Eidg. Finanz Departement (EFD)
EFD: Nationalbankgold: Erträge sollen an Kantone und an den Bund gehen
Bern (ots)
30. Jan 2003 (EFD) Die Erträge aus den 1'300 Tonnen Gold, welche die Schweizerische Nationalbank SNB für die Geldpolitik nicht mehr benötigt, sollen zu 2/3 den Kantonen und zu 1/3 dem Bund zu Gute kommen. Das Goldvermögen soll in seiner Substanz real erhalten bleiben und zur Bewirtschaftung an einen externen Fonds übertragen werden. Diese Grundsatzentscheide hat der Bundesrat gestern gefällt. Die Substanzerhaltung und Verwendung des Goldvermögens soll in der Verfassung geregelt werden. Damit Bund und Kantone bereits vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsgrundlage von den auf dem bereits verkauften und reinvestierten Gold erzielten Erträgen profitieren können, soll eine zusätzliche Gewinnausschüttungsvereinbarung abgeschlossen werden. Gleichzeitig empfiehlt der Bundesrat die KOSA- Initiative, welche die regulären Nationalbankgewinne zum grossen Teil der AHV zukommen lassen will, zur Ablehnung.
Der Bundesrat hat an seiner gestrigen Sitzung eine Aussprache geführt zu verschiedenen Fragen, welche sich mit der Verwendung von Nationalbankvermögen befassen, und dabei folgende Grundsatzentscheide gefällt:
Reale Substanzerhaltung des Goldvermögens: Grundsätzlich könnte das Goldvermögen nach dem doppelten Nein vom September als "überschüssige Währungsreserven" bezeichnet und gestützt auf die geltende Verfassung (Art. 99 Abs. 4 BV) mittels Anpassung der Gewinnausschüttungsvereinbarung oder allenfalls einer neuen Gesetzesbestimmung in seiner Substanz zu 1/3 an den Bund und zu 2/3 an die Kantone ausgeschüttet werden. Demgegenüber benötigt die gemäss Abstimmungsanalyse von weiten Kreisen der Bevölkerung unterstützte reale Substanzerhaltung des Vermögens eine spezielle Verfassungsgrundlage - unabhängig vom gewählten Verteilschlüssel und unabhängig davon, ob die Substanzerhaltung bei der SNB oder bei einem separaten Fonds erfolgt. Eine Verfassungsgrundlage für die Substanzerhaltung ist notwendig, weil der geltende Artikel 99 Absatz 4 BV die Ausschüttung der Nationalbankgewinne an Kantone und Bund vorsieht. Mit einer solchen Ausschüttung ist naturgemäss verbunden, dass die Empfänger über die Mittel uneingeschränkt verfügen können. Tritt nun die Auflage der Substanzerhaltung hinzu, ist diese umfassende Dispositionsmöglichkeit nicht mehr gegeben.
Der Bundesrat hält an seiner Auffassung fest, dass das Goldvermögen, welches über Jahrzehnte entstanden ist, nicht jetzt und heute verbraucht, sondern in seiner Substanz erhalten werden soll. Gleichzeitig soll das Vermögen möglichst rasch aus der SNB ausgelagert werden, da die dauerhafte Vermögensverwaltung durch die SNB die Gefahr von Interessenskonflikten mit dem geldpolitischen Auftrag der Nationalbank birgt.
2/3 Kantone, 1/3 Bund: Der Bundesrat hat nach eingehender Diskussion entschieden, dass die auf dem Goldvermögen erzielten Erträge zu 2/3 an die Kantone und zu 1/3 an den Bund gehen sollen. Obwohl damit der geltende Verteilschlüssel für die Nationalbankgewinne nicht verändert wird, hält der Bundesrat an seiner bereits vor der Abstimmung vom September geäusserten Meinung fest, dass die Verwendung des Goldvermögens mit der Schaffung einer separaten Rechtsgrundlage demokratisch legitimiert werden soll. Er möchte deshalb mit der Verfassungsgrundlage zur Auslagerung und Substanzerhaltung des Goldvermögens auch gleich die Verwendung der Vermögenserträge regeln.
Zur Diskussion standen im Rahmen der Aussprache auch andere Verwendungsvorschläge wie die AHV, Bildungsmassnahmen oder die Ausbildung von Medizinalpersonal. Die Sicherstellung der Finanzierung der AHV ist gemäss Bundesrat ein vordringliches Problem, das jedoch nicht mit der Zuwendung eines Teils der Goldvermögenserträge gelöst werden kann. Bildungsmassnahmen werden als notwendig und sinnvoll erachtet. Die Nutzung der Erträge aus dem Goldvermögen für die Bildung beurteilt der Bundesrat aber skeptisch: Bildung muss als wichtige staatliche Aufgabe aus dem ordentlichen Budget finanziert werden und sollte nicht von Spezialfinanzierungen abhängen. Problematisch bei der Finanzierung von Bildungsmassnahmen aus dem Goldvermögen wäre zudem die Festlegung des genauen Einsatzes der Mittel und die Harmonisierung mit der bestehenden Bildungspolitik der öffentlichen Hand. Ähnlich ist die Finanzierung der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten zu beurteilen, die ebenfalls als Verwendungszweck zur Diskussion stand: Zwar gehört das Medizinstudium zu den teuersten Studiengängen. Dennoch ist der Bundesrat der Auffassung, dass nicht eine einzelne Fakultät für ein Bundesengagement herausgepickt werden sollte. Zudem gehört die Universitätsausbildung grundsätzlich ins Zuständigkeitsgebiet der Kantone, wobei die Universitätskantone bereits heute finanzielle Unterstützung erhalten.
Zusätzliche Gewinnausschüttungsvereinbarung: Der Bundesrat wird dem Parlament so rasch als möglich eine Verfassungsgrundlage unterbreiten, welche die Substanzerhaltung und Verwendung der Erträge aus dem Goldvermögen regelt. Bis zum Inkrafttreten dieser Verfassungsgrundlage werden die Erträge auf dem verkauften und reinvestierten Gold in die normale Erfolgsrechnung der SNB fliessen. Da bei der Festlegung der Gewinnausschüttungsvereinbarung vom April 2002 nicht mit diesen Zusatzerträgen gerechnet wurde, tragen diese unter sonst unveränderten Rahmenbedingungen zu einem stärker als erwarteten Anstieg der geld- und währungspolischen Rückstellungen der SNB bei. Der Bundesrat hat deshalb beschlossen, mit der SNB Gespräche aufzunehmen mit dem Ziel, eine zusätzliche befristete Gewinnausschüttungsvereinbarung abzuschliessen. Diese Zusatzvereinbarung würde es erlauben, die Erträge aus dem verkauften Goldvermögen bereits vor dem Inkrafttreten der Verfassungsgrundlage an Bund (1/3) und Kantone (2/3) auszuschütten. Eine solche Zusatzausschüttung könnte erstmals im Frühling 2004 stattfinden und würde ca. 300 Mio. Fr. betragen. Sie würde mit steigenden Goldverkäufen anwachsen. Ab Frühling 2006 würde die Zusatzausschüttung bei vorsichtiger Schätzung ca. 500 Mio. Fr. pro Jahr betragen. Die genauen Beträge wie auch alle andern Elemente einer solchen Zusatzausschüttung müssen zwischen dem EFD und dem Direktorium und Bankrat der SNB erst noch festgelegt werden.
Ablehnung der KOSA-Initiative: Im Herbst 2002 ist die Volksinitiative "Nationalbankgewinne für die AHV" zustande gekommen. Sie schlägt vor, die geltende Verfassungsbestimmung, wonach die Nationalbankgewinne zu mindestens zwei Dritteln an die Kantone gehen, abzuändern. Neu soll der Reingewinn der SNB gemäss Vorschlag der Initianten wie folgt verteilt werden: Eine Milliarde Franken pro Jahr soll an die Kantone, der Rest an den AHV-Fonds ausgeschüttet werden. Der Bundesrat hat die heutige Diskussion über Nationalbankvermögen auch für eine erste Aussprache über die KOSA- Initiative genutzt. Er erachtet die Initiative insbesondere im Hinblick auf die Notenbankunabhängigkeit als äusserst problematisch: Die Glaubwürdigkeit der SNB würde in Frage gestellt, wenn ein sozialpolitisches Ziel - die Finanzierung der AHV - in den verfassungsmässigen Notenbankartikel aufgenommen würde. Da die Initianten ausserdem von deutlich zu hohen Gewinnschätzungen der SNB ausgehen, besteht die Gefahr, dass nach einer Annahme der Initiative starker politischer Druck auf die SNB entstehen könnte, ihre Ausschüttungen zu Gunsten der AHV zu erhöhen.
Überschüssige Goldreserven
Infolge der Aufhebung der Goldbindung des Frankens verfügt die SNB über mehr Währungsreserven als sie für die Führung der Geld- und Währungspolitik benötigt. Ein Vermögen im Gegenwert von 1'300 Tonnen Gold steht für andere öffentliche Zwecke zur Verfügung. Am 22. September 2002 haben Volk und Stände über zwei Verwendungsvorschläge abgestimmt und die SVP-Initiative, welche das ganze Goldvermögen der AHV zukommen lassen wollte, verworfen. Gleichzeitig wurde auch der Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament, das Vermögen in seiner Substanz zu erhalten und die Erträge an AHV, Kantone und die Solidaritätsstiftung auszuschütten, abgelehnt. Somit war wieder offen, was mit dem Goldvermögen geschehen soll.
Parlamentsgeschäfte
Für die Frühlingssession 2003 steht die Beantwortung verschiedener parlamentarischer Vorstösse zum Thema Verwendung der überschüssigen Goldreserven an. Gleichzeitig muss der Bundesrat bis Anfang Oktober zur Volksinitiative "Nationalbankgewinne für die AHV" ("KOSA- Initiative") Stellung nehmen. Gemäss dieser Initiative sollen die regulären SNB-Gewinne nicht mehr wie bisher zu 1/3 an den Bund und zu 2/3 an die Kantone gehen, sondern - vorbehältlich 1 Mrd. Fr. pro Jahr für die Kantone - an den AHV-Fonds überwiesen werden.
Auskunft: Urs Plavec, Eidg. Finanzverwaltung, 031 322 61 72 Werner Abegg, Schweizerische Nationalbank, 01 631 32 67
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