Erkenntnisse aus dem Grossversuch mit Leicht-Elektromobilen in Mendrisio
Bern (ots)
Der Grossversuch mit Leicht-Elektromobilen in Mendrisio ist nach sechsjähriger Projektdauer am 30. Juni 2001 offiziell zu Ende gegangen. Im Rahmen dieses vom Bundesamt für Energie (BFE) initiierten und unterstützten Pilot- und Demonstrationsprojekts sind zahlreiche Begleituntersuchungen durchgeführt worden. Abschliessende Erkenntnisse sind nun in einem Synthesebericht und auf einer CD-ROM erhältlich.
Aus den jüngsten Veröffentlichungen geht hervor, dass der Grossversuch mit Leicht-Elektromobilen (LEM) in Mendrisio die drei Hauptzielsetzungen zum grössten Teil erreicht hat: Der vielfältige und sinnvolle Einsatz von LEM vor allem im Nahverkehr konnte demonstriert und mit einem durchschnittlichen Energieverbrauch von 2,5 Litern Benzinäquivalent (Sekundärenergie) für Personenwagen nachgewiesen werden. Rund 40 Fördermassnahmen sind eingeführt und 27 davon evaluiert worden. Mit der LEM-Vermietung Easy Move liess sich in Zusammenarbeit mit den SBB ein zukunftsorientiertes, umweltfreundliches Mobilitätskonzept verwirklichen.
Quantitatives Ziel erreicht
Insgesamt sind im Rahmen des Grossversuchs 458 LEM als Neufahrzeuge verkauft worden. Von den inzwischen aus dem Verkehr gezogenen 93 Fahrzeugen sind deren 30 nochmals als Occasionsfahrzeug verkauft worden. Somit standen bei Projektende 395 LEM im Verkehr. Mit 34 Prozent stellten die Personenwagen den grössten Teil der Fahrzeuge. Mit 24 respektive 23 Prozent fanden Elektro-Scooter und Elektro-Bikes ein unerwartet grosses Interesse. Der Rest verteilt sich auf Nutzfahrzeuge und Spezialfahrzeuge. Entgegen den Erfahrungen aus Projekten im Ausland überwog die private Kundschaft die Flottenbetreiber deutlich.
Das beim Start im Jahre 1995 gesetzte Ziel von 350 LEM konnte rein zahlenmässig übertroffen werden, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass davon lediglich ein Drittel Personenwagen sind. Die ursprünglich angestrebte Dichte von 8 Prozent LEM am Motorfahrzeugbestand der Gemeinde Mendrisio konnte allerdings nicht erreicht werden, indem ein Teil der Fahrzeuge in andern Tessiner Gemeinden verkehrten. Der Grund hierfür liegt darin, dass auf Antrag des Tessiner Kantonsparlaments ab 1997 Beiträge auch ausserhalb des eigentlichen Versuchsgebietes gewährt worden sind.
Kaum Zusatzverkehr
LEM wurden meistens als zusätzliches Fahrzeug gekauft. Veränderungen der Lebensumstände wie etwa der Wechsel des Arbeitsorts bildeten oft den Anlass zum Kauf. In den Haushalten mit unveränderten Rahmenbedingungen blieb die Anzahl jährlich zurückgelegter Kilometer aller Motorfahrzeuge indessen ungefähr konstant. Dies zeigt, dass die LEM einen Teil der Fahrten übernommen haben, die zuvor mit herkömmlichen Fahrzeugen zurückgelegt worden sind. Deshalb sind die Energie- und Umweltwirkungen des LEM-Einsatzes insgesamt als positiv zu beurteilen. In Bezug auf das Mobilitätsverhalten wird eine abschliessende Aussage jedoch erst in ein bis zwei Jahren möglich sein.
Fördermassnahmen positiv beurteilt
Im Versuch Mendrisio wurden die Fahrzeuge im Durchschnitt zu etwa 50 Prozent subventioniert. Neben den Fahrzeugbeiträgen haben sich vor allem Informationskampagnen, Probefahrten und öffentliche Ladestationen als wirkungsvolle Fördermassnahmen für LEM erwiesen. Falls keine Fahrzeugbeiträge ausgerichtet werden, stehen die vergleichsweise hohen Fahrzeugpreise (in der Höhe von etwa Fr. 40'000.- inkl. Batteriekosten von rund Fr. 15'000.- für einen Kleinwagen) einer wesentlichen Nachfragesteigerung im Wege. Wie die Erfahrungen in Mendrisio zeigen, könnten mit der Batteriemiete die Anschaffungskosten vor allem für vierrädrige LEM deutlich gesenkt und die Nachfrage dadurch spürbar erhöht werden.
Viele dieser Erkenntnisse haben die ergänzenden Projekte in den Partnergemeinden Muttenz, Riehen, Wil, Wohlen, Sion und Ittigen bestätigt. Die wichtigsten Ergebnisse aus Mendrisio lassen sich folglich auf andere Regionen der Schweiz und sinngemäss auch auf andere neue Fahrzeugtechnologien übertragen.
Die Akzeptanz für Fördermassnahmen ist in der Bevölkerung nach wie vor hoch, wie eine repräsentative Umfrage in der ganzen Schweiz im letzten Frühling gezeigt hat: 81 Prozent der Befragten erachteten es als grundsätzlich sinnvoll, dass LEM mit speziellen Massnahmen gefördert werden.
Wirtschaftliche Impulse
Mit 13 Millionen Franken an öffentlichen Geldern liess sich der Kostenrahmen einhalten, der für den Grossversuch in Mendrisio budgetiert war. Davon hat das BFE 53 Prozent getragen. In diesen Kosten nicht enthalten sind 4,4 Millionen Franken, welche die Käufer und Käuferinnen für die Anschaffung ihrer LEM bezahlt haben. Ausgenommen sind auch die Kosten für die Begleituntersuchungen und für die Partnerschaftsprojekte.
Diesen Ausgaben stehen die Impulse gegenüber, die der Grossversuch vor allem der Schweizer Zuliefererindustrie im Automobilbereich gegeben hat. Zudem hat die Gemeinde Mendrisio einen Imagegewinn verbuchen können. Der Versuch bildete für die Branche und für zahlreiche Interessierte eine hervorragende Ausbildungsplattform und erfreute sich einer starken internationalen Ausstrahlung.
Mit 21 Millionen Franken liegen die Kosten für das gesamte Projekt (inkl. Partnergemeinden) deutlich unter dem Budget.
Synthesebericht und CD-ROM
Diese und weitere Resultate hat die Forschungskommission, die den Grossversuch begleitet hat, in einem Synthesebericht zusammengefasst. Gleichzeitig erscheint eine CD-ROM, auf welcher 30 der wichtigsten Berichte aus den Begleituntersuchungen enthalten sind. Die Kurzfassungen dieser Berichte sind in Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch vorhanden.
Beide Publikationen werden anlässlich des 8. ExpoVEL veröffentlicht, das vom 11. bis 14. Oktober 2001 in Mendrisio stattfindet und gleichzeitig den offiziellen Start des Nachfolgeprojektes VEL 2 darstellt. VEL 2 schliesst lückenlos an den Grossversuch an und fördert energieeffiziente Fahrzeuge im ganzen Kanton Tessin. Das Projekt soll vier Jahre dauern und die Brücke schlagen zu VEL3, das ab 2005 einen selbsttragenden Betrieb auf der Basis eines kantonalen Bonus-Malus-Systems vorsieht. Das BFE wird sich auch an VEL 2 beteiligen, jedoch anstelle von Fahrzeugbeiträgen allgemeine Aufgaben wie Information, Marketing und Infrastruktur unterstützen.
Kontakt:
Martin Pulfer, Leiter Technologiebereich Verkehr, BFE,
Tel. +41 31 322 49 06
UVEK Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation
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