pafl: Opferschutz im Strafverfahren
(ots)Regierung verabschiedet Vorlage zur Abänderung der Strafprozessordnung
Die Regierung hat in ihrer Sitzung vom 9. März 2004 den Bericht und Antrag für eine Abänderung der Strafprozessordnung (StPO) im Bereich Opferschutz zu Handen des Landtags verabschiedet. Ziel dieser Teilrevision ist die Verbesserung der Rechtsstellung der Opfer im Strafverfahren; insbesondere sollen die Interessen von jugendlichen Opfern und Opfern von Sexualdelikten stärkere Berücksichtigung finden. Inhaltlich orientieren sich die vorgeschlagenen Änderungen am österreichischen Strafverfahrensrecht.
Opfer von Straftaten sind häufig durch die an ihnen begangenen Delikte traumatisiert und daher besonders verletzlich. Im nachfolgenden Gerichtsverfahren kommt ihnen dann als Zeugen bzw. Zeuginnen eine wichtige Aufgabe im Interesse der Strafverfolgung zu. Es besteht die Gefahr, dass sie dabei neuerlich traumatisiert werden. Zwar kann man leider die bedauerliche Erfahrung, Opfer einer Straftat geworden zu sein, nicht ungeschehen machen. Die verletzten Personen sollen aber zumindest einen verfahrensrechtlichen Anspruch auf respektvollen Umgang und grösstmögliche Schonung haben.
Räumlich getrennte Vernehmung und Einmaligkeit der Zeugenaussage
Eine der wichtigsten Neuerungen der Regierungsvorlage, welche unter der Federführung des Rechtsdienstes vorbereitet wurde, ist die schonende Vernehmung. Dies bedeutet, dass besonders schutzbedürftige Zeugen bzw. Zeuginnen räumlich getrennt vom Täter bzw. der Täterin vernommen werden. Die Parteien und ihre Vertreter bzw. Vertreterinnen können die Vernehmung mittels Videoübertragung verfolgen und ihr Fragerecht auf diese Weise ausüben. Dadurch sollen dem Opfer direkte Konfrontationen erspart und zusätzlich belastende Spannungssituationen vermieden werden. In Verbindung mit den erweiterten Aussageverweigerungsrechten ist gewährleistet, dass besonders schutzbedürftige Opfer in der Regel nur einmal vor Gericht erscheinen müssen und so bestmöglich geschont werden.
Weiters soll künftig die Befragung insbesondere von jugendlichen Zeugen bzw. Zeuginnen Sachverständigen übertragen werden können. Sie sind Kraft ihrer Ausbildung und Berufserfahrung in der Lage, die Befragung durch altersgerechte Kommunikation so zu gestalten, dass die seelische Belastung der Zeugen bzw. Zeuginnen möglichst gering gehalten wird.
Zeugenbeistand und zahlreiche weitere opferzentrierte Verbesserungen
Weitere Neuerungen im Interesse des Opferschutzes betreffen die Einführung des Zeugenbeistands, wodurch jedem Zeugen bzw.jeder Zeugin der Bezug einer Vertrauensperson ermöglicht werden soll, den Schutz der Privatsphäre durch ausdrückliche Diskretionsvorschriften und Veröffentlichungsverbote, eine inhaltliche Präzisierung der behördlichen Anzeigepflicht sowie spezielle Fürsorge-, Belehrungs- und Informationspflichten, wie bspw. die Möglichkeit einer Benachrichtigung der Verletzten über eine Freilassung der Beschuldigten aus der Untersuchungshaft. Vorgesehen sind schliesslich detaillierte Bestimmungen über den Ausschluss der Öffentlichkeit sowie die Unzulässigkeit von Fernseh-, Hörfunk-, Film- und Fotoaufnahmen.
Äusserst positive Vernehmlassung
Im Rahmen der Vernehmlassung wurde die Vorlage als "gelungenes Konzept" sehr begrüsst und vollumfänglich unterstützt. Das verfahrensrechtliche Schutzalter für jugendliche Opfer wird unter Berücksichtigung dahingehender Vernehmlassungsäusserungen und entsprechender internationaler Bestrebungen von den ursprünglich vorgesehenen 14 auf 16 Jahre angehoben.
Opferhilfegesetz steht vor Vernehmlassung
Zur Gewährleistung eines umfassenden Opferschutzes bedarf es neben den erwähnten verfahrensrechtlichen Verbesserungen auch Massnahmen im Bereich der Beratung und der finanziellen Unterstützung. Der Entwurf für ein Opferhilfegesetz nach schweizerischem Vorbild wird demnächst einer breiten Vernehmlassung zugeführt. Liechtenstein erhält dadurch eine umfassende Opferschutz- und Opferhilfegesetzgebung.
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Rechtsdienst
Dr. Marion Frick-Tabarelli
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