Der Regierungsrat leitet dem Parlament den Entwurf einer neuen Kantonsverfassung zu
Luzern (ots)
Der Regierungsrat des Kantons Luzern legt dem Grossen Rat mit der Botschaft B 123 einen Verfassungsentwurf vor, der mit seinen 85 Paragraphen ein übersichtliches Grundgesetz des Kantons Luzern bildet. Der Entwurf enthält im Vergleich zur geltenden Staatsverfassung aus dem Jahr 1875 sowohl inhaltliche Neuerungen und formelle Änderungen, als auch blosse Verdeutlichungen der bisherigen Verfassungspraxis.
Der Entwurf legt die Grundordnung des Kantons Luzern verständlich und unserer Zeit gemäss dar. Die neue Verfassung ist auf die 1999 revidierte Bundesverfassung abgestimmt.
Die Bestimmungen über die politischen Rechte und über die Organisation der Behörden bilden den Kern des Luzerner Verfassungsentwurfs. In diesen Bereichen enthält der Entwurf verbindliche Regeln für Volk und Behörden. Mit den neuen Bestimmungen zu den Aufgaben von Kanton und Gemeinden, welche zum Teil offen formuliert sind, soll der Handlungs- und Entscheidungsspielraum für die Zukunft gewahrt werden.
Im Folgenden greifen wir die wichtigsten Inhalte und Neuerungen des Verfassungsentwurfs heraus:
Kantonsgliederung
In der Bestimmung über die Kantonsgliederung sind die bisherigen Ämter nicht mehr aufgeführt. Die Verfassung macht den Weg frei dafür, die bisherigen Teilfunktionen der Ämter als Wahlkreise, als Gerichts- und als Verwaltungskreise voneinander zu trennen. Mit der Verfassungsbestimmung können die unterschiedlichen Anforderungen, welche die politische Organisation und die Justiz- und Verwaltungsorganisation an die Gebietseinteilung stellen, besser berücksichtigt werden. Damit wird auch der Tatsache Rechnung getragen, dass sich bereits heute zahlreiche organisatorische und verwaltungstechnische Einteilungen der kantonalen Gesetzgebung (wie Aufsichtskreise, Polizeipostenkreise, Forstkreise und dergleichen) nicht oder nicht in erster Linie an den Ämtergrenzen orientieren.
Die Gliederungsbestimmung allein schafft aber noch keine Neueinteilung des Kantons. Weil die Anzahl der Ämter beziehungsweise die Gebietseinteilung nicht mehr genannt sind, kann der Gesetzgeber den Kanton nach den Bedürfnissen und den zur Verfügung stehenden Mitteln flexibel einteilen.
Rahmenordnung für die Aufgaben von Kanton und Gemeinden
Neu enthält der Entwurf eine Rahmenordnung für die Aufgaben von Kanton und Gemeinden. Die Bestimmungen informieren über die wichtigsten Aufgabenbereiche und legen die Leitplanken kantonaler und kommunaler Aufgabenerfüllung fest.
Politische Rechte
Der Verfassungsentwurf hält an den bisher bewährten Wahl-, Initiativ- und Referendumsrechten fest. Insbesondere sollen die Unterschriftenzahlen für die Ergreifung von Initiativen und Referenden und die massgebenden Beträge für das Ausgabenreferendum gleich bleiben. Künftig soll das Ausgabenreferendum auch bei interkantonalen Verträgen greifen. Verzichtet wird hingegen auf die Volksinitiative zur Abberufung des Kantonsparlamentes vor Ablauf der Legislaturperiode.
Ausländerstimmrecht
Im Sinn einer Abstimmungsvariante ist im Verfassungsentwurf eine Bestimmung enthalten, welche es den Gemeinden erlaubt, in Gemeindeangelegenheiten das Stimmrecht für niedergelassene Ausländerinnen- und Ausländer einzuführen. Dies trägt dazu bei, die Organisationsautonomie der Gemeinden in einem wesentlichen Bereich, der Festlegung ihrer politischen Gemeinschaft, zu stärken.
Neue Bezeichnungen und Gerichtsreform
Im Verfassungsteil über die Organisation und die Aufgaben der obersten kantonalen Behörden werden neue Bezeichnungen vorgeschlagen: Kantonsrat statt Grosser Rat, Regierungspräsident beziehungsweise Regierungspräsidentin statt Schultheiss und Vizepräsident beziehungsweise Vizepräsidentin an Stelle von Statthalter. Mehr als einen Namenswechsel sieht der Verfassungsentwurf für Obergericht und Verwaltungsgericht vor: Sie sollen zum Kantonsgericht zusammengefasst werden. Die Schaffung eines einzigen höchsten Gerichts soll die Justiz als Ganzes und im Zusammenwirken mit den übrigen Behörden des Kantons stärken. Die Zusammenführung vereinfacht die Behördenstruktur, bringt organisatorische Vorteile für die Leitung der Gerichtsverwaltung und Effizienzsteigerungen im administrativen Bereich. Reformen im Bereich Regierung und Parlament sind in den vergangenen Jahren auch auf Verfassungsstufe bereits vorgenommen worden.
Grundrechte, Gemeinden und Finanzordnung
Weiter enthält der Verfassungsentwurf Bestimmungen zu den Grundrechten und den Gemeinden sowie zur Finanzordnung von Kanton und Gemeinden. Im Teil über die Religionsgemeinschaften werden die bisherigen Körperschaften, die Landeskirchen, anerkannt und die Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften - in Fortführung der geltenden, aber unklar formulierten Verfassungslage - als Gesetzgebungsauftrag verdeutlicht.
Verabschiedung der Verfassungskommission
Der Regierungsrat spricht der Verfassungskommission für die geleistete Arbeit seinen Dank aus. Zwischen 2002 und 2004 hatte die Kommission einen Verfassungsentwurf ausgearbeitet, der im Herbst 2004 in ein breites Vernehmlassungsverfahren gegeben wurde. Gestützt auf das Vernehmlassungsergebnis empfahl die Verfassungskommission dem Regierungsrat einige Änderungen am Entwurf. Der Regierungsrat hat nun mit der Botschaft an den Grossen Rat die parlamentarische Phase eingeleitet.
Nach der Beratung des Entwurfes des Regierungsrates in einer grossrätlichen Spezialkommission wird das Parlament die Verfassungsvorlage in zwei Lesungen behandeln. Für 2007 ist die Volksabstimmung über die neue Verfassung vorgesehen.
Hinweis
Die Botschaft des Regierungsrates ist unter folgenden Link auf der Homepage des Kantons abzurufen:
http://www.lu.ch/PublicationenCM/pdf_2003/botschaften_2003/b_123.pdf
Kontakt:
Regierungsrätin Yvonne Schärli-Gerig
Vorsteherin Justiz- und Sicherheitsdepartement
Rückfragen
Tel. +41/(0)41/228'59'11
Gregor Zemp
wissenschaftlicher Mitarbeiter der Verfassungskommission
Tel. +41/(0)41/228'68'94
http://www.lu.ch/PublicationenCM/pdf_2003/botschaften_2003/b_123.pdf