Eidg. Finanz Departement (EFD)
EFD: Neue Ergebnisse zur Wohlstandsverteilung in der Schweiz
Bern (ots)
14. Jun 2004 (EFD) Die untere und obere Mittelschicht der Schweizer Erwerbshaushalte musste sich zwischen 1990 und 2001 mit einem unterdurchschnittlichen Wachstum des Bruttoeinkommens begnügen. Dies geht aus einem Bericht über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse in der Schweiz und deren Entwicklung in den Jahren 1990 bis 2001 hervor, der im Auftrag der Eidg. Steuerverwaltung erarbeitet und am Montag 7. Juni vom Bundesrat zur Kenntnis genommen worden ist. Der Bericht, der auf ein Postulat von Nationalrätin Jacqueline Fehr (SP/ZH) zurückgeht, verdeutlicht zwei weitere Phänomene: Zum einen sind die Einkommen mit zunehmenden Alter ungleicher verteilt, d.h. die Einkommen unter den Rentnern variieren deutlich stärker als unter den Erwerbshaushalten. Zum andern ist das Reinvermögen deutlich ungleicher verteilt als das verfügbare Einkommen.
Fehr hatte in einem Postulat vom 9. Mai 2001 gefordert, dass der Bundesrat einen Bericht erstellen lässt, der die Wohlstandsverhältnisse und die Verteilung der Konsumkraft in der Schweiz während den letzten zehn Jahren darstellt.
Die im Bericht erarbeiteten Fakten geben einen fundierten und differenzierten Einblick in die Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Vollständig berücksichtigt werden konnten die direkten Steuern. Die indirekten Steuern wie die Mehrwertsteuer oder die Tabaksteuer werden im Bericht nicht explizit berücksichtigt, da diese den einzelnen Haushalten nicht unmittelbar zugerechnet werden können. Dazu wäre eine aufwendige Untersuchung der Überwälzungsprozesse notwendig gewesen. Mehrwertsteuererhöhungen und der damit verbundene Kaufkraftverlust werden jedoch einbezogen, soweit sie einen Anstieg des Landesindexes der Konsumentenpreise herbeiführen. Die nicht-steuerlichen Zwangsabgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden werden im Bericht erfasst, soweit sie sich auf Grund der verfügbaren statistischen Informationen auf die einzelnen Haushalte aufschlüsseln lassen.
Das durchschnittliche äquivalente Bruttoeinkommen hat laut dem Bericht zwischen 1990 und 2001 jährlich um 0,6 Prozent zugenommen. Während die äquivalenten Bruttoeinkommen der ärmeren und wohlhabendsten Erwerbshaushalte eine Zunahme von jährlich mindestens 1 Prozent erzielten, mussten sich die untere und obere Mittelschicht mit einem unterdurchschnittlichen Wachstum von jährlich ungefähr 0,5 Prozent begnügen. Zwischen 1996 und 2000 sind vor allem die hohen Löhne gestiegen. Die "mittelständischen" Löhne haben dagegen weit unterdurchschnittlich zugenommen.
Begriffserläuterungen
Äquivalenzeinkommen: Damit Haushalte verschiedener Grösse untereinander vergleichbar sind, werden die Einnahmen und Ausgaben pro Äquivalenzperson bzw. für einen Ein-Personen-Haushalt ausgewiesen. Das Einkommen wird also nicht einfach durch die Anzahl Köpfe geteilt, sondern es wird berücksichtigt, dass jede zusätzliche Person in einem gemeinsamen Haushalt nicht dieselben Zusatzkosten verursacht wie die erste Person.
Verfügbares Einkommen: Dieses setzt sich aus dem Bruttoeinkommen abzüglich der Zwangsabgaben (Steuern und Sozialbeiträge) zusammen. Das verfügbare Einkommen spielt bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Haushalte eine zentrale Rolle, da es letztendlich die Grundlage für Konsum und Sparen bildet.
Kurzfristig frei verfügbares Einkommen: Dieses setzt sich aus dem verfügbaren Einkommen abzüglich der periodischen Ausgaben mit längerfristiger Verpflichtung wie Miete, Nebenkosten, Versicherungsprämien und Übertragungen an andere Haushalte zusammen.
Das verfügbare Äquivalenzeinkommen wuchs mit 0,5 Prozent nicht ganz so schnell wie das Bruttoeinkommen. Der Grund für diese Entwicklung ist in der anteilsmässigen Zunahme der Zwangsabgaben (Steuern und Sozialbeiträge) zu suchen. Trotz leicht steigendem Bruttoeinkommen und verfügbaren Einkommen hat das kurzfristig verfügbare Äquivalenzeinkommen nicht zugenommen. Ausschlaggebend für diese Stagnation ist vor allem das überproportionale Ausgabenwachstum für das Wohnen. Die Gründe für diese Entwicklung (steigende Mieten, Wegfall von billigem Wohnraum infolge Sanierungen, gestiegene Ansprüche an das Wohnen) waren nicht Gegenstand der Untersuchung.
Der Bericht zeigt, dass die Einkommensdisparitäten mit zunehmendem Alter steigen. Während in jungen Jahren die Einkommen noch relativ gleich verteilt sind, nimmt die Einkommensungleichheit zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr rapide zu. Ein weiterer merklicher Anstieg der Ungleichheit kann beim Übergang ins Rentenalter festgestellt werden.
Die in der Schweiz lebenden Erwerbs- und Rentnerhaushalte erzielten im Jahr 2001 ein durchschnittliches Bruttoeinkommen pro Äquivalenzperson von 66'000 Franken, das sich zu 69 Prozent aus ihrem Erwerbseinkommen, zu 25 Prozent aus Sozialleistungen und zu rund 6 Prozent aus Vermögens- und Mieteinnahmen zusammensetzt. Zieht man die Zwangsabgaben ab, verbleibt dem Haushalt ein verfügbares Einkommen von 76 Prozent des ursprünglichen Bruttoeinkommens. Nach Abzug der periodischen Ausgaben mit längerfristiger Verpflichtung beträgt das kurzfristig verfügbare Einkommen nur noch 55 Prozent des Bruttoeinkommens.
Das Vermögen ist deutlich ungleicher verteilt als das verfügbare Einkommen pro Äquivalenzperson. Die Ungleichverteilung des Reinvermögens hat zwischen 1991 und 1997 leicht zugenommen.
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