pafl: Jahrestagung der Europabank in Belgrad
(ots)Liechtenstein war durch Gouverneur Hansjörg Frick vertreten
Hansjörg Frick, bis vor kurzem Inhaber des Ressorts Wirtschaft, nahm am 22. und 23. Mai 2005 als Gouverneur des Fürstentums Liechtenstein bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) an der Jahrestagung des Gouverneursrats in Belgrad teil. Er wurde begleitet vom Stellvertretenden Gouverneur, Botschafter Roland Marxer, Leiter des Amtes für Auswärtige Angelegenheiten.
Liechtenstein ist seit dem 28. März 1991 Mitglied der EBWE. Wie alle andern Mitgliedstaaten ist Liechtenstein in der Bank durch einen Gouverneur und durch einen Stellvertretenden Gouverneur vertreten. Die Aufgaben des Gouverneursrats, der in der Regel jährlich einmal alternierend in London (dem Sitz der EBWE) und einer Stadt aus dem Kreis der Empfängerländer, nämlich der Staaten Mittel- und Osteuropas, tagt, entsprechen im Wesentlichen in etwa den Aufgaben eines Verwaltungsrats einer internationalen Bank. Die eigentliche Geschäftstätigkeit der EBWE wird unter dem Vorsitz ihres Präsidenten - derzeit dem Franzosen Jean Lemierre - von einem Direktorium wahrgenommen. In diesem Direktorium sind die Schweiz, die Türkei und Liechtenstein sowie die - seit der Aufnahme des Ehemaligen Jugoslawien - fünf Empfängerländer Aserbeidschan, Kirgistan, Turkmenistan, Usbekistan und die Bundesrepublik Jugoslawien durch einen Direktor schweizerischer Nationalität - derzeit Laurent Guye - vertreten.
Gouverneur Frick unterstrich in seiner Intervention vor dem Gouverneursrat das Interesse Liechtensteins an den Aktivitäten der Bank und nahm zu einigen auch aus liechtensteinischer Sicht wichtigen Aspekten Stellung.
Der wirtschaftliche Fortschritt in der ganzen Region der Tätigkeit der Bank ist mit solidem Wachstum in allen Ländern verbunden. Russland und der Kaukasus stärkten ihre Wirtschaft mit Hilfe der hohen Einkommen aus dem Öl, während andere Teile der Region erfolgreich waren bei der Verbesserung des Klimas für lokale und ausländische Investoren. Acht der Empfängerländer der Bank sind seit dem 1. Mai 2004 Mitglieder der Europäischen Union und gleichzeitig Mitglieder im Europäischen Wirtschaftsraum, in welchem die EU- Staaten mit den EFTA Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen verbunden sind. Der auf 28 Mitgliedstaaten erweiterte EWR- Raum schafft neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Rahmen eines grossen Binnenmarktes. Gleichzeitig sind mit einem neuen Finanzinstrument auch die Grundlagen für die Unterstützung der neuen EU-Mitglieder geschaffen worden.
Die Bedeutung der EBWE für die betroffenen neuen EU-Länder wird mit dem Beitritt dieser acht Staaten zur EU nicht gemindert. Liechtenstein tritt aber trotzdem dafür ein, dass die anderen Empfängerländer der Bank, die nicht oder noch nicht EU-Mitglieder sind, möglichst in den vermehrten Genuss der Unterstützung der Bank gelangen.
Schliesslich soll die Mongolei zu den Empfängerländern der EBWE gehören. Liechtenstein hatte als erstes Mitglied der EBWE die Änderung der Statuten zum Einbezug der Mongolei ratifiziert.
In Südosteuropa hat die Aussicht auf eine künftige Mitgliedschaft in der EU oder auf engere Beziehungen zur EU die wirtschaftliche Entwicklung begünstigt; die EU hat mit zwei Staaten Beitrittsabkommen abgeschlossen, die nun der Ratifikation bedürfen. In der Ukraine und anderen Ländern haben ermutigende Schritte in Richtung auf mehr Demokratie stattgefunden. Auch dies ist eine Entwicklung, die von Liechtenstein mit grossem Interesse verfolgt wird.
Bezüglich der operationellen Ergebnisse der Bank für das vergangene Jahr kann festgehalten werden, dass die Bank sich zu Finanzbeiträgen verpflichtete, die höher als je zuvor waren. Die Bank zeichnete mehr Investitionen als jemals zuvor. Das Potenzial der Transitionsprojekte, die im Jahr 2004 gezeichnet wurden, hat ein Rekordniveau erreicht, und zwar mit Ratings von "good" bis "excellent". Die geografische Verteilung der Aktivitäten der Bank zeigt das Engagement zugunsten der südlichen und östlichen Regionen. Schliesslich hat die Bank in einem weiteren Jahr mit hohem Gewinn und vergleichsweise tiefen Rückstellungen die Bank ihre Reserven weiter ausgebaut.
Gouverneur Frick begrüsste auch ausdrücklich, dass die Hauptabteilung der Bank für Compliance eine vertiefte Überprüfung des Code of Conduct der Bank in die Wege geleitet hat. Für die Glaubwürdigkeit der Bank ist es sehr wichtig, dass sie höchste Standards von ethischem Verhalten und Integrität anwendet und allen möglichen Missbräuchen entschieden entgegenwirkt.
Die "Strategie für Frühe Transitionsländer" wurde im Jahr 2004 gestartet, dies als Antwort auf die neuerlichen internationalen Besorgnisse angesichts der Probleme der Länder des GUS mit dem tiefsten Einkommen (Armenien, Aserbeidschan, Georgien, Kirgisien, Moldau, Tadschikistan, Usbekistan) und auch angesichts der generellen Reduktion des Geschäftsvolumens in dieser Region. Die Politik der Bank besteht darin, auch höhere Risiken bei Projekten einzugehen, solange anerkannte Bankgrundsätze gelten.
Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung spielt auch weiterhin im Zusammenhang mit der Entwicklung der Volkswirtschaften der Empfängerländer eine wichtige Rolle. Liechtenstein begrüsst dies ausdrücklich. Diese Unterstützung ist Bestandteil der grundsätzlichen Bereitschaft Liechtensteins, den Entwicklungs- und Demokratisierungsprozess in Osteuropa weiterhin aktiv zu unterstützen. Liechtenstein tritt dabei auch für die Einhaltung der Menschenrechte ein und leistet im Rahmen der Internationalen Humanitären Hilfe (IHZ) regelmässig Beiträge an verschiedene Projekte, die den am meisten Hilfsbedürftigen zukommen.
Die liechtensteinische Delegation nahm auch an einem von Bundesrat Joseph Deiss, dem Gouverneur der Schweiz, für die gemeinsame Ländergruppe gegebenen Arbeitsmittagessen teil.