PISA 2000: Kompetenzmessung bei den 15jährigen Lesekompetenz der Jugendlichen: Bildung und Beruf der Eltern entscheidend - viel stärker als in anderen Ländern
(ots)15 Education et science Bildung und Wissenschaft Formazione e scienza Neuchâtel, 23. Juni 2003 N° 0350-0306-30
PISA 2000: Kompetenzmessung bei den 15jährigen
Lesekompetenz der Jugendlichen: Bildung und Beruf der Eltern entscheidend - viel stärker als in anderen Ländern
Die ersten Resultate von PISA 2000 (Programme for International Student Assessment, OECD) haben gezeigt, dass die Lesekompetenzen der Jugendlichen in der Schweiz im internationalen Vergleich mittelmässig sind. Rund 20% der Schülerinnen und Schüler bekunden am Ende der obligatorischen Schulzeit Mühe, einen ganz einfachen Text zu verstehen und ihn zu interpretieren. Fünf Teams von Forschenden haben die Gründe für schwache Leseleistungen und grosse Leistungsunterschiede untersucht. Als wichtigste Faktoren haben sich die soziale und die kulturelle Herkunft der Jugendlichen herausgestellt. Die Bildungsnähe des Elternhauses und der Berufsstatus der Eltern haben einen entscheidenden Einfluss auf die Lesekompetenzen der Schülerinnen und Schüler. In der Schweiz ist dieser Einfluss besonders hoch. Im Vergleich mit andern Ländern gelingt es den Schulen hierzulande weniger gut, die ungleichen Lernvoraussetzungen der Jugendlichen auszugleichen. Die hier vorgestellten Resultate stammen aus fünf zusätzlichen Berichten, welche die PISA-Steuerungsgruppe im Anschluss an die ersten Resultate von PISA 2000 in Auftrag gegeben hat. In PISA 2000 war das Lesen das Schwerpunktthema zu welchem die umfangreichsten Tests durchgeführt wurden. Dadurch war es möglich, für diesen Bereich detailliertere Analysen vorzunehmen. Der Einfluss der sozialen und kulturellen Herkunft Jugendliche mit guten Ergebnissen im PISA-Test wachsen meist in einem Elternhaus auf, das sich durch Bildungsnähe auszeichnet. Vor allem gut ausgebildete Mütter und Väter ermöglichen eine für den Lernerfolg günstige Umgebung zu Hause. Der Berufsstatus der Eltern hat eine grosse Bedeutung. Kinder, deren Eltern einen Beruf mit hohem sozialen Prestige und guter Entlöhnung ausüben, erreichen vergleichsweise bessere Leseleistungen. Zusammen mit anderen Ländern gehört die Schweiz zu einer Gruppe von OECD-Ländern, bei der die Lesekompetenzen am stärksten vom Berufsstatus der Eltern beeinflusst werden. Im Vergleich mit anderen Ländern gelingt es der Schweiz somit weniger gut, den Einfluss ungleicher Lernvoraussetzungen abzuschwächen. Wenn zum bildungsfernen Hintergrund von Jugendlichen aus tieferen sozialen Schichten noch mangelnde Kenntnisse der Unterrichtssprache und mangelnde Vertrautheit mit der einheimischen Kultur hinzukommen, verschärfen sich die Probleme. Rund die Hälfte der Jugendlichen aus immigrierten Familien hatte erhebliche Schwierigkeiten mit dem PISA-Lesetest. Ihr Leistungsrückstand reduziert sich allerdings mit zunehmender Verweildauer im schweizerischen Bildungssystem. Möglichkeiten zur Verbesserung der Chancengleichheit Der internationale Vergleich zeigt, dass es leichter ist, Chancengleichheit für alle sozialen Schichten zu realisieren, wenn die Kinder früh eingeschult werden. Den Kindern gelingt es dann besser, sich in die Schule zu integrieren und von ihr zu profitieren. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Lesekompetenzen, weil sich das Sprachverständnis der Kinder in den frühen Jahren der Sozialisation entwickelt. Positive Effekte zeigen auch eine auf Integration ausgerichtete Immigrationspolitik sowie die gezielte Förderung des Sprachunterrichts für fremdsprachige Schülerinnen und Schüler. Der Einfluss des Sprachunterrichts Wo der reflexive Umgang mit Texten und die Entwicklung von Lesestrategien und -techniken bewusst geübt werden, zeigen sich höhere Lesekompetenzen. Die Jugendlichen in der Schweiz bekundeten gerade in diesem Bereich Schwierigkeiten, weil sie das kritische Reflektieren von Texten nicht gewohnt sind. Dabei geht es vielfach nicht um Unterschiede in den Lehrplänen, sondern vielmehr um die unterschiedlichen Umsetzungen im Unterricht. Das Studium der Programme in den anderen Ländern zeigt, dass eine systematische Integration des Lesens und der Reflexion in die verschiedenen Fächer möglich ist und dazu beiträgt, die Lesekompetenzen zu verbessern, ohne dass deswegen zusätzliche Sprachlektionen eingeführt werden müssen. Die Auswirkungen der Schulstrukturen und des Schulsystems Im Ländervergleich zeigt sich, dass stark selektive Schulstrukturen keinen eindeutigen Einfluss auf die Leistungshöhe haben. Sie verschärfen jedoch die Abhängigkeit der schulischen Leistungen von sozialen Unterschieden. Für die Schweiz zeigt sich insbesondere, dass sich die Selektionsmuster auf der Sekundarstufe I auf die weiteren Bildungskarrieren auswirken. Die Selektionsentscheidungen werden allerdings nicht alleine auf der Basis der schulischen Leistungen der Jugendlichen gefällt. Andere Faktoren wie der Schultyp, die soziale und kulturelle Herkunft spielen eine bedeutende Rolle. Auf der Systemebene ist zu beobachten, dass Länder, die überdurchschnittliche PISA-Resultate erzielt haben, eine ausgeprägte Reformphase hinter sich haben. Gemeinsame Kernelemente dieser Reformen sind eine erhöhte Schulautonomie, die Förderung einer Evaluationskultur und das Einführen von standardisierten Leistungsmessungen zur Qualitätssicherung auf nationaler Ebene.
Für die Steuerungsgruppe PISA.ch BUNDESAMT FÜR STATISTIK Informationsdienst
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Neuerscheinungen in der Schweiz
PISA 2000: Synthese und Empfehlungen, Ernst Buschor, Heinz Gilomen, Huguette Mc Cluskey, BFS/EDK, Reihe Bildungsmonitoring Schweiz, Neuchâtel, 2003 (Juni).
Thematische Berichte
Lehrplan und Leistungen Thematischer Bericht der Erhebung PISA 2000, Urs Moser und Simone Berweger, BFS/EDK, Reihe Bildungsmonitoring Schweiz, Neuchâtel, 2003 (Juni).
Les compétences en littératie Rapport thématique de lenquête PISA 2000, Anne-Marie Broi, Jean Moreau, Anne Soussi, Martine Wirthner, OFS/CDIP, Série Monitorage de léducation en Suisse, Neuchâtel, 2003 (juin).
Die besten Ausbildungssysteme - Thematischer Bericht der Erhebung PISA 2000, Sabina Larcher Klee und Jürgen Oelkers, BFS/EDK, Reihe Bildungsmonitoring Schweiz, Neuchâtel, 2003 (Juni).
Soziale Integration und Leistungsförderung - Thematischer Bericht der Erhebung PISA 2000, Maja Coradi Vellacott, Judith Hollenweger, Michel Nicolet, Stefan Wolter, BFS/EDK, Reihe Bildungsmonitoring Schweiz, Neuchâtel, 2003 (Juni).
Bildungswunsch und Wirklichkeit - Thematischer Bericht der Erhebung PISA 2000, Thomas Meyer, Barbara Stalder, Monika Matter, BFS/EDK, Reihe Bildungsmonitoring Schweiz, Neuchâtel, 2003 (Juni).
23.06.2003