pafl: EFTA-Herbstministertreffen in Genf
(ots)Liechtenstein übernimmt EFTA-Vorsitz für das das 1. Halbjahr 2005
Am 17. Dezember 2004 fand am Hauptsitz der EFTA in Genf das EFTA-Ratstreffen auf Ministerebene statt. An diesem Treffen nahmen Vertreter aller EFTA-Länder (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) teil. Liechtenstein war durch Aussenminister Ernst Walch und Botschafter Norbert Frick vertreten. Anlässlich des Ministertreffens ging der EFTA-Vorsitz von Island für das 1. Halbjahr 2005 an Liechtenstein über.
Konzentration der Diskussion auf EFTA-Drittlandpolitik
Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die strategische und politische Ausrichtung bzw. Anpassung der EFTA-Drittlandpolitik an die sich weltweit verändernden handelstechnischen Gegebenheiten wie die neu aufkommenden Handelsmächte, die weltweite explosionsartige Zunahme neuer bilateraler oder regionaler Freihandelsabkommen, die Entstehung neuer Handelsblöcke, die Freihandelspolitik der EU, der USA oder neuerdings auch Chinas sowie die Verhandlungen über die multilaterale Handelsliberalisierung im Rahmen der WTO- Welthandelsrunde. Weitere Diskussionspunkte waren die noch laufenden Freihandelsverhandlungen mit Ägypten, Kanada und Südafrika / südafrikanische Zollunion (SACU) - die letztgenannten Verhandlungen stehen kurz vor dem Abschluss - sowie das mögliche Arbeitsprogramm für 2005. Konkret gesprochen wird über die Eröffnung neuer Verhandlungen mit Korea, Thailand, dem Golf-Kooperationsrat (GCC), Algerien, Syrien und dem vier Länder umfassenden südamerikanischen Handelsblock Mercosur. Auch mit den USA sind weitere Treffen angesetzt. Das liechtensteinische Vorsitzprogramm für das 1. Halbjahr 2005 baut auf diesen Diskussionen und den von den Ministern vorgegebenen politischen Richtlinien auf. Höchste Priorität hat der Abschluss der laufenden Verhandlungen. Liechtenstein sieht aber vor allem auch die Notwendigkeit, die Entwicklungen im asiatischen Raum eng zu verfolgen und jede sich bietende Chance zu nutzen.
Unterzeichnung eines neuen Freihandelsabkommens mit Tunesien
Anlässlich des EFTA-Ministertreffens wurde mit Tunesien ein Freihandelsabkommen unterzeichnet, welches diesen Herbst nach schwierigen, siebenjährigen Verhandlungen abgeschlossen werden konnte. Entsprechend gaben die EFTA-Minister zusammen mit ihrem tunesischen Amtskollegen, Aussenminister Habib Ben Yahia, ihrer Genugtuung über den gelungenen Abschluss Ausdruck. Das Freihandelsabkommen mit Tunesien ist für die EFTA-Staaten von besonderer Bedeutung, da Tunesien schon seit Jahren ein Freihandelsabkommen mit der EU hat und die EFTA-Staaten seit Inkrafttreten des Letzteren gegenüber Unternehmen aus der EU diskriminiert sind und deshalb gewisse Branchen bereits erhebliche Marktanteilverluste in Kauf nehmen mussten. Im Weiteren wird Tunesien Teil der grossen euro-mediterranen Freihandelszone, die bis im Jahr 2010 verwirklicht werden soll und für welche alle Teilnehmer gegenseitig Freihandelsabkommen mit gleichen Ursprungsregeln abgeschlossen haben müssen.
Das Freihandelsabkommen mit Tunesien unterscheidet sich im Anwendungsbereich kaum von den bereits früher mit mittel- und osteuropäischen Staaten resp. mit Mittelmeeranrainerstaaten abgeschlossen Abkommen. Es umfasst vor allem den Handel mit Industriewaren, mit Landwirtschaftsprodukten und landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen sowie mit Fisch und anderen Meeresprodukten. Das Freihandelsabkommen mit Tunesien ist asymmetrischer Natur, d.h. die EFTA-Staaten schaffen sämtliche Importzölle mit Inkrafttreten des Freihandelsabkommens ab - voraussichtlich am 1. Juni 2005 - und Tunesien schafft seinerseits die Importzölle stufenweise nach vereinbarten Fristen bis spätestens 1. Juli 2008 ab.
Lancierung von Freihandelsverhandlungen mit Korea
Die Lancierung von Freihandelsverhandlungen mit Korea, welche mit der Unterzeichnung einer Gemeinsamen Erklärung geregelt wurde, bildete einen weiteren Höhepunkt des Ministertreffens. Für Korea unterzeichnete Handelsminister Hyun Chong Kim. Die EFTA-Staaten und Korea haben im Laufe dieses Jahres eine Machbarkeits- und Rentabilitätsstudie erstellt, gemäss welcher ein Freihandelsabkommen für beide Seiten klar gewinnbringend ist und deshalb sofort umgesetzt werden soll. Die erste Verhandlungsrunde findet bereits im Januar 2005 statt. Es ist das Ziel, die Verhandlungen speditiv durchzuziehen und noch im Jahr 2005 abzuschliessen. Korea ist eine der grossen Industrienationen in Asien und auch für die liechtensteinische Exportindustrie ein interessanter Absatzmarkt. Die Auflassung der Importzölle nach Abschluss des Freihandelsabkommens dürfte für die Exportindustrie daher eine willkommene Nachricht sein. In einem Freihandelsabkommen können zudem auch nicht-tarifäre Handelshindernisse, wie z.B. umständliche Produktezulassungsverfahren und andere, geregelt bzw. vereinfacht werden.
Treffen mit dem EFTA-Parlamentarierkomitee
Die EFTA-Minister trafen sich auch mit dem EFTA- Parlamentarierkomitee, welches gleichzeitig in Genf tagte. Liechtenstein war in diesem Komitee durch die Abgeordnete Monica Bereiter vertreten.