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Fürstentum Liechtenstein

pafl: Erfolgskontrolle Neugestaltung Liechtensteiner Binnenkanalmündung Ruggell

Vaduz, 9. Dezember (pafl) -

(ots)

Ziel der Neugestaltung: mehr Lebensraum

Vor knapp fünf Jahren wurde die
bislang letzte Etappe der Neugestaltung im Mündungsbereich des 
Liechtensteiner Binnenkanals eröffnet. Heute weist der Binnenkanal 
auf einer Länge von 1,75 km naturnahe Strukturen auf.
Der Binnenkanal wurde in den Jahren 1931 bis 1943 erstellt. Das 
Ziel des Baus war die Fassung aller zwölf bis anhin frei in den 
Rhein mündenden Fliessgewässer und die Entwässerung der Riedgebiete. 
Als Folge der Abtiefung der Rheinsohle entstand an der Mündung ein 
rund 4,5 m hoher Absturz, der jede Fischwanderung unterband. Im 
Zusammenhang mit dem internationalen Programm zur Rettung der 
bedrohten Bodensee-Seeforelle wurde 1981 eine Fischtreppe errichtet. 
Diese ermöglichte jedoch nur den schwimmstarken Fischarten ein 
Aufsteigen in den Binnenkanal.
Das Ziel der im Jahr 2000 eröffneten letzten Etappe der 
Neugestaltung am Binnenkanal war in erster Linie die Neuschaffung 
von Aufstiegsmöglichkeiten für alle Fischarten. Um die Auswirkungen 
der Massnahmen zu überprüfen, wurde eine Erfolgskontrolle 
durchgeführt.
Nach Neugestaltung: Fische fühlen sich wohl
Um die Entwicklung der Fischfauna nach der Umgestaltung der 
Mündung dokumentieren zu können, stellten Armin Peter von der 
Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und 
Gewässerschutz und Erik Bohl vom Bayerischen Landesamt für 
Wasserwirtschaft Untersuchungen an. Sie stellten eine sehr positive 
Entwicklung der Artenvielfalt im Binnenkanal fest. Waren es Anfang 
der 1980-er Jahre nur gerade noch 4 Fischarten, konnten bis zum 
Abschluss der Untersuchungen im mündungsnahen Bereich des 
Binnenkanals 16 Arten nachgewiesen werden. Seit der Öffnung der 
neuen Binnenkanalmündung im Jahr 2000 wanderten insgesamt 10 neue 
Arten ein!
Die Revitalisierung hat sich aber auch positiv auf die 
Fischdichte ausgewirkt. Diese Dichtezunahme lässt sich mit der 
erhöhten Strukturvielfalt erklären. Von der Neugestaltung haben 
besonders Bach- und Regenbogenforelle sowie die Äsche profitiert.
Strukturvielfalt fördert Artenvielfalt auch auf dem Land
Von der Neugestaltung haben auch die Landlebewesen profitiert. 
Durch die naturnahe Verzahnung von Wasser und Land, aber auch durch 
das Zulassen der freien Entwicklung im angrenzenden Auenwald hat 
sich das ganze Gebiet zu einem wahren Kleinod entwickelt. 
Stellvertretend für eine grosse Anzahl von Tieren und Pflanzen wurde 
von Edith Waldburger die Pflanzenwelt, von Simon Bieri die 
Stechimmen-, von Jürgen Kühnis die Reptilien- und von Georg Willi 
die Vogelfauna näher untersucht.
Unter den Pflanzen kommen verschiedene für diese Lebensräume 
typische Arten vor, wobei Probleme gerade mit der Ausbreitung von 
neu eingewanderten Pflanzen, insbesondere dem Drüsigen Springkraut 
entstehen, indem einheimische Arten verdrängt werden.
Für die untersuchten Tiergruppen stellt der Lebensraum im 
Mündungsbereich des Binnenkanals eines der wertvollsten Gebiete in 
ganz Liechtenstein dar. Unter den Stechimmen kommen Arten vor, die 
nur hier nachgewiesen wurden. Von einer Langhornbiene waren 
beispielsweise bisher nur Vorkommen im Wallis und Tessin sowie in 
Süddeutschland bekannt. Wie diese Art profitieren viele von einem 
günstigen Klima, einem hohen Blütenangebot und wichtigen 
Sandhabitaten, wo die Nester angelegt werden. Besonders wohl fühlt 
sich hier auch die Schlingnatter, von der im untersten Dammabschnitt 
eine sonst nirgendwo bekannte Dichte erreicht wird. Bei den 
Brutvögeln hat sich die Artenzahl seit den 1980-er Jahren beinahe 
verdoppelt, wobei heute viele seltene und gefährdete Arten wie der 
Eisvogel im Gebiet brüten.
Zurückhaltende Eingriffe
Pflegeeingriffe im Gebiet beschränken sich auf ein Minimum. 
Grosse Teile des Gebietes werden sich selbst überlassen, was unter 
anderem zum grossen Strukturreichtum beitrug. Die Untersuchungen 
zeigten jedoch, dass auch künftig Eingriffe notwendig sind, um die 
Lebensraumvielfalt und die Vielfalt an Arten zu erhalten. So sind 
insbesondere neue gestaltende Massnahmen im Bereich des noch 
kanalisierten Gerinnes sowie die ständige Bereitstellung von 
offenen, sandig-kiesigen Flächen wünschenswert.
Grosse Akzeptanz der Neugestaltung in der Bevölkerung
Ein Umfrage in der Bevölkerung hat im Übrigen gezeigt, dass die 
Neugestaltung bei den Besuchern sehr gut angekommen ist. Die grosse 
Mehrheit der Befragten steht auch weiteren Revitalisierungen von 
Fliessgewässern positiv gegenüber. Hingegen zeigte es sich, dass der 
Kenntnisstand bezüglich Motivation solcher Neugestaltungen und 
Ökologie von Wasserlebensräumen dürftig ist. Dies führt zur 
Herausforderung, verstärkt und auf breiter Ebene über die 
Notwendigkeit derartiger Revitalisierungen und die Zusammenhänge in 
der Gewässerökologie zu informieren.

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