Liechtenstein und die Europäische Integration
Vaduz (ots)
«Die Kleinstaaten und die europäische Integration» lautete das Thema einer von der französischen Europa- Bewegung am 29. November im Pariser Europa-Haus veranstalteten Konferenz, zu der Vertreter Liechtensteins, Andorras und Monakos eingeladen worden waren.
Botschafter Josef Wolf nahm für Liechtenstein an der Konferenz teil und unterstrich in seinem Vortrag die Rolle der Kleinstaaten bei der europäischen Integration. Er erinnerte daran, dass z.B. die kleinen Benelux-Staaten schon in den Vierziger Jahren eine entscheidende Rolle bei der Ausprägung der heutigen europäischen Organisationen gespielt haben. Er unterstrich, dass es keinen Unterschied zwischen Gross und Klein gebe, wenn es etwa um die Definition einer allen gemeinsamen europäischen Identität oder die Verteidigung der gemeinsamen Werte Europas (Menschenrechte, Rechtsstaat, Demokratie) gehe. Im übrigen komme es nicht nur auf die Bevölkerungszahl, sondern auch auf das wirtschaftliche und geistige Potential eines Landes an.
Josef Wolf erläuterte an Hand der Geschichte Liechtensteins, das einmal Teil des Heiligen Römischen Reiches und während längerer Zeit auch sehr eng mit Österreich-Ungarn verbunden war, dass Liechtenstein stets für Europa aufgeschlossener als die Schweiz gewesen sei, was sich auch bei den beiden Volksabstimmungen über den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum gezeigt habe. Er erwähnte auch beiläufig, dass zwei liechtensteinische Fürsten, Fürst Joseph Wenzel als Österreichischer Botschafter in Paris im 18. Jahrhundert und Fürst Johann I. als österreichischer Heerführer und Gegenspieler, aber auch zugleich als Freund Napoleons im 19. Jahrhundert, eine wichtige Rolle in den Beziehungen zu Frankreich gespielt hätten.
Durch den Beitritt zum Europarat 1978 und insbesondere auch durch
die seither schon zum zweiten Mal erfolgte Übernahme des Vorsitzes im Ministerkomitee habe Liechtenstein bewiesen, dass ein Kleinstaat sehr wohl seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen könne, was in den Zwanziger Jahren beim Gesuch um Aufnahme in den Völkerbund bezweifelt worden sei.
Botschafter Wolf betonte, dass Liechtenstein sich durch den Beitritt zum Europarat erspart habe, in sämtlichen europäischen Staaten durch Botschafter vertreten zu sein, weil der Europarat ein ideales Forum nicht nur für mehrseitige, sondern auch für zweiseitige Kontakte bilde und seine über 175 Konventionen den Abschluss von Hunderten von bilateralen Abkommen überflüssig gemacht habe.
Josef Wolf unterstrich, dass Liechtenstein gerade auch in der Zeit seines Vorsitzes die demokratische Entwicklung in Ost- und Südosteuropa, z.B. im Kaukasus, in der Ukraine und im einstigen Jugoslawien, durch beträchtliche freiwillige Beiträge gefördert habe.
Zum Thema Finanzplatz Liechtenstein befragt, stellte Wolf klar, dass Liechtenstein seinerzeit im Rahmen der OECD zu Unrecht verdächtigt worden sei, dunkle Geldgeschäfte zu erleichtern, die diesbezüglichen Vermutungen aber inzwischen als unbegründet befunden und die Dinge richtig gestellt worden seien. Strenge Massnahmen seien in letzter Zeit gegen Geldwäsche unternommen worden. So sei z.B. das mit Wirtschaftskriminalität befasste Personal der Staatsanwaltschaft aufgestockt worden und innerhalb der Polizei sei eine Sondereinheit zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität eingerichtet worden. Ausserdem habe die Regierung eine Stelle für Finanzermittlungen (Financial Intelligence Unit) geschaffen, die mit den entsprechenden Stellen der anderen Länder zusammenarbeite. Liechtenstein beteilige sich somit aktiv an den Bemühungen aller Europaratsländer, die Finanzquellen des internationalen Terrorismus auszutrocknen.
Abschliessend wies Wolf auf zwei in Europa zu beobachtende gegensätzliche Tendenzen hin: einerseits die in der EU zum Ausdruck kommenden Tendenz zu grösseren Zusammenschlüssen, andererseits die Tendenz zum Kleinen, zur Regionalisierung. Europa brauche beides, die kleine sowie die grosse Dimension. Liechtenstein habe schon weitgehend EU-Vorschriften übernommen und werde sich wohl noch weiter in Richtung Europa öffnen, doch sei der Beitritt zur EU für das Land wohl noch eine Nummer zu gross.
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