BFS: Übersichtsanalysen Volkszählung 2000
(ots)Übersichtsanalysen Volkszählung 2000
Neue Raum- und Mobilitätsstrukturen in der Schweiz
Die fünf grossen Agglomerationen der Schweiz (Zürich, Basel, Bern, Genf, Lausanne) werden immer dominanter. Die Vernetzung zu schweizerischen Metropolitanräumen, die teilweise auch ins benachbarte Ausland ausgreifen, hat sich fortgesetzt. Gleichzeitig verändern sich die Sozialstrukturen der Städte und das Mobilitätsverhalten. Der Zersiedelungstrend und die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Umland der Zentren wirken sich auf Richtung und Umfang des Pendlerverkehrs aus. Fast 60 Prozent der erwerbstätigen Schweizerinnen und Schweizern arbeiten heute in einer anderen als ihrer Wohngemeinde, und ebenfalls fast 60 Prozent fahren mit dem Auto zur Arbeit. Der öffentliche Verkehr hat mit Ausnahme der Bahn teilweise deutlich Anteile verloren. Dies sind Ergebnisse von Studien, die im Auftrag der Bundesämter für Statistik (BFS) und Raumentwicklung (ARE) durch die Firma INFRAS (Bern) und das Geografische Institut der Universität Lausanne auf der Grundlage der Resultate der Volkszählung 2000 erarbeitet wurden. Wachsende Dominanz der Grossagglomerationen In der Schweiz leben mittlerweile 73 Prozent der Bevölkerung in den städtischen Agglomerationen. Zwischen 1990 und 2000 sind die Grossagglomerationen (Zürich, Basel, Bern, Genf, Lausanne) und ihre Satelliten stärker gewachsen als die übrigen Agglomerationen. Zusammen mit einer weiteren Konzentration der Arbeitsplätze hat die Dominanz der Grossagglomerationen weiter zugenommen. Die Anfang der 1970er Jahre einsetzende Bildung eines Systems von Metropolitanräumen hat sich weiter fortgesetzt. Die Metropolisierung zeigt sich in der zunehmenden Vernetzung benachbarter Agglomerationen und im stetigen Ausgreifen der Grossagglomerationen in ihr Umland (auch ins Ausland). Ein wichtiger Aspekt dieser Entwicklung ist die Verstädterung des ehemals ländlichen Raums (Periurbanisierung) und die fortschreitende Zersiedelung des Landes. Gebaut wurde vor allem dort, wo die Baupreise relativ günstig sind. Dies zeigt sich unter anderem in der seit 1970 zu beobachtenden (und in den 1990er Jahren fortgesetzten) starken Zunahme der Einfamilienhäuser in den Agglomerationsgürteln und angrenzenden ländlichen Gebieten (+ 158% bzw. +155%).
Verstärkung der sozialen und räumlichen Segregation Mit der Ausdehnung der Stadtgebiete der Schweiz nahmen auch die räumlichen Unterschiede und die soziale Segregation zu. Familien aus dem Mittelstand haben sich hauptsächlich in den Verstädterungsgebieten im ehemals ländlichen Raum (periurbane Zonen) niedergelassen, während sich Familien aus den unteren sozialen Schichten näher bei den Zentren, im so genannten suburbanen Gürtel konzentrieren. Die Zentren selber zeigten in den 1990er Jahren Anzeichen einer zunehmenden Segregation. In den zwischen 1950 und 1970 gebauten Stadtquartieren und ihrem Umfeld konzentrieren sich die wirtschaftlich und sozial schwächeren Schichten und die Immigranten aus dem Ausland. Diese haben den Bevölkerungsverlust der Zentren teilweise wettgemacht. In vielen älteren und zentrumsnahen Stadtquartieren hingegen wurde die Wohnsubstanz durch Renovationen, Neubauten und Verkehrsberuhigungsmassnahmen aufgewertet, was zahlungskräftigere soziale Schichten anzog. Wohnen und Arbeiten fallen zunehmend auseinander Im Jahr 2000 arbeiteten nahezu 6 von 10 Erwerbstätigen (58%) in einer anderen als in ihrer Wohngemeinde. Im Vergleich mit den Bewegungen vom Umland in die Zentren gewinnen dabei die Pendlerströme innerhalb der Agglomerationsgürtel (tangentiale Bewegungen um die Zentren herum bzw. vermehrt an den Agglomerationsrändern) besonders in Zürich, Bern und Genf immer mehr an Bedeutung. In den 1990er Jahren hat auch das Pendeln aus dem Zentrum ins Umland hinaus und zwischen den Agglomerationen (vor allem zwischen den Grossagglomerationen und ihren Satellitenagglomerationen) zugenommen. Die Dominanz der Motorfahrzeuge im Pendlerverkehr nimmt zu Der Ausbau der S-Bahnsysteme und die Bahn 2000 sind die Teilantworten des öffentlichen Verkehrs auf die veränderten Raumstrukturen und Mobilitätsbedürfnisse. Der eigentliche Gewinner ist aber der motorisierte Individualverkehr (MIV; Auto und Motorrad), dessen Anteil am Pendlerverkehr weiter steigt. Sein Anteil beträgt mittlerweile 58 Prozent und hat seit 1980 um rund 10% zugelegt. Dazu beigetragen hat insbesondere auch die steigende Erwerbsbeteilung der Frauen. Ihr Anteil am MIV hat überdurchschnittlich zugenommen. Die Bahn ausgenommen, verzeichneten der öffentliche Verkehr und der Langsamverkehr (zu Fuss, Velo) in den 1990er Jahren teilweise deutliche Anteilsverluste. Um ihren Arbeitsplatz zu erreichen, legen die Pendler immer weitere Distanzen zurück der dafür benötigte Zeitaufwand blieb jedoch konstant. Speziell beim motorisierten Individualverkehr haben sich die Durchschnittsgeschwindigkeiten erhöht. Bis zum Jahr 2000 war die Kapazität des schweizerischen Strassennetzes offenbar so ausgestattet, dass im Allgemeinen keine signifikanten Zeitverluste entstanden.
BUNDESAMT FÜR STATISTIK Pressestelle
Auskunft: Auskunftszentrale für die Volkszählung, Tel.: 032 713 61 11 oder 032 713 63 13 Werner Haug, BFS, Abteilung Bevölkerungsstudien und Haushaltssurveys, Tel.: 032 713 66 85 Roman Frick, INFRAS Bern, Tel.: 031 370 19 19 Antonio Da Cunha, Universität Lausanne, Institut für Geografie, Tel.: 021 692 30 73 oder 021 692 30 70 Neuerscheinung: Roman Frick et al.: Pendlermobilität in der Schweiz, Neuchâtel: Bundesamt für Statistik, 2004, Bestellnummer: 001-0029. Preis: Fr. 30. Erscheint demnächst: Antonio Da Cunha, Jean-François Both: Metropolen, Städte und Agglomerationen. Soziodemografische Struktur und Dynamik von urbanen Räumen, Neuchâtel: Bundesamt für Statistik.
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