BFS: Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit 2002
(ots)Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit 2002
Stagnierende Einnahmen für die Soziale Sicherheit
Laut Schätzungen des Bundesamtes für Statistik (BFS) betrugen die nominalen Gesamtausgaben für die Soziale Sicherheit 2002 123,1 Milliarden und die Einnahmen 141,0 Milliarden Franken. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen die Ausgaben um 4,6% zu, während sich die Einnahmen um 0,1% verringerten. Die Differenz von 18 Milliarden Franken zwischen den Ausgaben und den Einnahmen ist grösstenteils auf das in der Beruflichen Vorsorge angewandte Kapitaldeckungsverfahren zurückzuführen und darf somit nicht als Einnahmenüberschuss interpretiert werden. Die Sozialausgabenquote, die in den Jahren 1998-2000 bei rund 27% gelegen hatte, betrug 2001 etwa 27,8% und wird für 2002 auf 28,8% veranschlagt. Das schweizerische System der Sozialen Sicherheit stützt sich vor allem auf die grossen Sozialversicherungen ab, die rund 85% der Sozialleistungen abdecken. Daneben tragen Lohnfortzahlungen, Subventionen und bedarfsabhängige Sozialleistungen zur Sozialen Sicherheit bei. Langfristige Entwicklung der Sozialausgaben Das System der Sozialen Sicherheit wurde in der Schweiz seit dem Zweiten Weltkrieg etappenweise ausgebaut. Hatten sich die Sozialausgaben 1950 erst auf 1,5 Mrd. Franken belaufen, so erreichten sie 1970 rund 11 Mrd., 1990 ca. 63 Mrd. und 2000 etwa 113 Mrd. Franken. Real stiegen sie zwischen 1950 und 2000 von 5,5 auf 93 Mrd. Fr. an (Preise von 1990). Die stärkste Zunahme erfolgte hierbei in den Phasen 1974-76 und 1991-93. Während in den 70er Jahren die AHV und die IV ausgebaut wurden, wurde die Entwicklung in den 90er Jahren durch die Beschäftigungskrise geprägt. Die Sozialausgabenquote erhöhte sich zwischen 1990 und 2000 von 19,3% auf 27,1%. Der Anstieg lässt sich einerseits auf die Schwierigkeiten im Arbeitsmarkt der 90er Jahre und andererseits auf die demographische Alterung, den Aufbau der Beruflichen Vorsorge sowie die Zunahme der Invalidenrenten und die Entwicklungen im Bereich der Krankenversicherung zurückführen. In den Jahren 1998- 2000 brachte der Rückgang der Arbeitslosigkeit eine Entlastung. Überragende Bedeutung der Altersvorsorge Die an Personen und Haushalte bezahlten Sozialleistungen können einzelnen Risiken oder Bedürfnissen zugeordnet werden: Über 43% der Leistungen dienen der Altersvorsorge und weitere 26% der Krankenpflege bzw. Gesundheitsvorsorge. An dritter Stelle rangieren die Sozialleistungen bei Invalidität mit einem Anteil von 13%. Somit werden mehr als vier Fünftel der Sozialleistungen dazu verwendet, um die Risiken Alter, Krankheit und Invalidität abzudecken. Die restlichen Leistungen kommen v.a. den Hinterbliebenen (6,1%), den Familien und Kindern (5,2%) und den Arbeitslosen (3,5%) zugute. Fast die Hälfte der Sozialleistungen sind Renten Mit 68% ist der grösste Teil der für die Soziale Sicherheit bestimmten Geldleistungen nicht an einen Bedarfsnachweis gebunden. Weitere 25% sind Sachleistungen (Subventionen, Personalkosten, Rückvergütungen). Bei den nicht bedarfsabhängigen Geldleistungen stehen die Renten im Vordergrund; ihr Anteil an den Sozialleistungen beträgt 49%. Weniger gross ist die Bedeutung der Kapital- und Barleistungen, Taggelder und Familienzulagen. Bei den nicht bedarfsabhängigen Sachleistungen handelt es sich primär um die kantonale und kommunale Spitalsubventionierung sowie um ambulante und stationäre Leistungen der OKPV. Einen Bedarfsnachweis erfordern bloss 7% der Sozialleistungen. Wichtigste Einnahmenquelle: die Sozialbeiträge 55% der Gesamteinnahmen im Bereich der Sozialen Sicherheit entfallen auf die Beiträge der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Selbständigen; für weitere 9% kommen die Versicherten mit ihren Kopfprämien in der OKPV auf. Der Anteil der Staatsbeiträge liegt bei 22% (Bund 10%, Kantone 9%, Gemeinden 3%).Mit dem zusätzlichen Mehrwertsteuerprozent (1999) und der Spielbankenabgabe (2000) zugunsten der AHV haben die zweckgebundenen Steuern gegenüber den allgemeinen Steuermitteln an Bedeutung gewonnen. Für die Vermögenserträge errechnet sich ein Anteil von 13% (2001: 16%). Dieser hohe Prozentsatz verweist auf die zentrale Rolle, die den primär im Kapitaldeckungsverfahren finanzierten Pensionskassen im schweizerischen System der Sozialen Sicherheit zufällt. Der negative Trend an den Börsen führte auf der Einnahmenseite zu einer Verminderung der Vermögenserträge der Pensionskassen. Der Gesamtbetrag der Einnahmen blieb indessen konstant, weil die Sozial- und Staatsbeiträge wie auch die Krankenkassenprämien weiterhin anstiegen.
BUNDESAMT FÜR STATISTIK Pressestelle
Die Begriffe Soziale Sicherheit und Gesamtrechnung Soziale Sicherheit umfasst sämtliche Massnahmen des Staates und privater Institutionen zur Sicherung der Existenz und insbesondere zum Schutz der Bevölkerung vor sozialen Risiken. Eine Sozialleistung bildet dann und nur dann einen Bestandteil der Sozialen Sicherheit, wenn sie erstens das Kriterium der gesellschaftlichen Solidarität (Umverteilung) erfüllt oder zumindest einem Obligatorium oder einer bindenden sozialen Vereinbarung unterliegt, und wenn sie sich zweitens einem von acht Risiken bzw. Bedürfnissen - Alter, Krankheit/Gesundheitspflege, Invalidität, Überleben Hinterbliebener, Familie/Kinder, Arbeitslosigkeit, Soziale Ausgrenzung, Wohnen - zuweisen lässt.
Die Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit (GRSS) stellt eine kohärente Synthesestatistik dar, die mithilfe einer Vielzahl von statistischen Quellen erstellt wird. Die GRSS informiert über die Höhe der Gesamtausgaben, Sozialleistungen und Einnahmen, besitzt eine funktionale, eine volkswirtschaftliche und eine institutionelle Ebene und dient als Grundlage für den Aufbau eines Systems von Indikatoren. Indem die GRSS in methodischer Hinsicht auf dem von Eurostat entwickelten Europäischen System der integrierten Sozialschutzstatistik (ESSOSS) basiert, erfüllt sie das Kriterium der internationalen Vergleichbarkeit. Über die Methoden und Konzepte, die der GRSS zugrunde liegen, orientiert eine separate Publikation des BFS (Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit: Methoden und Konzepte; Neuenburg 2002).
Die Sozialausgabenquote misst den Anteil der Ausgaben für die Soziale Sicherheit am Bruttoinlandprodukt (BIP). Da die Sozialausgaben keine Teilmenge des BIP darstellen, handelt es sich hierbei um eine unechte Quote.
Im Unterschied zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) fasst die GRSS Subventionen als Sozialleistungen auf und berücksichtigt auch die Freizügigkeitsleistungen und Barauszahlungen der Pensionskassen. Die Bildungsausgaben hingegen stellen gemäss ESSOSS keinen Beitrag zur Sozialen Sicherheit dar. Von der Schweizerischen Sozialversicherungsstatistik (SVS) grenzt sich die GRSS hauptsächlich dadurch ab, dass sie neben den Leistungen der Sozialversicherungen auch noch andere Beiträge zur Sozialen Sicherheit wie die Lohnfortzahlungen bei Krankheit und Mutterschaft, die Subventionierung der Spitäler und die Sozial- und Flüchtlingshilfe einbezieht und ein international vergleichbares Gesamtbild der Finanzen im Bereich der Sozialen Sicherheit entwirft.
Auskunft: Heiner Ritzmann, BFS, Sektion Soziale Sicherheit, Tel.: 032 713 66 63
Neuerscheinung: Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit: Provisorische Resultate für 2002 Historische Entwicklung Internationale Vergleiche, in info:social 10, BFS, Bestellnummer: 299-0401, erscheint im Juli 2004
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