Niederlassung von Rechtsanwälten im EWR: Verabschiedung des Berichts und Antrages zur Umsetzung der Richtlinie 98/5/EG
Vaduz (ots)
Die Regierung hat in ihrer Sitzung vom 20. August 2002 den Bericht und Antrag zur Umsetzung der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, zuhanden des Landtages verabschiedet. Die Regierungsvorlagen beschäftigen sich einerseits mit der Umsetzung der Richtlinie, die zur weiteren Harmonisierung des Rechtsanwaltsberufes in Europa beiträgt, und andererseits mit Begleitmassnahmen zwecks Sicherung des hohen Qualitätsstandards für in Liechtenstein tätige Rechtsanwälte und Treuhänder. Der Landtag wird sich mit den entsprechenden Gesetzesvorlagen in seiner September-Sitzung in 1. Lesung auseinandersetzen. Diese so genannte «Niederlassungsrichtlinie» wird im Laufe des Jahres in den EWR- Acquis aufgenommen werden und für Liechtenstein zu Beginn des Jahres 2003 in Kraft treten.
Die Richtlinie beschäftigt sich mit der Harmonisierung des Rechtsanwaltsberufes in Europa und sieht gegenüber den bisherigen Niederlassungsmöglichkeiten für Rechtsanwälte durch Absolvierung der liechtensteinischen Rechtsanwalts- oder Eignungsprüfung im Wesentlichen neu vor, dass sich EU- bzw. EWR-Rechtsanwälte unter der Berufsbezeichnung ihres Herkunftsstaates (z.B. advocat) oder mit einem entsprechenden Nationalitätszusatz (z.B. Rechtsanwalt D) ohne Absolvierung einer weiteren Prüfung jederzeit beruflich niederlassen und prinzipiell alle Tätigkeiten wahrnehmen können, welche auch den Rechtsanwälten des betreffenden Aufnahmestaates gestattet sind. Nach einer dreijährigen effektiven und regelmässigen Tätigkeit und dem entsprechenden Nachweis, der durch einen Integrationsausschuss geprüft wird, wird der betreffende Rechtsanwalt alsdann in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte eingetragen und kann von diesem Zeitpunkt an die Tätigkeiten unter der Berufsbezeichnung «Rechtsanwalt» ausüben.
Im Hinblick auf die Umsetzung der Richtlinie wurde von der Regierung bereits im Jahre 1999 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in welcher Vertreterinnen und Vertreter der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer, der liechtensteinischen Treuhändervereinigung und der liechtensteinischen Wirtschaftsprüfervereinigung sowie Vertreterinnen und Vertreter der Behörden mitwirkten. Der nunmehr vorliegende Bericht und Antrag beruht auf den Ergebnissen der intensiven Vorarbeiten der Arbeitsgruppe sowie auf den Ergebnissen der Vernehmlassung.
Die Niederlassungsrichtlinie führt zu einer weiteren Öffnung hinsichtlich der Mobilität von Rechtsanwälten in EU/EWR-Raum. Die Regierung führt in ihrem Bericht dazu aus, dass unter Berücksichtigung der hohen Qualitätsanforderungen, die in Liechtenstein zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufes vorausgesetzt werden, hingegen der zum Teil sehr unterschiedlichen Ausbildungserfordernisse, die in Europa für den Zugang zum Rechtsanwaltsberuf erfüllt sein müssen, der Bericht und Antrag neben der rein technischen Umsetzung der Richtlinie diverse Begleitmassnahmen vorsehe. «Mit den Begleitmassnahmen soll der derzeitige Qualitätsstandard sichergestellt und einer mit der blossen Umsetzung der Richtlinie zu befürchtenden Übernutzung des Finanzdienstleistungsplatzes Liechtenstein möglichst vorgebeugt werden», so der Regierungschef. Es sei insbesondere unter Berücksichtigung der Ereignisse um den Finanzplatz seit 1999 und der internationalen Entwicklungen von noch verstärkter Bedeutung für den Finanzplatz, die Qualität der Dienstleistungen und deren Kontrolle zu sichern.
Der Kernpunkt der Vorlage liegt laut Bericht und Antrag in einer konsequenten Trennung der Berufsbilder des Rechtsanwaltes und des Treuhänders, so dass in Zukunft der Zugang zum Treuhänderberuf nur noch über die entsprechenden Voraussetzungen gemäss Treuhändergesetz möglich sein soll. Damit soll es grundsätzlich nicht mehr möglich sein, dass ein Rechtsanwalt auch treuhänderische Tätigkeiten wahrnehmen kann. Abgesehen von umfassenden Übergangsbestimmungen, welche der heutigen Rechtslage gerecht werden, sollen Personen, die die Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte erfüllen, sei dies durch Absolvierung der liechtensteinischen Rechtsanwalts- oder Eignungsprüfung oder durch den Nachweis der dreijährigen effektiven und regelmässigen Tätigkeit, unter Beachtung der sonstigen Voraussetzungen, den Zugang zum Treuhänderberuf durch Ablegung einer erleichterten Treuhänderprüfung erlangen können. Ferner wird mit der Vorlage der Regierung vorgeschlagen, dass Personen, die die Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte erfüllen, eine Bewilligung nach dem Treuhändergesetz beantragen können, welche sie zur Wahrnehmung derjenigen Tätigkeiten nach dem Treuhändergesetz berechtigt, die nach geltender Rechtslage von Rechtsanwälten ausgeübt werden dürfen.
Mit dieser Lösung ist gewährleistet, dass zukünftig treuhänderische Tätigkeiten nur noch auf der Basis einer Bewilligung nach dem Treuhändergesetz ausgeübt werden dürfen und für alle Rechtsanwälte hierfür die gleichen Qualitätsanforderungen im Sinne der neuen Richtlinie gelten, nämlich die Erfüllung der Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte plus Ablegung der erleichterten Treuhänderprüfung für den vollen Zugang zum Treuhänderberuf oder einer allfälligen Zusatzprüfung zur Erlangung einer Bewilligung, die im Wesentlichen zur treuhänderischen Gründung und Verwaltung von Verbandspersonen und Treuhänderschaften berechtigen wird.
Dementsprechend wird von der Vorlage auch Art. 180a PGR erfasst, der die Voraussetzung für die Wahrnehmung sogenannte qualifizierter Verwaltungsmandate regelt. Nach Inkrafttreten des neuen Rechts soll diese Tätigkeit selbständig nur noch von Personen wahrgenommen werden können, die über eine Bewilligung gemäss Treuhändergesetz verfügen. Unselbständig Erwerbende sollen dies im Lichte der allgemeinen Qualitätssteigerung nur noch dann tun können, wenn sie über einen Ausbildungsnachweis für die Zulassung zur Treuhänderprüfung und über mindestens ein Jahr einschlägiger Berufspraxis bei einem zur Treuhändertätigkeit konzessionierten Arbeitsgeber verfügen. Auch hier sind umfassende Übergangsbestimmungen vorgesehen.
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