Werkbeiträge von Kanton und Stadt Luzern an Künstlerinnen und Künstler 2002
Luzern (ots)
Ergebnisse des Wettbewerbs für Interkulturelle Projekte
Kanton und Stadt Luzern haben im Frühling dieses Jahres erstmals einen Wettbewerb für den Bereich Interkulturelle Projekte ausgeschrieben. Diese Woche wurden die eingereichten 19 Projekte juriert. Die Jury hat folgende Werkbeiträge vergeben: Mit 20'000 Franken wurde das Kunstprojekt "Bern-Basel-Gibraltar" von Tatjana Marusic ausgezeichnet; je 8'000 Franken erhalten die Projekte "cambiARTEclima" der Künstlerinnengruppe POL5, "Contrada Masullo" von Pino Masullo, "Wechselbank" von Granziella F. Berger, "Kommbox" des Autorenteams Charlotte Greber/Benno Schicker, sowie René Stettler für das 5. Biennale Internationale Symposion zu Wissenschaft, Technik und Ästhetik.
1. Zur Juryarbeit
"Den Käfig der Vögel betreten, ohne sie zum Singen zu bringen." Dieser Satz von Chuang tse entstammt einem der von uns geförderten Projekte und wir zitieren ihn, weil wir bei diesem erstmalig ausgeschriebenen Wettbewerb uns vor einer ähnlichen Herausforderung sahen.
Schon Kultur ist ein Wort in und mit einem weiten Feld. Interkultur, häufiger adjektivisch gebraucht "interkulturell", ist fast eine Unendlichkeit. Alles passt da rein. Wir haben uns folgendermassen geholfen: gefördert werden Projekte, welche künstlerisch hochstehend und professionell sind, die Begegnung mit anderen Kulturen suchen und aufbauen, die ihre Wirkung von der Region aus oder in der Region entfalten. Zugegeben, auch das ist ein weites Feld.
Ein Projekt konnte uns in allen Belangen überzeugen, deshalb teilten wir das zur Verfügung stehende Geld in einen Hauptpreis und fünf weiteren Preise zu je gleichen Teilen auf. So empfanden wir uns als Jury akzentuiert und demokratisch zugleich. Zum Gedanken der "Giesskanne" sei gesagt, dass die Höhe der Spitze einer Pyramide proportional zur Basis ist.
2. Die Preise
Tatjana Marusic, Kunstprojekt "Bern-Basel-Gibraltar": 20'000 Franken Den Hauptbeitrag von 20'000 Franken erhält das Kunstprojekt "Bern-Basel-Gibraltar". Nicht nur der poetische Titel, der in unseren Köpfen einige Fenster auf verborgene Wirklichkeiten zu öffnen vermochte, überzeugte die Jury. Bern, Basel, Gibraltar sind drei Orte auf dieser Welt, die in uns Assoziationen hervorrufen. Bern, Basel, Gibraltar sind drei Strassen in Luzern, die in den Köpfen der Einheimischen Assoziationen hervorrufen.
Drei Strassen, in denen Künstler und Menschen aus verschiedenen Ländern wohnen und arbeiten. Aussen-Seiter eben. Die Idee, hier eine verbindende "grosse Erzählung" zu erschaffen, eine mehrstimmige DVD, welche Personen, Gegenstände, Musik, Gerüche und Rotlichter aufnimmt, hat die Jury überzeugt.
Mit dem zugesprochenen Preis sei noch ein Wunsch an die Künstlerin ausgesprochen: Bitte bringen Sie das Endprodukt im Sinne eines Festes oder einer grossen gemeinsamen Mahlzeit zurück an den Ursprung, nach Bern-Basel-Gibraltar.
Die Künstlerinnengruppe POL5 erhält für Ihr Projekt "cambiARTEclima" einen Beitrag von 8'000 Franken Pol5 sind Monika Gasser, Pia Gisler, MonAlice Haener, Ruth Rieder und Adriana Stadler. Das Projekt "cambiARTEclima" oder KunstKlimaWechsel in San Miguel de Allende, Mexiko, ist das 6. Projekt, das die Künstlerinnen gemeinsam realisieren. Immer wieder geht es ihnen um einen Kontakt mit Menschen anderer Kulturen, von Bali bis nach Sarnen. Wichtig ist ihnen der direkte Austausch über die künstlerischen Arbeiten. Die Jury will mit dem Beitrag von Fr. 8'000.- das Projekt in San Miguel de Allende unterstützen und damit auch die Kontinuität der Recherche der Gruppe Pol5, die ihre Kunst mit andern sozialen und kulturellen Wirklichkeiten konfrontiert, um Grenzen zu öffnen und auch um Grenzen zu erfahren. Wir, die hier bleiben, können uns auf die Ausstellungen und den Katalog freuen.
Pino Masullo erhält für sein Musikprojekt "Contrada Masullo" einen Beitrag von 8'000 Franken Für seine Reise als "Tonjäger" durch seine jetzige Heimat, der Schweiz, und dem daraus entstehenden musikalischen Tagebuch - oder werden es eher musikalische Bemerkungen und Notizen sein? - erhält Pino Masullo einen Beitrag von Fr. 8'000.-. Die Idee, das nicht immer einfache Wort "Heimat" über Tonspuren zu definieren, hat die Jury als förderungswürdig empfunden. Sicher hat Masullos letzte CD "gadd", welche die Auseinandersetzung mit der Herkunft erzählerisch-musikalisch verarbeitet, die Überzeugung der Jury gestärkt, dass aus der vorgenommenen "Tonjagd" ein wildes und pfefferiges Hörerlebnis resultieren wird.
Graziella Franca Berger erhält 8'000 Franken für Ihr Projekt Wechselbank
Die Jury unterstützt "Wechselbank - Sprache als Kapital", weil sie glaubt, dass hier eine Möglichkeit besteht, die öffentliche (Park-)Bank wirklich zum öffentlichen Raum werden zu lassen. Das ganz private "Tauben vergiften" wäre dann nicht mehr möglich. Der spazierende, flanierende Mensch, der Einheimische, soll für Momente verunsichert werden. Seine gewohnte Bank ist zwar noch da, immer noch könnte man sich drauf setzen, aber die Bank sieht anders aus. Sie ist fremd geworden. Sie hat einen Anzug. Sie trägt Sätze von Menschen, die hier leben, aber nicht von hier sind, oder die hier sind, aber nicht hier leben. Sätze aus Interviews mit ihnen. Angezogen und ansprechend ist die Bank, aber sie ist nicht mehr die bekannte Bank. Was wird der flanierend-spazierende Mensch tun? Das werden wir den Bankanzügen - und nicht den Auszügen - nach Beendigung des Projektes vielleicht auch ansehen.
Das Autorenteam Charlotte Greber und Benno Schicker erhält 8'000 Franken für das Internetprojekt KOMMBOX
Bei dieser Arbeit werden Stadtbänke zu Datenbänken. Mit Kommbox soll ein virtueller Raum für die immigrierte Bevölkerungsgruppe in Luzern geschaffen werden. Die Anwender werden sicher eher der jüngeren Generation anghören, aber die einfache Anwendung bei Kommbox soll auch ungewohnte Internet-User ansprechen. Für eine Unterstützung dieses Projektes sprachen nach der Meinung der Jury zwei Faktoren. - Es wird hier ein virtueller Raum geschaffen, der Begegnungen und Auseinandersetzungen ermöglicht, der Informationen weitergibt, der den Zugang zum öffentlichen Raum erlaubt, ohne das Private auszuschliessen.
- Die Gestaltung einer Web-Seite, die Anwender mit verschiedenem sozio-kulturellen Hintergrund anspricht und sie gut und einfach leitet und immer wieder führt.
Einen Unterstützungsbeitrag von 8'000 Franken erhält René Stettler für das 5. Biennale Internationale Symposion zu Wissenschaft, Technik und Ästhetik Raum, Zeit und Jenseits - so der Titel des Symposions, das im Januar 2003 stattfinden wird. Liest man die Liste der Vortragenden und des Vorgetragenen, ist man eher geneigt, die Veranstaltung mit dem Wort "interdisziplinär" bis "intergalaktisch" zu verbinden, denn mit dem Wort "interkulturell". Raum, Zeit und Jenseits ist eine Thematik, die alle Kulturen und Gesellschaften beschäftigt und die Annäherung dran wird bestimmt von der jeweiligen Kulturbrille. Die Jury hat sich entschlossen, das Symposion zu unterstützen, weil sie überzeugt ist, das bei einer solchen Veranstaltung, an der man glaubt, "der Zutritt für Unbefugte" wäre verboten, Antworten zwischen den Kulturen zu finden sind, ob es um die westliche "Flucht aus der Zeit" oder um Vakuumzustände des Bewusstseins" im Tibetanischen Buddhismus gehe.
Mitglieder der Jury:
Corin Curschellas, Zürich - Musikerin ( Luz Maria Lüthold Rüegg, Erlenbach - Interkulturelle Frauengruppe SEM/Femia, Zürich ( Francesco Micieli, Bern - Schriftsteller ( Naser Morina, Zürich/Littau
Vertreterin und Vertreter der Wettbewerbskommission (mit beratender Stimme)
Ursula Hildebrand, Theaterschaffende, Luzern ( Roman Meyer, Filmschaffender, Zürich
In einer öffentlichen Feier werden am Donnerstag, 31. Oktober 2002, 18.30h im Terrassensaal des Kunstmuseums Luzern die ausgezeichneten Projekte und Kulturschaffenden in allen drei Wettbewerbsbereichen (auch Musik und Freie Kunst) gewürdigt und die Werkbeiträge überreicht.
Im Kunstmuseum werden zudem die Arbeiten der Kunstschaffenden der 2. Wettbewerbsrunde Freie Kunst gezeigt. Ausstellung vom 31.10. bis 24.11.2002 (übliche Öffnungszeiten des Museums).
Kontakt:
Daniel Huber
Präsident der Wettbewerbskommission
Tel. +41/41/228'52'05