Unverständlicher Bundesratsentscheid über die Luzerner Spitaltarife 2001
Luzern (ots)
Der Bundesrat hat in letzter Instanz die Tarife für die Allgemeinabteilung an den Kantonalen Spitälern (mit Ausnahme von Sursee-Wolhusen) für das Jahr 2001 endlich festgelegt und dabei der Beschwerde von santésuisse Zentralschweiz stattgegeben. Das Gesundheits- und Sozialdepartement kann den Entscheid, der die Luzerner Staatskasse mit Millionenausfällen belastet, sachlich, zeitlich und politisch nicht nachvollziehen.
Um was geht es? Jedes Jahr müssen Leistungserbringer (Spitäler und Kanton) und die Versicherer die Tarife für die Allgemeinabteilungen an den öffentlichen Spitälern neu aushandeln.
Streitpunkt Tarife 2001
Für die Tarife 2001 konnte trotz harter Verhandlungsrunden keine Einigung erzielt werden. Deshalb musste der Regierungsrat die Tarife 2001 im August 2001 behördlich festlegen.
Die gegenüber dem Vorjahr 2000 erhöhten Taxen begründete der Regierungsrat mit dem Anstieg der anrechenbaren Kosten aufgrund der medizinischen Entwicklung sowie mit den Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes (KVG). Das KVG sieht vor, dass die Kantone als Träger der Spitäler bis zu 50 Prozent der anfallenden anrechenbaren Kosten verrechnen können, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind: vollständige Kostenrechnung, keine Überkapazitäten, Wirtschaftlichkeit und Billigkeit. Gegen die vom Regierungsrat festgesetzten Tarife hatte der Krankenversichererverband santésuisse Zentralschweiz Beschwerde eingereicht.
Der Entscheid des Bundesrates
Mit Entscheid vom 28. April 2004 hat der Bundesrat endlich entschieden und der Beschwerde von santésuisse weitgehend stattgegeben. Die Tarife 2001 wurden gemäss Antrag der Beschwerdeführerin festgelegt. Immer noch ausstehend ist allerdings der Tarifentscheid für das Kantonale Spital Sursee-Wolhusen. Der Entscheid des Bundesrates bedeutet finanzpolitisch für den Kanton Luzern einen herben Rückschlag. Denn die Differenz zwischen den Taxen des Bundesrates und des Regierungsrates ergibt einen Betrag von rund 8 Millionen Franken pro Jahr, die der Kanton Luzern jetzt nicht einnimmt. Dabei ist der ausstehende Entscheid für das Kantonale Spital Sursee-Wolhusen noch nicht berücksichtigt.
Statt 8 Monate 30 Monate gewartet
Das KVG verpflichtet den Bundesrat, Tarifentscheide innert maximal 8 Monaten zu fällen. Statt 8 Monate musste der Kanton Luzern 30 Monate auf den Entscheid warten. Eine Verzögerung solchen Ausmasses ist nach Auffassung des Gesundheits- und Sozialdepartements eines Rechtsstaats nicht würdig. Aufgrund einer Intervention der Gesundheitsdirektoren-Konferenz hat übrigens die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates in einem Bericht die viel zu langen Fristen des Bundes beim Tariffestsetzungsverfahren kritisiert.
Politische Wertung
Gar kein Verständnis für den Tarifentscheid hat das Gesundheits- und Sozialdepartement in gesundheitspolitischer Hinsicht aus drei Gründen.
Erstens hat der Bundesrat die Kriterien zur Berechnung des Kostenanteils (gemäss KVG bis 50 Prozent) aus politischen Gründen einmal mehr zulasten der Kantone bewertet. Aufgrund des Tarifentscheides des Bundesrates und der zeitlichen Verzögerung liegt jetzt der Kostendeckungsgrad für die Luzerner Spitäler in der Grundversicherung unter 45 Prozent. Die jährlich fehlenden Einnahmen (rund 8 Millionen) müssen durch Sparmassnahmen kompensiert werden.
Zweitens beruft sich der Bundesrat beim Tariffestsetzungverfahren, ohne nach links und rechts zu schauen, auf seine bisherige Praxis, die den umstrittenen Empfehlungen des Eidgenössischen Preisüberwachers entspricht. Dies obwohl dem Bundesrat bekannt ist, dass die Praxis von verschiedenen Kantonen und der Schweizerischen Gesundheitsdirektoren-Konferenz stark kritisiert wird. Gegenüber dem Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern wurde die lange Dauer bis zum Entscheid immer wieder damit begründet, dass die Praxis zur Tariffestlegung geändert werde. Mit Befremden muss nun der Kanton Luzern zur Kenntnis nehmen, dass sich daran selbst nach 30 Monaten nichts geändert wurde und der in Aussicht gestellte Paradigmenwechsel nicht stattgefunden hat.
Drittens erwartet das Gesundheits- und Sozialdepartement - im Einklang mit der Gesundheitsdirektoren-Konferenz -, dass künftig die politische Gewichtung nur durch den Bundesrat und nicht bereits während des verwaltungstechnischen Verfahrens vorgenommen wird.
Wie geht es weiter?
Durch die Auseinandersetzung zwischen Kanton und santésuisse befanden sich die Spitäler bei den Tarifen seit 2001 sozusagen im luftleeren Raum, weil kein rechtsverbindlicher Entscheid vorlag. Im Sinne einer vorsichtigen Politik und um nicht Gefahr zu laufen, bei einem für den Kanton negativen Bundesratsentscheid Gelder zurückzahlen zu müssen, hat der Regierungsrat mit Verordnung vom 12. Dezember 2000 die für das Jahr 2001 effektiv zu verrechnenden Tarife bewusst reduziert angesetzt und in der Verordnung beim Vorliegen des rechtskräftigen Entscheides ein entsprechendes Nachforderungsrecht festgeschrieben. Die Auswirkungen des Entscheides werden nun mit den Krankenversicherern bereinigt. Zusätzlich müssen die Tarife 2002 neu verhandelt werden. Für 2003 und 2004 konnten sich die Partner (Kanton und santésuisse) bereits auf die Tarife einigen. Für 2005 laufen die Verhandlungen.
Tarife 2001 auf einen Blick
Tarif Tarif Tagespauschale Tagespauschale Regierungsrat Bundesrat
Kantonsspital Luzern 430.- 392.-
Psychiatrie Luzern Stadt 244.- 218.-
Kant. Spital Sursee-Wolhusen 387.- Entscheid noch ausstehend
Pychiatrie Luzern-Landschaft 206.- 173.-
Luzerner Höhenklinik Montana 192.- 170.-
Die effektiven Betriebskosten liegen je nach Grösse des Spitals sogar weit über Fr. 1000.- pro Tag und Patient.
Kontakt:
Regierungsrat Dr. Markus Dürr
Vorsteher Gesundheits- und Sozialdepartement
Telefon +41/41/228'60'81