Bundesamt f. Umwelt, Wald und Landschaft
UVEK - CO2-Abgabe auf Brennstoffe bei Treibstoffen Klimarappen "auf Probe"
Bern (ots)
Ab 2006 soll auf fossilen Brennstoffen eine CO2-Abgabe erhoben werden. Bei den Treibstoffen erhält die Wirtschaft mit einem freiwilligen Klimarappen die Chance, einen substantiellen Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstosses zu leisten. Wenn der Klimarappen bis Ende 2007 nicht genügend wirkt, dann wird die CO2-Abgabe auch auf Benzin eingeführt. Diese Stossrichtung zur Erreichung der gesetzlichen vorgeschriebenen Klimaziele bestimmte der Bundesrat am Mittwoch. Das UVEK muss nun die Details ausarbeiten und verschiedene offene Fragen klären. Die entsprechende Botschaft wird dem Bundesrat vor der Sommerpause unterbreitet werden.
Am 20. Oktober 2004 hatte der Bundesrat eine Vernehmlassung über vier Varianten zur Umsetzung des CO2-Gesetzes eröffnet. Drei davon enthielten eine CO2-Abgabe, eine setzte allein auf einen freiwilligen Klimarappen. In der Vernehmlassung, die bis zum 20. Januar 2005 dauerte, gingen die Meinungen weit auseinander. Es zeigte sich aber, dass eine Mehrheit die bei Variante 1 bis 3 vorgesehene CO2-Abgabe auf Brennstoffen (vgl. Faktenblatt 1) unterstützt; bei den Treibstoffen ergab sich hingegen keine eindeutige Mehrheit zugunsten von CO2-Abgabe oder Klimarappen.
Der Bundesrat hat heute aufgrund der Vernehmlassungsresultate einerseits eine CO2-Abgabe auf Brennstoffe beschlossen. Ab dem Jahr 2006 soll eine Abgabe von 35 Franken pro Tonne erhoben werden, das entspricht ca. 9 Rappen pro Liter Heizöl. Andererseits hat er sich entschieden, bei den Treibstoffen einem freiwilligen Klimarappen eine Chance zu geben. Diese Chance ist befristet: Kommt der Klimarappen bis Ende 2007 nicht zustande oder erbringt er nicht die nötige Wirkung, will der Bundesrat auch auf Benzin eine CO2-Abgabe einführen; dabei besteht die Möglichkeit, den Diesel von der Abgabe zu befreien.
CO2-Abgabe wird rückverteilt Die CO2-Abgabe auf Brennstoffen ist keine Steuer, sondern eine Lenkungsabgabe, deren Erträge an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurückfliessen. Die Bevölkerung erhält via Krankenkassen jährlich 46 Franken pro Kopf zurück. Davon profitieren alle, die mit Energie sparsam umgehen, insbesondere aber auch mittlere und untere Einkommensschichten mit Kindern. Bei der Wirtschaft erfolgt die Rückverteilung proportional zur AHV-Lohnsumme. Unternehmen, deren Wettbewerbsfähigkeit infolge der Abgabe beeinträchtigt wird, können sich befreien lassen, wenn sie eine Verpflichtung zur betriebseigenen CO2-Reduktion abschliessen. Dank der Möglichkeit zur Abgabebefreiung ist die Umverteilungswirkung der Abgabe vom gewerblich-industriellen hin zum wenig energieintensiven Dienstleistungssektor bescheiden.
Wettbewerbsabrede im öffentlichen Interesse Da es sich beim Klimarappen um eine freiwillige Massnahme handelt, darf der Bund weder Höhe des Preiszuschlags noch Verwendung der Einnahmen beeinflussen, die auf 70 Mio. Franken pro Jahr geschätzt werden. Die Initianten des Klimarappens beabsichtigen, für diese Aufgaben eine unabhängige Stiftung zu gründen. Gemäss Angaben der Initianten sind als inländische Massnahmen die Förderung von Biotreibstoffen und die Sanierung von Gebäuden vorgesehen. Den überwiegenden Zielbeitrag soll der Zukauf von ausländischen CO2- Zertifikaten erbringen (vgl. Faktenblatt 4 zu flexiblen Mechanismen).
Die Wettbewerbskommission (WEKO) hat den Klimarappen als Wettbewerbsabrede eingestuft. Bei der geplanten Lösung ist der Bundesrat der Auffassung, dass eine solche Abrede im öffentlichen Interesse und deshalb zulässig ist. Langfristige Wirkung positiv für Wirtschaft Die CO2-Abgabe auf Brennstoffen bietet nach Einschätzung des Bundesrats den Vorteil breiter und langfristiger Preisanreize, die auch hinsichtlich weiterer Reduktionsziele nach dem Kyoto- Zielhorizont von 2012 wirken. Das ergibt für die Wirtschaft verlässliche Rahmenbedingungen. Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dürften gar leicht positiv sein. Gleichzeitig mit den CO2-Emissionen werden andere Schadstoffe und damit die Gesundheitskosten gesenkt. Die Abgabe wird auch positive Effekte auf Innovation und technologischen Fortschritt haben. Die Schweiz, deren Wirtschaft in grossem Masse vom Einfallsreichtum und der Kapazität kleiner und mittlerer Unternehmen abhängt, verfügt in dieser Hinsicht über ein grosses Entwicklungspotenzial, welches ihr auch Märkte im Ausland erschliessen könnte.
Weiteres Vorgehen Die vom Bundesrat skizzierte Lösung wirft eine Reihe von praktischen Fragen auf, die einer vertieften Abklärung bedürfen. Das UVEK wurde deshalb beauftragt, einen Vorschlag zur praktischen Umsetzung auszuarbeiten und dem Bundesrat vor der Sommerpause eine Botschaft zu unterbreiten.
Bern, 23. März 2005
UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation
Presse- und Informationsdienst
Auskünfte: Pressedienst UVEK, 031 322 55 11 Philippe Roch, Direktor BUWAL, 079 277 51 88 Bruno Oberle, Vize-Direktor BUWAL, 079 687 11 65 Arthur Mohr, Chef Abteilung Ökonomie und Forschung BUWAL, 079 687 11 69
Beilagen: - Kasten "Weitere Massnahmen sind nötig" - Faktenblatt 1: Zusammenfassung Vernehmlassungsergebnisse - Faktenblatt 2: CO2-Abgabe: ein Anreiz aber keine Steuer - Faktenblatt 3: Klimarappen als freiwillige Massnahme der Erdölindustrie - Faktenblatt 4: Umsetzung der flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls - Faktenblatt 5: Entwicklung der CO2-Emissionen in der Schweiz - Bericht Auswertung Vernehmlassung
Weitere Massnahmen sind nötig Klimaexperten erwarten bis Ende dieses Jahrhunderts eine globale Erwärmung zwischen 1,4 und 5,8 Grad Celsius. Diese ist nach heutigem Wissenstand vor allem auf den massiven Anstieg der Treibhausgase (insbesondere CO2) zurückzuführen. Zur Eindämmung der Klimaerwärmung wurde 1992 von der internationalen Staatengemeinschaft die Klimakonvention und 1997 das Kyoto- Protokoll verabschiedet. Letzteres ist am 16. Februar in Kraft getreten und damit völkerrechtlich verbindlich.
Von der Schweiz ist das Protokoll im Sommer 2003 ratifiziert worden. Es verlangt für die Periode 2008 bis 2012 gegenüber 1990 die Reduktion der Treibhausgase um acht Prozent. Diese Verpflichtung ist seit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls am 16. Februar 2005 völkerrechtlich verbindlich. Das Kyoto-Protokoll verlangt von den Vertragsstaaten, spätestens im Jahr 2005 über weiter gehende Reduktionsverpflichtungen zu verhandeln.
Kernstück der Umsetzung der Klimapolitik in der Schweiz ist das vom Parlament beschlossene CO2-Gesetz, das den fossilen Energieverbrauch senken will. Dies entspricht in etwa 80 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen der Schweiz; jährlich werden rund 40 Mio. Tonnen davon ausgestossen (siehe Faktenblatt 5, Entwicklung der CO2-Emissionen in der Schweiz).
Das Reduktionsziel von 10 Prozent oder 4 Mio. Tonnen für diese Emissionen bis 2010 gegenüber 1990 steht damit im Einklang mit der Kyoto-Verpflichtung der Schweiz.
Zusätzlich zum Gesamtziel sind CO2-Ziele für Brennstoffe (minus 15 Prozent) und Treibstoffe (minus 8 Prozent) fixiert. Gemäss aufdatierten Modellrechnungen von Prognos (siehe unten) gehen die Emissionen bis 2010 bei den Brennstoffen immerhin um 11,4 Prozent zurück, während sie bei den Treibstoffen voraussichtlich um 7,9 Prozent ansteigen. Ohne weitere Massnahmen bleibt gesamthaft eine Ziellücke von 2,5 Mio. Tonnen (vgl. Faktenblatt 5, Entwicklung der CO2-Emissionen in der Schweiz).
Der Prognos Bericht "Energieperspektiven Schweiz 2035. Bundesvarianten zur Umsetzung des Gesetzes" vom 15.02.2005 ist abrufbar unter http://www.energie-schweiz.ch