Revision Volksschulbildungsgesetz: Freiwilliger 2jähriger Kindergarten für alle, Sekundarschule mit 2 Modellen
Luzern (ots)
Der Luzerner Regierungsrat schlägt dem Kantonsrat in der Botschaft zum revidierten Volksschulbildungsgesetz vor, die Schuleingangsstufe neu zu gestalten und die Struktur der Sekundarschule anzupassen. Neu sollen alle Gemeinden einen zweijährigen Kindergarten anbieten, für die Kinder ist das 2.Kindergartenjahr aber weiterhin freiwillig.
An der Medienkonferenz im Luzerner Pestalozzi-Schulhaus präsentierten Bildungsdirektor Dr. Anton Schwingruber und Dr. Charles Vincent, Leiter der Dienststelle Volksschulbildung im Bildungs- und Kulturdepartement die Schwerpunkte der Gesetzesänderungen. Die nun vorliegende Botschaft ist das Resultat einer breiten Vernehmlassung vom Januar 2010, bei der 706 Stellungnahmen unter anderem von Parteien, Gemeinden, Bildungspartnern, Lehrerverbänden und ganzen Schulhausteams eingegangen sind. Diese Ergebnisse sind in den nun vorliegenden Gesetzestext eingeflossen. Die Schwerpunkte der Neuerungen betreffen insbesondere die Neugestaltung der Schuleingangsstufe sowie die Anpassung der Struktur der Sekundarschule.
Zweijähriger Kindergarten als freiwilliges Angebot - für die Chancengleichheit
Eine grosse inhaltliche Änderung betrifft die Neugestaltung der Schuleingangsstufe: Die Gemeinden sollen ein zweijähriges Kindergartenangebot bereitstellen. Diese Vorgabe soll die Chancengleichheit im Kanton erhöhen, da in mehreren Gemeinden und in 16 anderen Kantonen dieses Angebot bereits besteht. In den 20 Luzerner Gemeinden mit zweijährigem Kindergarten nutzen jeweils rund 80 Prozent aller Kinder dieses Angebot. Somit besuchen im Kanton gesamthaft gut 42 Prozent aller Kinder den zweijährigen Kindergarten oder die Basisstufenklassen, gesamtschweizerisch sind es über 86 Prozent. Für die Kinder ist der Besuch eines zweiten Kindergartenjahres weiterhin freiwillig, der Entscheid liegt bei den Eltern. Das obligatorische Eintrittsalter wird gegenüber der heutigen Regelung nicht verändert. Neben dem Zweijahreskindergarten sollen die Gemeinden alternativ auch die Basisstufe anbieten können. Beide Punkte wurden in der Vernehmlassung überaus deutlich bejaht.
Nur noch zwei Modelle für die Sekundarschule
Verschiedene Gründe machen eine Anpassung der Sekundarschule notwendig: Die bestehende Modellvielfalt (getrennt, kooperativ, integriert) mit den vier Niveaus A, B, C und D erschwert die Orientierung bei den Erziehungsberechtigten, den abnehmenden (weiterführenden) Schulen und den Lehrbetrieben. Die demografische Entwicklung bringt es zudem mit sich, dass zahlreiche Gemeinden in den nächsten Jahren das gewählte Modell werden wechseln müssen. Daneben fordert die pädagogische Entwicklung eine stärkere Durchlässigkeit und Integration in der Sekundarschule. In Übereinstimmung mit den Vernehmlassungsantworten wird deshalb in der vorliegenden Botschaft eine Reduktion auf zwei Modelle vorgeschlagen: das kooperative Modell mit zwei leistungsdifferenzierten Klassen sowie das integrierte Modell mit einer nicht leistungsdifferenzierten Klasse. In beiden Modellen werden die Fächer Englisch, Französisch und Mathematik in drei Niveaugruppen unterrichtet. Das Fach Deutsch kann in Niveaugrupp en oder binnendifferenziert (individuelle Förderung einzelner Lernender innerhalb der Klasse) unterrichtet werden.
Verstärkte Elternmitwirkung und Kantonalisierung der vier heilpädagogischen Tagesschulen
Damit die Schule ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag wahrnehmen kann, ist sie auf die Mitarbeit der Eltern angewiesen. Deshalb soll die Erziehungsverantwortung der Erziehungsberechtigten im Gesetz stärker verankert werden. Die Erziehungsberechtigen müssen dafür sorgen, dass ihr Kind unter geeigneten Bedingungen lernen kann und ausgeruht den Unterricht besucht. Schulleitung und Lehrpersonen sollen die Erziehungsberechtigten zur Teilnahme an wichtigen Informationsveranstaltungen und Gesprächen verpflichten können. Kommen die Erziehungsberechtigten ihren Pflichten nicht genügend nach, können von der Schulpflege Elternbildungskurse oder eine Erziehungsberatung angeordnet oder eine Ordnungsbusse ausgesprochen werden.
Organisatorische Anpassungen
Neben diesen Hauptpunkten enthält die Revision noch einige eher organisatorische Anpassungen. So werden die bisher in kommunaler Trägerschaft stehenden vier heilpädagogischen Tagesschulen (Emmen, Luzern, Sursee und Willisau) in kantonale Trägerschaft übergeführt. Der entsprechende Wechsel erfolgt in Übereinstimmung mit den bisherigen Trägergemeinden und hat keine finanziellen Folgen.
Weiter soll die Finanzierung der Sonderschulung aufgrund der Erfahrungen der letzten zwei Jahre vereinfacht werden. Die hälftige Kostenteilung von Kanton und Gemeinden soll weiterhin gelten. Neu sollen aber alle Gemeindebeiträge über den Beitrag pro Einwohner geleistet werden.
Die letzte Veränderung betrifft den Kantonsanteil an den Betriebskosten der Volksschule; dieser soll aufgrund der erheblich erklärten Motion M 408 von Erich Leuenberger aus dem Jahr 2009 von 22,5 Prozent auf 25 Prozent erhöht werden.
Kantonale Abstimmung voraussichtlich im Jahr 2011
Nur die Einführung des zweijährigen Kindergartenangebots hat direkte finanzielle Auswirkungen für die meisten Gemeinden, die übrigen vorgeschlagenen Änderungen ziehen mehrheitlich keine zusätzlichen Kosten nach sich. In etwa 40 Gemeinden müssen zusätzliche Kindergartenklassen gebildet werden. Dies führt zu einer Erhöhung der Betriebskosten um rund 15,3 Millionen Franken. Davon werden 25 Prozent vom Kanton übernommen. Dieser Erhöhung der Kosten stehen Einsparungen durch den demografisch bedingten Rückgang der Schülerzahlen in der Sekundarschule gegenüber, sodass für die Gemeinden gesamthaft betrachtet nicht höhere Gesamtausgaben entstehen. Für den Kanton führt namentlich die Erhöhung des Beitrags an die Betriebskosten von 22,5 auf 25 Prozent zu einem Ausgabenzuwachs. Deshalb untersteht die Gesetzesrevision dem obligatorischen Referendum und macht eine Abstimmung voraussichtlich im Jahr 2011 nötig.
Die Botschaft geht nun zur Beratung an die zuständige Fachkommission des Kantonsrates (Kommission Erziehung, Bildung und Kultur) und dann im Winter 2010 zur Behandlung in den Kantonsrat. Nach der Zustimmung durch die Luzerner Stimmberechtigten wird die Revision voraussichtlich am 1. August 2011 in Kraft treten können.
Anhänge:
http://www.lu.ch/download/sk/mm_photo/8094_20100630_VBG.pdf
Kontakt:
Regierungsrat Dr. Anton Schwingruber
Vorsteher Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern
Tel.: +41/41/228'52'03
Dr. Charles Vincent
Leiter Dienststelle Volksschulbildung
Tel.: +41/41/228'52'12
Regula Huber
Informationsbeauftragte Bildungs- und Kulturdepartement
Tel.: +41/41/228'64'86
E-Mail: regula.huber@lu.ch