Jobsharing in Schule und Kindergarten - eine Chance für alle Beteiligten
Vaduz (ots)
Eine Evaluation der letztjährigen Stellenteilungen im Schulbereich hält Erfahrungen aller Beteiligten fest.
Jobsharing im Schulbereich ist eine Form der Teilzeitarbeit, die in letzter Zeit rund um das neue Lehrerdienstgesetz wieder vermehrt diskutiert wird. Zwei Personen tragen die Verantwortung für eine Stelle und sind anderen Herausforderungen und Aufgaben ausgesetzt als eine Person mit einer 100 Prozent-Stelle. Die Stellenteilung birgt etliche Chancen für alle Beteiligten, doch um diese Chancen auch zu nutzen, braucht es sorgfältige Planung und Organisation.
Gerade im pädagogischen Berufsfeld sind die Arbeitsformen sehr vielfältig. Das Jobsharing ist aufgrund seiner schulgesetzlichen Inexistenz in Liechtenstein noch selten. Auf der Kindergartenstufe gab es im Schuljahr 2001/2002 von 58 Kindergartengruppen 11 Stellenteilungen, darunter zwei mit Anteilen unter 20 Prozent. Im Primarschulbereich werden im selben Schuljahr von 133 Klassen zwei im Jobsharing geleitet. Ein Jobsharing im Schulbereich heisst, dass eine Kindergartengruppe oder eine Primarschulklasse von zwei Kindergärtnerinnen/Lehrpersonen geführt wird. Alle Arbeiten einer Kindergärtnerin oder Klassenlehrperson werden also von zwei Personen in sinnvoller Aufteilung und mit entsprechend geteilter Verantwortung ausgeführt.
Mit dem auf Anfang des nächsten Schuljahres wahrscheinlich in Kraft tretenden neuen Lehrerdienstgesetz bereitet sich der Boden vor für mehr Stellenteilungen, als das bisher der Fall war. Das neue Lehrerdienstgesetz verbessert den Status der Teilzeitlehrkräfte und schafft eine gesetzliche Grundlage für ein Jobsharing im Kindergarten und in den öffentlichen Schulen. Die neue Situation betrachtet Teilzeitlehrkräfte den Hauptlehrpersonen als gleich gestellt. Das heisst für die Teilzeitlehrkräfte einerseits sicherere und längerfristige Anstellungsbedingungen, andererseits übernehmen sie dieselben Pflichten wie Hauptlehrpersonen in der Teamarbeit und in der pädagogischen Verantwortung.
In der Evaluation wurden die stellenteilenden Lehrpersonen und Kindergärtnerinnen sowie die Gemeindeschulratsvorsitzenden interviewt und die Eltern durch einen Fragebogen in die Evaluation einbezogen. Die Schlussfolgerungen aus dieser Evaluation sollen in einen Leitfaden münden, der die Resultate auf die wesentlichen Punkte zusammenführt und allen Beteiligten als Handbuch für ein sorgfältig geplantes und organisiertes Jobsharing dienen soll.
Folgende Schlussfolgerungen können aus den Ergebnissen zusammenfassend abgeleitet werden:
...aus der Sicht der Gemeindeschulratsvorsitzenden (GSR)...
* Jobsharing ist geteilte Verantwortung, beide Stellenteilenden haben Rechte und Pflichten. Jobsharing basiert auf intensiver Zusammenarbeit und Organisation. * Jobsharing ist ein Mehraufwand für alle Beteiligten, ohne dass dabei finanzielle Zusatzkosten entstehen sollten, d.h. zusätzlicher Zeitaufwand wird nicht entlöhnt. * Jobsharing wird sehr selten von der Gemeinde/den Behörden angeboten. * In einer Gemeinde/in einer Schule sollen aus der Sicht der Gemeinden nicht zu viele Jobsharing-Stellen sein, die Grenze liegt bei ca. einem Viertel der Stellen. * Jobsharing bedeutet in der Regel eine 50/50-Aufteilung. Neue Kindergärtnerinnen bleiben oft nicht lange im Jobsharing, die Suche nach einer Stellenergänzung gestaltet sich schwierig. * Die intensive pädagogische Zusammenarbeit setzt voraus, dass die beiden Stellenteilenden in vielerlei Hinsicht übereinstimmend handeln müssen. Ein Einbezug in die Vorstellungsgespräche bei Neubesetzungen ist daher unerlässlich. * Die Stellenteilungen funktionieren aus Sicht der GSR gut und können als Chance gesehen werden.
...aus der Sicht der Lehrpersonen und Kindergärtnerinnen...
* Jobsharing heisst, sich auf der gleichen pädagogischen Ebene zu bewegen, eine Einheit in der Verschiedenheit darzustellen und die Fähigkeiten einer jeden einzubringen, Jobsharing ist eine Chance, ein Lernfeld, ein Reservoir der Kreativität. * Jobsharing ist für die Kinder kaum spürbar, ist normal und entspricht dem elterlichem «Teamteaching». * Ein Jobsharing entlastet vor allem in schwierigen Situationen und in der Beurteilungsphase (Einschulung, Übertritt, Elterngespräche). * Es gibt ganz unterschiedliche Modelle der Wochenaufteilung, die alle ihre Berechtigung für die Stellenteilenden haben, sofern sie den Kindern pädagogisch harmonische Stundenpläne und Übersichtlichkeit gewährleisten. * Trotz Mehraufwand schätzen Kinder und Stellenteilende gemeinsame Anlässe (Ausflüge und Projekte) und eine teilweise gemeinsame Präsenz im Klassenzimmer/im Kindergarten (vor allem in der Anfangsphase). Diese zusätzliche Anwesenheit von beiden Stellenteilenden wird nicht entlöhnt. * Jobsharing bedeutet auch die gemeinsame Verantwortung für die Infrastruktur und gemeinsame Einrichtung der Räumlichkeiten, damit beide Stellenteilenden sich optimal zurechtfinden. * Jobsharing heisst in der Regel eine Aufteilung zu gleichen Teilen. Die Zusammenarbeit gestaltet sich unterschiedlich intensiv. * Einige Stellenteilende stellen sich die Frage, wie anerkannt ihre Arbeitsform und ihre Arbeit überhaupt im Team, in der Öffentlichkeit und in den gesetzlichen Grundlagen ist.
...aus der Sicht der Eltern...
* Viele Eltern erkennen im Jobsharing nur Vorteile und sprechen den stellenteilenden Lehrpersonen ein grosses Lob aus. Nachteile sehen sie nur dann, wenn sich die beiden Stellenteilenden nicht gut verstehen. Ein wichtiger Vorteil des Jobsharing für die Eltern liegt in der Beurteilung: Vier Augen sehen mehr als zwei. Auch anerkennen die Eltern, dass im Jobsharing mehr Ideenaustausch und mehr Organisationsaufwand geleistet wird. Davon können die Kinder profitieren. Der Unterricht wird abwechslungsreicher gestaltet. Viele Eltern sehen es als Vorteil, wenn sich die Kinder auch schon im Kindergarten auf zwei Bezugspersonen einstellen dürfen.
Jobsharing ist eine Chance für Kinder, Eltern und Lehrpersonen bzw. Kindergärtnerinnen, wenn die berufliche und persönliche Beziehung der Stellenteilenden stimmt und das Jobsharing für alle Beteiligten sorgfältig eingeführt und organisiert wird.
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Ressort: Bildungswesen/Regierungschef-Stellvertreterin Rita
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Nr. 663