Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit 1999/2000
Neuenburg (ots)
Abgeschwächtes Wachstum der Sozialausgaben seit 1997
Die neuen statistische Kennzahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) ermöglichen einen vollständigen und international vergleichbaren Überblick über die Ausgaben und Einnahmen für die Soziale Sicherheit in der Schweiz. Die Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit für das Jahr 1999 weist 109 Mrd. Fr. Ausgaben und 129 Mrd. Fr. Einnahmen, die provisorische Gesamtrechnung für das Jahr 2000 113 Mrd. Fr. Ausgaben und 135 Mrd. Einnahmen aus. Die Sozialausgabenquote hat in den 1990er Jahren um fast 8 Prozentpunkte zugenommen und bewegte sich 1999 mit 27,7% (2000: 27,4%) in derselben Grössenordnung wie diejenige der Europäischen Union (EU). Von den Sozialleistungen entfallen über 45% auf die Altersvorsorge und weitere 37% auf Leistungen bei Krankheit und Invalidität.
Die Gesamtausgaben für die Soziale Sicherheit beliefen sich 1999 auf 109,2 und im Jahr 2000 auf 112,7 Mrd. Fr. Gleichzeitig resultierte bei den Einnahmen ein Anstieg von 129,3 auf 135,1 Mrd. Fr. Die Sozialausgabenquote, die den Anteil der Sozialausgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP) misst, betrug 1998 27,7%, 1999 27,6% und 2000 noch 27,4%. Der stärkere Anstieg der Einnahmen im Vergleich zu den Ausgaben und die leicht rückläufige Sozialausgabenquote hängen damit zusammen, dass sich die Wirtschaftslage seit 1997 erheblich verbessert hat.
Die Schweiz im europäischen Mittelfeld
1990 hatte die schweizerische Quote der Sozialausgaben mit 19,8% weit unter dem EU-Mittel von 25,5% gelegen und wurde nur von wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern wie Portugal und Irland unterboten. 1997 lag die Quote in der EU bei 28,0%, während sie in der Schweiz 27,5% betrug. 1999 waren die beiden Quoten nahezu identisch. Die höchsten Sozialausgabenquoten wies 1999 Schweden mit 32,9% aus, gefolgt von Frankreich, Deutschland und Dänemark. Am tiefsten war die Quote in Irland mit 15%.
Starkes Wachstum der Sozialausgaben in der Wirtschaftskrise
Aus dem Ländervergleich geht hervor, dass das Wachstum der schweizerischen Sozialausgaben zwischen 1990 und 1997 überdurchschnittlich stark ausfiel. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Schweiz einer schärferen und länger anhaltenden wirtschaftlichen Rezession ausgesetzt war als das europäische Ausland. Eine wesentliche Rolle spielte dabei die Arbeitslosigkeit, die erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg über eine längere Zeitspanne hinweg massiv zunahm, während es im Ausland bereits früher zu verbreiteter Arbeitslosigkeit und damit zu grösseren sozialen Belastungen gekommen war. Zugleich stiegen auch die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenrenten weiter an, und die bedarfsabhängigen staatlichen Sozialleistungen (Sozialhilfe, Asylpolitik, Ergänzungsleistungen zur IV) wurden vermehrt in Anspruch genommen. Nach 1997 wuchs das BIP wieder kräftiger, während die Arbeitslosenzahlen zurückgingen. Dies hatte zur Folge, dass sich das Wachstum der Gesamtausgaben abschwächte und die Sozialausgabenquote wieder etwas ab nahm.
Dominanz der Sozialversicherungsleistungen
Das schweizerische System der Sozialen Sicherheit stützt sich in erster Linie auf die sieben grossen Sozialversicherungen ab, bei denen rund 85% der Ausgaben anfallen. Der Anteil der Beruflichen Vorsorge (BV) lag 1999 bei 27,8% (2000: 29,2%), derjenige der AHV bei 24,7% (2000: 24,4%). Auf die obligatorische Krankenpflegeversicherung entfielen 12,4% (2000: 12,7%), auf die IV 7,5%, auf die obligatorische Unfallversicherung 4,5%, auf die kantonal geregelten Familienzulagen 3,8% und auf die Arbeitslosenversicherung 4,0% (2000: 2,8%) der Ausgaben. Für bedarfsabhängige staatliche Sozialleistungen, die das letzte soziale Auffangnetz bilden, werden 6,4% der Gesamtausgaben aufgewendet. Es handelt sich dabei grösstenteils um Ergänzungsleistungen, Sozialhilfegelder und Flüchtlingshilfe (Asylpolitik). 5,7% der Gesamtausgaben werden in Form von Subventionen gewährt, die hauptsächlich dem Gesundheitssystem (kantonale Spitalsubventionierung) zugute kommen.
Sozialleistungen umfassen in erster Linie Rentenzahlungen
Die Sozialleistungen bestehen zu fast 70% aus Geldleistungen, die an keinen Bedarfsnachweis gebunden sind, und zu 24% aus Sachleistungen, die ebenfalls keine Bedarfsprüfung voraussetzen. Während die nicht bedarfsabhängigen Geldleistungen hauptsächlich Rentenzahlungen und zu einem geringeren Teil Kapital- und Barleistungen, Taggelder und Familienzulagen umfassen, stehen bei den nicht bedarfsabhängigen Sachleistungen die Krankheits- und Gesundheitskosten im Vordergrund (v.a. Subventionen an Spitäler). Auf bedarfsabhängige Geld- und Sachleistungen entfallen 3,9% bzw. 3,3% der Sozialleistungen.
Überragende Bedeutung der Altersvorsorge
Rund 45% der Sozialleistungen dienen der Altersvorsorge, ein Anteil, der im EU- und EFTA-Raum einzig noch von Italien übertroffen wird. An zweiter Stelle folgen mit 24% die für die Krankenpflege bzw. Gesundheitsvorsorge aufgewendeten Gelder, an dritter Stelle mit 12,5% die Invaliditätsleistungen. Mehr als vier Fünftel der Sozialleistungen decken somit die drei Risiken Alter, Krankheit und Invalidität ab. Stark an Bedeutung verloren haben die Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit: Beanspruchten diese im Jahr 1997, das mit dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise zusammenfiel, noch gut 7% aller Sozialleistungen, waren es drei Jahre später weniger als 2%. Die Leistungen an Hinterbliebene, an Familien und Kinder sowie an einkommensschwache Personen betragen insgesamt 14,6%.
Mehrwertsteuer als neue Finanzierungsquelle
Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Selbständige kommen für mehr als die Hälfte der Gesamteinnahmen auf; weitere 8% sind Kopfprämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Mit 28,4% lag der Arbeitgeberanteil 1999 um 7,9 Prozentpunkte höher als der Arbeitnehmeranteil. Dies ist teils auf die Verhältnisse in der BV, teils aber auch darauf zurückzuführen, dass die Familienzulagen und die Lohnfortzahlungen bei Krankheit und Mutterschaft ausschliesslich von den Arbeitgebern finanziert werden. Der Anteil der öffentlichen Beiträge beläuft sich auf 21%, die Hälfte davon sind Bundesgelder. Der steigende Finanzierungsanteil des Bundes stammt in jüngster Zeit nicht mehr aus allgemeinen Steuermitteln. Er widerspiegelt die Einführung des Mehrwertsteuerprozents (1999) und der Spielbankenabgabe (2000) zugunsten der AHV. Die Kantone beteiligen sich mit 7,8% und die Gemeinden mit 2,8% an der Finanzierung der Sozialen Sicherheit.
Weitaus bedeutender als die Beiträge der Kantone und Gemeinden sind die Vermögenserträge: Sie machen nahezu einen Fünftel der Einnahmen aus. Dieser für europäische Verhältnisse ausserordentlich hohe Prozentsatz verweist auf die zentrale Rolle, welche der ausschliesslich im Kapitaldeckungsverfahren finanzierten Beruflichen Vorsorge im schweizerischen System der Sozialen Sicherheit zufällt.
Kontakt:
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Neuerscheinung: Resultate für 1999 - Schätzungen für 2000 -
Entwicklung seit 1990, BFS, Neuchâtel, Bestellnummer: 511-0000,
erscheint im Juli 2002 (frz. Fassung: September 2002)
Weiterführende Informationen finden Sie auf der Homepage des
BFS http://www.statistik.admin.ch