pafl: Neues Stiftungsrecht vor Abschluss
Vaduz (ots)
Vaduz, 4. Juni (pafl) - In der Landtagssitzung vom 14. März 2008 hat der Landtag die Regierungsvorlage betreffend die Totalrevision des Stiftungsrechts in erster Lesung beraten. Die Vorlage ist dabei auf weitgehend positive Zustimmung gestossen. Die Regierung hat nun in ihrer Sitzung vom 3. Juni 2008 die Stellungnahme zu den anlässlich der ersten Lesung aufgeworfenen Fragen zu Handen des Landtags verabschiedet.
Die wenigen Fragen drehten sich im Wesentlichen um die Errichtung privatnütziger Stiftungen mittels Gründungsanzeige, das Widerrufsrecht bzw. das Vollstreckungsprivileg sowie die Übergangsbestimmungen.
Die Fragen zur Errichtung mittels Gründungsanzeige waren deshalb entstanden, weil unklar war, welchen Mehrwert das neue Modell der Errichtung mittels Gründungsanzeige gegenüber dem alten Modell der Hinterlegung der Stiftungsurkunde bringen würde. Aus der Stellungnahme geht deutlich hervor, dass das geltende Recht keine wirksame Kontrolle des Gründungsvorgangs ermöglicht. Deshalb stellt die Neuregelung der Errichtung privatnütziger Stiftungen mittels Gründungsanzeige eine der zentralen Verbesserungen der Vorlage dar. Dabei betont die Regierung ausdrücklich, dass die Gründungsanzeige nur eines von mehreren wichtigen Elementen in einem Gesamtsystem einer deutlich verbesserten Kontrolle im Gründungsstadium darstellt, durch das die Entstehung gesetzwidriger oder sittenwidriger Stiftungen und die Umgehung der Stiftungsaufsicht in Zukunft erheblich effizienter vermieden werden kann.
Die Fragen zum Widerrufsrecht basierten auf gewissen Unklarheiten. Die Regierung führt dazu aus, dass die vermeintliche Kritik nicht an der Befugnis zum Widerrufsvorbehalt bzw. am Widerrufsrecht als solchem besteht, sondern sich gegen das damit zusammenhängende Vollstreckungs- und Konkursprivileg, das heisst gegen Unzulässigkeit der Exekutionsführung in das Widerrufsrecht durch Gläubiger des Stifters richtet. Bei dieser Frage geht es um die Abwägung zwischen Stifterfreiheit und Gläubigerschutz. Die Regierung hat hier nach eingehender Überprüfung zu Gunsten des Gläubigerschutzes entschieden und das Vollstreckungsprivileg gestrichen. Am Widerrufsrecht selbst hingegen hält sie fest. Das Widerrufsrecht ist seit 1926 im liechtensteinischen Recht verankert. Gute Gründe, mit dieser langen und bewährten Tradition zu brechen, sind nicht ersichtlich. Zudem ist das Institut des Widerrufsrechts auch in ausländischen Rechtsordnungen sowie im vergleichbaren Trustrecht zu finden.
Ferner war die Frage gestellt worden, ob das neue Recht auch für alle alten Stiftungen gelten solle. Die Erfüllung dieser Forderung würde zu einem nicht zu bewältigenden Aufwand für die Marktteilnehmer führen, der in keinem Verhältnis zu dem Nutzen, der von einer "Gleichschaltung" aller Stiftungen zu erwarten wäre, stehen würde. In den zentralen Bereichen kommt ohnehin neues Recht für Altstiftungen zur Anwendung. Die wenigen Ausnahmen, welche zum Fortbestand des alten Rechts führen, basieren auf rechtlichen wie auch faktischen Zwängen, weil beispielsweise bei Versterben des Stifters niemand zur Verfügung steht, der die alten Stiftungsdokumente anpassen könnte. Zusammenfassend erachtet die Regierung die vorgeschlagenen Übergangsbestimmungen deshalb als ausgewogenes Konzept.
Es kann somit festgehalten werden, dass die Regierungsvorlage zum neuen Stiftungsrecht im Hinblick auf die Verabschiedung und Inkraftsetzung, welche auf 1. April 2009 vorgesehen ist, in einem Punkt zu Gunsten des Gläubigerschutzes angepasst worden ist. Die Regierung ist überzeugt, dass sie mit der gegenständlichen Reformvorlage zum Stiftungsrecht ein inhaltlich gelungenes Gesamtkonzept vorlegt, das klare Konturen im Bereich der Stifterverantwortung, der Governance, der Begünstigtenrechte und der Aufsicht aufweist und dabei international geforderte Standards erfüllt. Mit der voraussichtlichen Verabschiedung des Stiftungsrechts im Juni-Landtag wird damit eine glaubwürdige und nachhaltige Revision zu Gunsten der Kunden des Finanzplatzes vollzogen werden. Gleichzeitig wird ein erster Meilenstein der Finanzplatzvision Futuro erfolgreich umgesetzt.
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Ressort Justiz
Angelika Madlener, Mitarbeiterin der Regierung
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