pafl: Ein Jahr Diversion - Ein erfolgreiches Modell
Vaduz (ots)
Vaduz, 7. Februar (pafl) - Die Diversion als Alternative zu einem gerichtlichen Strafverfahren bei kleinen Delikten ist ein Erfolgsmodell: Im Jahr 2007 wurde 324 straffällig gewordenen Personen die Diversion angeboten. Die Erfolgsquote ist erfreulich hoch: Nur in 33 Fällen scheiterte die diversionelle Erledigung; in 138 Fällen ist die Diversion schon erfolgreich abgeschlossen, 171 sind noch hängig. Davon entfallen aber 137 Angebote auf Einstellung des Verfahrens für eine Probezeit; diese Angebote werden erfahrungsgemäss in fast allen Fällen angenommen. Daher kann insgesamt von einer Erfolgsquote von rund 90 Prozent gesprochen werden.
Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher freut sich, dass die Diversion schon im ersten Jahr so gut angelaufen ist: "Richtig angewendet ist die Diversion eine sinnvolle Sache. Der Staat nimmt die Interessen des Opfers besser wahr als durch eine Verurteilung. Es wird Frieden gestiftet und der Schaden ausgeglichen. Einerseits wird der Verdächtige nicht unnötig durch eine Vorstrafe und durch eine öffentliche Verhandlung stigmatisiert, andererseits muss er zu seiner Tat stehen und bestimmte Leistungen erbringen."
Massvolle Anwendung der Diversion
Bei der Aufteilung der Diversionsfälle auf Deliktsgruppen ergibt sich folgendes Bild:
50 Vermögensdelikte, 84 Delikte gegen Leib und Leben, 32 Delikte gegen die Freiheit, 3 Delikte gegen die Privatsphäre, Berufsgeheimnisse und Ehre, 3 Sexualdelikte, 8 Urkundendelikte, 103 Delikte gegen das Betäubungsmittelgesetz, 5 strafbare Handlungen nach dem Sorgfaltspflichtgesetz, 177 andere strafbare Handlungen.
Die Gesamtzahl von 465 Fällen erklärt sich durch Fälle, in denen mehrere Delikte gegen eine Person angezeigt waren.
In 6 weiteren Fällen hat das Fürstliche Landgericht die Diversion angewendet, nachdem die Staatsanwaltschaft einen Strafantrag eingebracht hatte.
Von den insgesamt 324 Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft ein Diversionsangebot machte, entfielen
110 auf Zahlung eines Geldbetrages, 16 auf gemeinnützige Leistungen, 147 auf Probezeit, 51 auf Durchführung eines aussergerichtlichen Tatausgleiches.
Nach dem früheren Recht hätte die Staatsanwaltschaft in allen 324 Fällen einen Strafantrag beim Landgericht einbringen müssen, der ein förmliches Strafverfahren durch Erlass einer Strafverfügung, Verhandlung und in einigen Fällen auch noch ein aufwändiges Rechtsmittelverfahren ausgelöst hätte. Im Falle eines Schuldspruches wäre eine Eintragung in das Strafregister erfolgt.
Der Leitende Staatsanwalt Robert Wallner betont aber, dass bei schwerer Schuld kein Diversionsangebot gemacht wurde: "Aggressive Schläger kommen nicht in den Genuss der Diversion." Laut Wallner wird die Staatsanwaltschaft weiterhin auf eine massvolle Anwendung der Diversion achten.
Positive Auswirkungen auf die Betroffenen
Josef Köck, Geschäftsstellenleiter der Bewährungshilfe, erlebt die positiven Auswirkungen von Diversion auf die betroffenen Täter und Opfer in der alltäglichen Praxis: "Wenn Straftaten geschehen, ist die sozial-konstruktive Herangehensweise zu bevorzugen, weil Gerechtigkeit in erster Linie durch Wiedergutmachung des Schadens entsteht."
Der Grundtenor der gemeinnützigen Einrichtungen, welche den Tätern die gemeinnützige Arbeit geben ist daher, dass es sich hierbei "durchwegs um flotte junge Leute handle, die gerne arbeiten". Der Chef eines Betriebes berichtete der Bewährungshilfe zum Beispiel, dass sich einer bei ihm dafür bedankte, dass er kommen durfte, um zu arbeiten.
Die jungen Leute sehen die gemeinnützigen Leistungen als Chance, ihren Fehler wieder gutmachen zu können und nicht durch Verurteilung als Verbrecher abgestempelt zu werden. 31 Personen wurden von der Staatsanwaltschaft und 3 Personen von Landrichtern zur Vermittlung von gemeinnützigen Leistungen zugewiesen. Die begangenen Delikte reichen hier von Sachbeschädigung (21 Prozent), Einbruchsdiebstahl und Diebstahl (je 16 Prozent). In einem Fall sind durch die Vermittlung gemeinnütziger Leistungen zwei geschädigte Firmen bereit gewesen, einem Betroffenen bei der Schadensgutmachung entgegenzukommen und haben die Schuld zur Gänze erlassen.
Im aussergerichtlichen Tatausgleich hat die Bewährungshilfe letztes Jahr 53 Täter und 52 Opfer betreut. 43 Akten wurden von der Staatsanwaltschaft, 2 von Landrichtern zugewiesen. Die Delikte betrafen Körperverletzung (39 Prozent), gefährliche Drohung (27 Prozent) und Sachbeschädigung (20 Prozent). Durch das diversionelle Vorgehen können bei der Konfliktregelung soziale Probleme geklärt werden. 76 Prozent der Konflikte konnten positiv erledigt werden. Die Geschädigten bekommen Gelegenheit sich mitzuteilen, sie erfahren Entschädigung und Aussöhnung. Josef Köck erklärt dazu: "Die Wiedergutmachung des entstandenen Schadens wird eher als Gerechtigkeit empfunden, und die Perspektive von künftigem Frieden wird von der überwiegenden Mehrheit der Geschädigten häufiger als Sicherheit erlebt als eine formale Verurteilung."
Die Täter wiederum werden mit der Problematik ihres Handelns und den Folgen konfrontiert, so wie ein Tatverdächtiger, der erkannte, dass er in einer Gewaltbeziehung lebte, was ihm erst durch die Reflexion in der Konfliktregelung richtig bewusst wurde. Ihm hatte es gut getan, dass seine Position auch gehört wurde, was es ihm schliesslich ermöglichte, zu seinen Fehlern zu stehen und den Schaden gutzumachen. Die Tateinsicht ist ein Schritt, der den meisten Tätern enorm schwer fällt, der aber erst geändertes Verhalten ermöglicht.
Eine besondere Form der Konfliktregelungen sind Partnerschafts- und Ehekonflikte, die 44 Prozent der zugewiesenen Konfliktregelungen ausmachten, von denen ¾ positiv erledigt wurden. Die Ausgleichsgespräche bieten die Chance, das Verhalten und die Dynamiken im Zusammenleben zu reflektieren, um künftig Gewalt zu verhindern. Kinder als schwächstes Glied werden zumeist zum Spielball im Streit ihrer Eltern. In vielen Fällen kann das künftige Verhalten den gemeinsamen Kindern gegenüber geklärt oder zumindest Verständnis für deren Situation geschaffen werden.
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Mitarbeiter der Regierung
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