westschweiz ist das «AHV-Vertrauen in die eigene Rente» gegenüber dem Vorjahr gar von 67% auf 79% gestiegen. Zu dieser Frage haben sich 95% der Befragten geäussert. Jene, die daran glauben, und jene, die bereits Rente beziehen, gehen zu 72% davon aus, dass auch die kommende Generation auf die AHV wird zählen können (Vorjahr: 76%, wobei das diesbezügliche AHV-Vertrauen in der Westschweiz von 80% im Jahr 2001 auf 68% gesunken ist). Die zweite AHV-Frage wurde von 92% beantwortet. Mehr als drei Viertel wissen um die demographische Entwicklung, wonach die beruflich aktive Bevölkerung gegenüber den Rentenbezügern kleiner wird (2002: 78%, 2001 waren es noch 68%).
Tiefsteuerland Schweiz unterschätzt; Preis- Leistungsverhältnis dennoch akzeptiert
Die Akzeptanz des Preis- Leistungsverhältnisses zwischen bezahlten Steuern und staatlicher Leistung liegt stabil bei 67% (Vorjahr: 69%). Davon erachten 26% die Gegenleistung des Staates als «eher gut» und 41% als «verhältnismässig». Als «eher schlecht» wird dieses Verhältnis von 29% bewertet (Vorjahr: 24%). Diese Frage wurde von 95% der Befragten beantwortet. In diesem Kontext ist auffällig, dass der Steuerstandort Schweiz im internationalen Vergleich zunehmend unterschätzt wird. 35% der Befragten schätzen die Steuerbelastung in der Schweiz (alle Steuern und Abgaben mit ausdrücklich erwähnter Ausnahme der Krankenkassenprämien) höher ein als die durchschnittliche Steuerbelastung in den EU Ländern. Letztes Jahr waren es noch 30%. Markant ist diese Fehleinschätzung in der Westschweiz (Anstieg von 33% auf 40%). Konstante 22% sehen eine etwa gleiche Höhe der Steuern. Nur 33% (Westschweiz 22%) wissen, dass die Steuerbelastung in der Schweiz tiefer ist. Nahezu gleich verzerrt ist die Wahrnehmung der Steuersituation im Vergleich mit den Nachbarländern.
Gegen beliebig hohe regionale Steuerunterschiede
51% der Befragten (Vorjahr: 52%) votieren für eine in allen Kantonen gleiche Steuerbelastung, 48% (Vorjahr 44%) befürworten Unterschiede, nur 1% (Vorjahr: 3%) hat dazu keine Meinung. Während in der Deutschschweiz die Forderung nach gleich hohen Steuern deutlich weniger Zustimmung findet als im Vorjahr (Rückgang von 54% auf 49%), ist der Trend in der Westschweiz gerade umgekehrt (Anstieg von 46% auf 54%). Leicht gestiegen ist die Zustimmung zu «gewissen» regionalen Unterschieden (40%, Vorjahr 37%), «beliebige» Unterschiede werden von 8% (Vorjahr: 7%) der Befragten befürwortet. Befürwortet werden Unterschiede, weil die Kantone ihr Angebot an öffentlichen Leistungen selber sollen bestimmen können (2001 und 2002: 51%) oder weil der Steuerwettbewerb für ein tieferes Steuerniveau sorgt (40%, 2001 waren es noch 35%, wobei das Argument des Steuerwettbewerbs in der Deutschschweiz und vor allem inder Westschweiz an Bedeutung gewonnen hat.). Die Fragen nach unterschiedlicher oder gleicher Steuerbelastung wurden wie schon 2001 ungestützt gestellt, also ohne Präsentation von Alternativen (z.B. Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen/NFA oder materielle Steuerharmonisierung) oder von Folgen einer Vereinheitlichung auf die eigene Steuerbelastung oder auf das allgemeine Preis- Leistungsverhältnis.
Analog zur Schuldenbremse: Eher Leistungsabbau als Neuverschuldung
Konstant hoch ist die Ablehnung nicht finanzierter Aufgaben. Sollte der Staat seine Aufgaben nicht mehr selber bezahlen können, würden nur 16% (Deutschschweiz: 15%, Westschweiz: 19%, Vorjahr total: 15%) eine Staatsverschuldung in Kauf nehmen. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der im Dezember 2001 an der Urne erzielten 85%-Zustimmung zur Schuldenbremse. 49% der Befragten würden eher einen Abbau der Leistungen hinnehmen, das sind 5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. 26% könnten einer Steuererhöhung zustimmen, das sind gleich viele wie im Vorjahr. 10% sind unentschlossen, letztes Jahr waren es noch 14%. Falls eine Steuererhöhung auf Stufe Bund nötig würde, fände eine Erhöhung der Mehrwertsteuer mit 41% (39%) noch am meisten Zustimmung, vor der direkten Bundessteuer (30% in beiden Jahren) oder der Einführung einer neuen Steuer (19%, 2001: 18%). Die soziale Ausgleichwirkung der Progression bei der direkten Bundessteuer ist mittlerweile mehr als zwei Dritteln der Befragten bewusst (Deutschschweiz: 66%, Westschweiz: 74%; Vorjahr total: 60%).
Hohe Zustimmung zum Bankgeheimnis in seiner heutigen Form
(vgl. EFD-Pressemitteilung vom 24.5.02 )
Der Informationsstand zum Bankgeheimnis ist hoch: 70% der Befragten wissen, dass das Bankgeheimnis zwar die Privatsphäre der Kunden schützt, jedoch bei Straftatbeständen wie organisierte Kriminalität, Geldwäscherei oder Steuerbetrug aufgehoben wird (2001: 65%). Die Beibehaltung des Bankgeheimnisses in seiner heutigen Form befürworten 58% (2001: 59%). Demnach soll das Bankgeheimnis wie bis anhin nur bei Steuerbetrug und strafrechtlichen Delikten aufgehoben werden. 27% befürworten die Aufhebung auch bei Steuerhinterziehung (2001: 25%). 11% wollen das Bankgeheimnis generell aufheben (2001: 10%). Lediglich 4% wissen keine Antwort (2001: 6%). Wenig Zustimmung findet die selektive Aufhebung des Bankgeheimnisses nur im Fall von Steuerhinterziehung durch Ausländer. Für ein solches Vorgehen sprechen sich nur 26% aus (2001: 24%), wogegen es 67% ausdrücklich ablehnen (2001: 63%). Die Zustimmung zur teilweisen Aufhebung des Bankgeheimnisses wird zusätzlich relativiert, weil nur rund die Hälfte der Befragten an ihrer Auffassung auch dann festhalten, wenn der Volkswirtschaft daraus Nachteile erwachsen würden (2001 und 2002: 52%), mindestens 38% würden in diesem Fall ins ablehnende Lager wechseln.
Steckbrief
Das Eidg. Finanzdepartement EFD erhebt seit 1997 regelmässig den Wissensstand und Einstellungen der Schweizer Bevölkerung zu ausgewählten Aspekten der Finanzpolitik. 2001 wurden Fragestellungen und Methode neu definiert, somit sind die Resultate 2001 / 2002 vergleichbar. Ziel der demoskopischen Analyse ist die Feststellung, wie bekannt für die Beurteilung der Finanzpolitik wesentliche Fakten sind. Im April / Mai 2002 wurden 1 '500 Wahlberechtigte ab 18 Jahren in der deutsch- (1 '000) - und der französischsprachigen (500) Schweiz telefonisch befragt (2001 ausnahmsweise 2 '000). Die Stichprobe erfolgte nach dem Random-Quota-Verfahren, die Feldarbeit wurde gemäss den Richtlinien von SWISS INTERVIEW auf repräsentativer Basis vom Marktforschungsinstitut DemoSCOPE AG durchgeführt. Vorbereitung und Auswertung besorgte dualis (Alois Sidler in Herdern). Die Fragen und Tabellen (Resultate gesamte Schweiz, Deutschschweiz, Westschweiz - je nach Geschlecht, Altersgruppe, Bildung, soziale Schicht und Haushaltsgrösse) sowie ausgewählte Vergleichsgrafiken sind auf www.efd.admin.ch abrufbar.
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