Liechtenstein klagt beim IGH gegen Deutschland
Vaduz (ots)
Bisherige Etappen bis zur Einreichung der Klage Liechtensteins gegen Deutschland vor dem IGH in Den Haag
Liechtenstein hat beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag am 1. Juni 2001 Klage wegen Verletzung von Souveränitätsrechten gegen Deutschland eingereicht. Hintergrund der Klage ist die Behandlung liechtensteinischen Vermögens auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei durch die Bundesrepublik. Es wir nach einer Entscheidung des Deutschen Bundesverfassungsgerichtshofs im Jahre 1998 als deutsches Auslandsvermögen behandelt, das zur Begleichung deutscher Kriegsschulden herangezogen werden kann. Deutschland weigert sich bislang, Liechtenstein hierfür zu entschädigen. Der IGH als überstaatliche Gerichtsinstanz der Vereinten Nationen soll nun feststellen, dass Deutschland die Rechte Liechtensteins als souveräner Staat missachtet und Eigentumsrechte liechtensteinischer Staatsbürger verletzt.
Der Einreichung der Klage beim IGH am 1. Juni 2001 gingen folgende Etappen voraus:
1. Gerichtsverfahren des Landesfürsten gegen die Stadt Köln in Deutschland
1995-1998: Als ein Kunstgegenstand ("Kalkofen-Bild") aus der seinerzeit von tschechoslowakischen Behörden konfiszierten Sammlung des Fürsten von Liechtenstein auf einer Ausstellung in Deutschland wiederentdeckt wurde, erwirkte der Fürst von Liechtenstein als Eigentümer des Bildes eine Beschlagnahme des Bildes gegenüber der Stadt Köln. In dem anschliessenden Hauptsacheverfahren gegen die Stadt Köln und die Tschechische Republik als deren Streithelferin über den materiellrechtlichen Eigentumsanspruch des Fürsten von Liechtenstein haben die deutschen Gerichte dem Fürsten den Rechtsschutz verweigert und die deutschen Gerichte für derartige Entscheidungen als nicht zuständig erklärt (Urteil des Landgerichts Köln vom 10. Oktober 1995, Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Juli 1996 und Beschluss des deutschen Bundesgerichtshofs vom 25. September 1997).
28. Januar 1998: Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtshof, wonach eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen wurde
2. Bilaterale Konsultationen zwischen Liechtenstein und Deutschland
10. Juli 1998: Bilaterale Konsultationen auf Beamten- und Expertenebene zwischen Liechtenstein und Deutschland in Bonn
14. Juni 1999: Bilaterale Konsultationen auf Beamten- und Expertenebene zwischen Liechtenstein und Deutschland in Vaduz
Die Bundesregierung vertrat in den bilateralen Konsultationen den Standpunkt, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtshofs vom 28. Januar 1998 bindendes Recht sei und sie den von der liechtensteinischen Regierung vertretenen Standpunkt nicht übernehmen könne.
20. Januar 2000: Der deutsche Aussenminister Joschka Fischer teilt Regierungsrätin Dr. Andrea Willi auf deren Ansuchen vom 9. Dezember 1999 um die Aufnahme von Gesprächen auf Ministerebene mit, dass die Bundesregierung die von Liechtenstein vertretene Rechtsauffassung nicht teile. Es kam damit zu keinen Verhandlungen auf Ministerebene.
3. Beschlüsse der Regierung bis zur Einreichung der Klage
23. Januar 2001: Die liechtensteinische Regierung beschliesst grundsätzlich die Einreichung der Klage beim IGH und beauftragt das Ressort Aeusseres, die Klageschrift vorzubereiten, die Ernennungen und Mandate in Vorschlag zu bringen sowie zu gegebener Zeit die finanziellen Auswirkungen des Verfahrens darzustellen.
6. März 2001: Die liechtensteinische Regierung beschliesst das Mandat für die Einreichung der Klage vor dem IGH, ernennt den Prozessbevollmächtigten, die Counsels, den ad hoc-Richter beim IGH sowie den Rechtsberater der Regierung und genehmigt der Text der Klageschrift ("application").
29. Mai 2001: Die liechtensteinische Regierung ernennt Dr. Alexander Goepfert, Prozessanwalt der Regierung, "Agent", gemäss Prozessordnung des IGH zum "Sonderbeauftragten und Verfahrensbevollmächtigten" im Rang eines Botschafters.
1. Juni 2001: Die Klageschrift wird beim IGH in Den Haag eingereicht.
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