pafl: Schulautonomie in Europa: Befugnisse und Aufgaben der Lehrer
Vaduz (ots)
Vaduz, 26. August (pafl) - Die neue Eurydice-Studie zum Lehrerberuf "Schulautonomie in Europa: Befugnisse und Aufgaben der Lehrer" beschäftigt sich mit der pädagogischen Autonomie der Schulen und der Lehrkräfte in rund dreissig europäischen Staaten und ergänzt damit die Studie zur Autonomie der Schulen bei der Verwaltung von Finanzmitteln und Humanressourcen. Daneben befasst sich die Studie auch mit den Beschäftigungsbedingungen der Lehrer.
Ein Beruf im Wandel - aus verschiedenen Gründen
In der überwiegenden Mehrheit der europäischen Staaten hat sich der Lehrerberuf in den vergangenen zwanzig Jahren umfassend gewandelt, was insbesondere zu einer deutlichen Erweiterung der Aufgaben der Lehrer geführt hat. Für die Lehrkräfte war diese Entwicklung in der Regel vor allem mit einem Anstieg der Arbeitsbelastung verbunden. In den meisten Bildungssystemen, auch in den stark zentralisierten Schulsystemen, verfügten die Lehrer traditionell über pädagogische Freiheiten bei der Wahl der Unterrichtsmethoden und Unterrichtsmittel. Im Zuge der Reformen im Bereich der Schulautonomie, die häufig mit einer Dezentralisierung der Zuständigkeiten einhergingen, wurde den Lehrern darüber hinaus auch die Möglichkeit eröffnet, an der Konzeption der Lehrpläne ihrer Schule mitzuwirken.
In den meisten Staaten sind die derzeitigen Veränderungen in einer Reihe von gesetzlichen Regelungen niedergelegt. Dabei werden die Lehrer je nach Staat in unterschiedlicher Form in die Bildungsreformen eingebunden. So wird die Definition des Status und der Beschäftigungsbedingungen der Lehrer nach wie vor überwiegend auf zentraler Ebene in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften verhandelt. Gleichzeitig jedoch bilden sich derzeit auch neue Formen der individuellen Partizipation heraus: umfassende Konsultationen, Umfragen, Pilotprojekte usw.
Verteilung der Zuständigkeiten auf mehrere Ebenen und weitreichende Befugnisse der Schulen
Dezentralisierung und Schulautonomie haben zu neuen Formen der Aufteilung der pädagogischen Kompetenzen zwischen den Zentralregierungen, den lokalen Gebietskörperschaften und den Schulen geführt. In allen europäischen Staaten wurde die alleinige Zuständigkeit des Staates für die Definition der Lehrpläne inzwischen abgeschafft. Die Verantwortung für die Festlegung der Bildungsinhalte wurde im Zuge der Dezentralisierungsprozesse auf mehrere Ebenen verteilt, wobei insbesondere Schulen und Lehrer mehr Einfluss erhielten.
Die Entwicklung von Unterrichtsplänen an den einzelnen Schulen bedeutet für die Lehrer eine zusätzliche Aufgabe, die eine Zusammenarbeit im Team erforderlich macht. Dabei entscheiden die Lehrer entweder allein oder gemeinsam mit der Schulleitung über die Wahl der Unterrichtsmethoden, wobei sie dem Schulträger hierüber nicht rechenschaftspflichtig sind. Die Schulbücher werden von den Schulen entweder frei oder aber aus einer vorgegebenen Liste ausgewählt.
Beschäftigungsbedingungen, Fortbildung und Aufgaben der Lehrkräfte
In der überwiegenden Mehrheit der Staaten wird die Lehrerarbeitszeit über die Unterrichtsverpflichtung definiert, wobei neben der Anzahl der Unterrichtsstunden häufig auch der Umfang der Gesamtarbeitszeit festgelegt wird. Zwölf Staaten legen ferner eine Präsenzzeit in der Schule fest. In den meisten Staaten wird die Teamarbeit in den gesetzlichen Vorgaben oder Richtlinien als Bestandteil der Tätigkeit der Lehrkräfte genannt, allerdings wird bei der Festlegung der Lehrerarbeitszeit hierfür nicht immer auch ein eigenes Stundenvolumen angesetzt. In der Hälfte der Staaten gehört die Teamarbeit im Rahmen der Schülerevaluierung zu den zusätzlichen Aufgaben der Lehrkräfte. Zu den Aufgaben, die in den offiziellen Texten am häufigsten genannt werden, gehören neben der eigentlichen Unterrichtstätigkeit und der Unterrichtsvor- und nachbereitung die Vertretung von abwesenden Kollegen sowie die Betreuung von Lehrern in der Ausbildung und Berufsanfängern.
Die Weiterbildung gehört in mehr als 20 Staaten zu den Berufspflichten der Lehrkräfte. Die meisten Staaten geben an, dass vor allem der Mangel an Vertretungskräften und die Höhe der Vertretungskosten einer regelmässigen Teilnahme der Lehrkräfte an der beruflichen Weiterbildung im Wege stehen.
Die gesamte Studie kann in englischer oder französischer Sprache unter www.eurydice.org heruntergeladen oder unter der Telefonnummer + 423 236 67 82 bestellt werden.
Eurydice auf einen Blick
Die wichtigste Aufgabe von Eurydice besteht darin, allen Akteuren im Bildungsbereich und den bildungspolitischen Entscheidungsträgern Informationen und Analysen zur Verfügung zu stellen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Eurydice, das Informationsnetz zum Bildungswesen in Europa, das von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten eingerichtet wurde, bildet einen der strategischen Pfeiler für die Zusammenarbeit im Bildungswesen und ist seit 1980 im Dienste der Erleichterung der Zusammenarbeit durch ein besseres Verständnis der Bildungssysteme und -politiken tätig. Seit 1995 ist Eurydice auch fester Bestandteil des gemeinschaftlichen Programms im Bereich der allgemeinen Bildung.
Das Eurydice-Netz setzt sich zusammen aus einer Europäischen Informationsstelle, die in Brüssel angesiedelt ist, und Nationalen Informationsstellen in jedem der 31 Staaten, die am Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens teilnehmen (die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die drei EFTA/EWR-Staaten und die Türkei), die in der Regel in den Bildungsministerien oder in diesen nahe stehenden Einrichtungen angesiedelt sind.
Darüber hinaus unterstützt die Europäische Eurydice-Informationsstelle die Kommission im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen, insbesondere dem Europarat, der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco).
Kontakt:
Schulamt
Marion Steffens-Fisler, Informationsstelle EURYDICE
Tel. +423 236 67 74