Vor dem Untergang bewahrt
Vaduz (ots)
Das Wohnmuseum Haus Biedermann in Schellenberg öffnet seine Türen am Europa-Tag des Denkmals.
Das Holzwohnhaus, das in seinen Anfängen in die Zeit des frühen 16. Jahrhunderts zurückreicht und in der Folgezeit mannigfache Umbauten und Erweiterungen erfahren hatte, wurde in den Jahren 1992/93 an seinen jetzigen Standort versetzt und ist seither als bäuerliches Wohnmuseum öffentlich zugänglich.
Das Haus ist 1518 erbaut und in Blockbauweise erstellt worden, einer Konstruktion, wie sie hierzulande als die traditionelle Bauweise gilt, jedoch erst um 1500 den von römischen Bauleuten im 1. Jh. n. Chr. hergebrachten Ständerbau ablöst. Ständerbauten sind auf Schwellenkränzen ruhende Rahmenkonstruktionen mit ausgefachten Wandflächen und gelten als Vorläufer unserer Riegelbauten. Blockbauten sind als eigenständiger "Block" erstellt und benötigen als Fundament ein Sockelmäuerchen, aber keinen Schwellenkranz. Wie das Biedermannhaus als Blockbau auf einem Schwellenkranz aufliegt, zeigt den Uebergang in der Entwicklung vom Ständerbau zum Blockbau und einen unschlüssigen oder übereifrigen Zimmermeister.
Ländliche Wohnbauten sind hierzulande seit dem ausgehenden Mittelalter erhalten und bekannt, haben aber meist mit der Zeit gehend eine Entwicklung erfahren, sind umgebaut und erweitert, Holzwände oft verkleidet oder gar durch tragfähigeres und feuerhemmendes Mauerwerk ersetzt worden. Ihre Geschichte geben sie nur bruchstückweise preis und oft nur zeitweilig anlässlich von Baumassnahmen, lediglich vom Fachmann erkannt. Das Biedermannhaus zeigt dank beibehaltener Holzbauweise ungeniert seine Struktur samt Aenderungen und Anpassungen der Bedürfnisse seiner Bewohner mit der fortschreitenden Zeit. Seine dank minimalster Wandverkleidungen offenliegende, besonders vielfältige Geschichte vermag viele Besucher verschiedenster Interessen anzusprechen. - Es ist für jedermann begreifbares und erlebbares, volkseigenes Kulturgut.
Das Haus mit seiner klaren Einteilung und der ablesbaren Architektur sowie der sparsamen Ausstattung soll als Wohnmuseum dem interessierten Besucher heute einen Einblick in das kleinbäuerliche Leben, Wohnen und Arbeiten unserer Vorfahren um die Jahrhundertwende (ca. 1890 bis 1930) vermitteln. Die Museumsobjekte, Alltags- und Gebrauchsgegenstände früherer Zeiten, leben in direktem Bezug zur Architektur ihrer angestammten Räume. Architektur und Ausstattung verschmelzen zu einem Ganzen, im Gegensatz zu einer nur additiven Objektschau und -ausstellung. Dem Besucher wird ein Bild vom einfachen, bescheidenen Leben unserer Grosseltern und Urgrosseltern, die in bewundernswerter Weise schwere und harte Zeiten gemeistert haben, vermittelt. Der rasche Verlust an bäuerlichem Kulturgut in den letzten Jahrzehnten lässt es zudem geboten sein, ein Stück davon in dieser Art und Weise zu erhalten.
Am 22. September, dem Europa-Tag des Denkmals in Liechtenstein, ist das Haus Biedermann von 13.00 bis 18.00 Uhr geöffnet und bietet einen Einblick in die Wohnräume vergangener Tage. Im Wohnmuseum werden die Besucher von Frau Rosemarie Biedermann empfangen. Der Europa-Tag des Denkmals wird von der Abteilung Denkmalpflege und Archäologie des Hochbauamtes organisiert.
Chronologie
1518 Bau des Hauses als klassischer zweigeschossiger Kantholz-Blockbau in Nadelholz. Das Wohnhaus wird als Fahrhabe verschiedentlich abgebaut und neu erstellt.
1687 Der ursprüngliche Blockbau wird wiederum abgebaut, neu errichtet und mit neuem Dachstuhl versehen.
1793/94 Neuaufbau auf gemauertem Kellergeschoss, diverse Um- und Anbauten. In Stube Einbau von grosser Eckbank und Buffet.
1832 Einbau eines zweigeschossigen Mittelstuds an der Nordwestfassade sowie zweier Wandständer, Laube erneuert.
1837 Einbau Sandsteinofen mit Initialen JB und KK für Johann Biedermann und Kreszentia Kieber. Mutmasslicher Einbau der gestemmten Wandtäfer in den Stuben und Kammern.
1923 Treppenhauseinbau sowie vollständige Erneuerung der Herd-, Ofen- und Kaminanlage.
1992/93 Translozierung des Hauses. Seither bäuerliches Wohnmuseum.
EUROPA-TAG DES DENKMALS IM FUERSTENTUM LIECHTENSTEIN Wohnen im Baudenkmal Samstag, 22. September 2001
PROGRAMM
Vaduz: Arbeiterwohnhaus in der Arbeitersiedlung Mühleholz, Im Mühleholz 39
Besichtigung von Arbeiterwohnhäusern und der Speicherbecken des Wasserkraftwerkes
Oeffnungszeiten: 14.00 - 17.00 Uhr Führungen: Stündlich (Monika Michels) Postauto: Linie 1, Haltestelle Mühleholz
Vaduz: Haus Sele, Kasperigasse 2 Führung durch das 600 Jahre alte Haus
Oeffnungszeiten: 10.00 - 12.00 Uhr Führungen: Stündlich (Hansjörg Frommelt) Postauto: Linie 1, Haltestelle Quäderle
Triesen: Haus Banzer, Lindengasse 3 Einblick in das kürzlich sanierte Wohnhaus
Oeffnungszeiten: 14.00 - 17.00 Uhr Führungen: Stündlich (Peter Albertin) Postauto: Linie 1, Haltestelle Adler oder Linie 40-41, Haltestelle Langgasse
Mauren: Haus Matt, Kirchabot 80 Baugeschichte und bevorstehende Renovierung
Oeffnungszeiten: 10.00 - 12.00 Uhr Führungen: Stündlich (Peter Albertin und David Eggenberger) Postauto: Linie 70/ 72 oder 60, Haltestelle Post
Schellenberg Wohnmuseum Haus Biedermann, Im Dorf 12 Bäuerliche Wohnkultur mit liechtensteinischen Spezialitäten
Oeffnungszeiten: 13.00 - 18.00 Uhr Führungen: Bei Bedarf (Rosemarie Biedermann) Postauto: Linie 50-52 oder 60, Haltestelle Post
Information: Hochbauamt/ Denkmalpflege, Tel. Nr. 00423/ 236 62 62, E-Mail: denkmalpflege@hba.llv.li
Hinweis: Das Parkplatzangebot ist beschränkt. Bitte nutzen Sie die öffentlichenVerkehrsmittel.
Am 22. September 2001 können die Postautos der Liechtenstein Bus Anstalt kostenlos in
Anspruch genommen werden.
Kontakt:
Presse- und Informationsamt des Fürstentums Liechtenstein (pafl),
Tel. +423/236 67 22, Fax +423/236 64 60.
Nr. 439