RVK: 10. Schweizerisches Forum der sozialen Krankenversicherung: "Woher? Wohin? Und Wie? Gesundheitswesen 2020"
Luzern (ots)
Die Visionen zum Gesundheitswesen der Zukunft sind so vielseitig wie die Schweiz, die Vorstellungen und Prioritäten zu Weg und Ziel so unterschiedlich wie die Akteure der Branche. Anlässlich des 10. Schweizerischen Forums der sozialen Krankenversicherung wagten mutige Querdenker einen kritischen Blick in die nächste Dekade: Sie präsentierten ihre Thesen und zeigten neue Lösungen auf - damit dem Hochseilakt des schweizerischen Gesundheitsmarkts eine stabile Balance zuteil wird. Organisator des Anlasses war der RVK, der Verband der kleinen und mittleren Krankenversicherer.
Im Fokus der Veranstaltung im Kongresshaus Zürich standen die Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten des schweizerischen Gesundheitswesens. Neben einem kritischen Meinungsaustausch wurden die Chancen und Risiken der nächsten zwölf Jahre aufgezeigt und mögliche Lösungsansätze und Visionen skizziert. Hannes Britschgi, stellvertretender Chefredaktor der Sonntags Zeitung, führte durch die ganztägige Veranstaltung.
Die eigene Gesundheit aktiv fördern
Ilona Kickbusch, Politikwissenschaftlerin und Beraterin der Abteilung Gesundheitsförderung der WHO, befasste sich mit den Megatrends im Gesundheitswesen. Sie erklärte, dass sich die Schweiz in der dritten Gesundheitsrevolution befindet. Diese habe zum Ziel, die Gesundheit in den vielfältigen Lebenswelten des modernen Alltags zu fördern. Für Kickbusch ist die Gesundheit ein aktiver Prozess: "Die Gesundheitsgesellschaft hat ein ganzheitliches, aktives, individualisiertes und expansives Gesundheitsverständnis." Wie sich das Gesundheitswesen in der Schweiz nachhaltig entwickeln sollte, führte Thomas Heiniger, Regierungsrat und Vorsteher der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, aus. Für Heiniger ist Selbstverantwortung eine zentrale Voraussetzung dafür: "Wer mehr leisten kann und will, soll auch mehr bekommen - nur dann sind diejenigen bereit, Personen zu unterstützen, die weniger leisten können." Seine gesundheitspolitische Vision beinhaltet eine umfassende Gesundheitspolitik anstelle von Krankheitsbekämpfung und eine "Verstärkung von Prävention und Gesundheitsförderung". Wichtig dafür sei eine umfassende Aufklärung der Patienten und die Forderung, vermehrt Anreize zur Selbstverantwortung zu schaffen.
Wettbewerb versus Bundessteuerung
Der Frage nach der Finanzierbarkeit unseres zunehmend leistungsstärkeren Gesundheitssystems kommt in Zukunft eine immer grössere Bedeutung zu. Christoffel Brändli, Ständeratspräsident und Verwaltungsratspräsident von santésuisse, vertrat den Standpunkt, dass ein bezahlbares Gesundheitswesen den Wettbewerb genauso benötigt wie klare politische Vorgaben. Peter M. Suter, Präsident der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften, zeigte in seinem Referat einige wesentliche Vor- und Nachteile der föderalistischen sowie der nationalen Governance-Mechanismen im medizinischen Bereich auf. Suter ist der Ansicht, dass "im Bereich der Spitzenmedizin eine verstärkte bundesweite Steuerung dringend notwendig ist". In der Forschung müsse - trotz einiger Regeln, die landesweit einheitlich festgelegt werden - eine gewisse Autonomie von Universitäten und Instituten gewährleistet sein. "Die aktuelle Kombination von Bundes-Governance und föderalistischen Strukturen hat Vorteile für die Effizienz und Dynamik unseres Gesundheitssystems. Es müssen aber die Vorteile beider Teile noch besser entwickelt und genutzt werden", erläuterte Suter.
Informationsflut erschwert rationale Entscheidungen
Inwiefern erste Erkenntnisse der Gesundheitsrefom in Deutschland auf das schweizerische Gesundheitswesen übertragen werden können, führte Michael Weller aus, Leiter des Stabsbereichs Politik des Spitzenverbandes "Bund der Krankenkassen" Deutschland. Anstelle der abwesenden Vorstandsvorsitzenden des Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, zog er ein Jahr nach der Einführung der Gesundheitsreform ein Fazit und hielt fest, dass in dieser Zeit nur einige der Hauptziele der Reform erreicht worden sind: "Die Kassen haben heute Möglichkeiten, selektiv Verträge abzuschliessen - der Wettbewerb findet vermehrt statt." Im Finanzierungsbereich seien jedoch die gewünschten Wirkungen ausgeblieben. Zwar hätten auf der Einnahmeseite strukturelle Veränderungen stattgefunden, eine Senkung der Lohnnebenkosten sei jedoch nicht absehbar.
Aktuelle Herausforderungen benötigen innovative Ansätze - das zeigte das Referat zum Thema Telemedizin von Andy Fischer, CEO von Medgate und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Telemedizin und eHealth. Laut Fischer sind medizinische Leistungen nicht mehr an geografische Grenzen gebunden, sondern können exportiert werden. "Das Gesundheitssystem der Zukunft wird sich stärker an den Bedürfnissen der Patienten orientieren, auf elektronisch kollaborierenden Netzwerken und Organisationen basieren und dabei bezahlbar bleiben müssen." Die Telemedizin werde ein wichtiges Instrument sein, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Für Beda M. Stadler, Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Bern, hat die Zukunft der medizinischen Forschung längst begonnen. Doch nicht nur Innovationen sind gefragt: Es gilt auch die Grenzen der Forschung abzustecken. "Aufgrund der Informationsflut ist es für den Menschen schwierig, rationale Entscheidungen zu treffen bezüglich der Behandlungen und Medikamente."
Die Abstimmung vom 1. Juni 2008 über den Verfassungsartikel "Für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Krankenversicherung" ist für Charles Giroud, Präsident des RVK, ein zukunftsweisender Meilenstein: "Mit dem neuen Gesundheitsartikel werden Wettbewerb und Qualität als Verfassungsgrundlage verankert. Damit ist eine nachhaltige und langfristige Sicherung gewährleistet. Die Versicherten profitieren von echten Wahlmöglichkeiten dank Leistungs- und Preistransparenz unter fairen Wettbewerbsbedingungen." Die entscheidende Kernfrage der Zukunft sei, wie es gelingen werde, das Schwarz-Peter-Spiel zwischen den verschiedenen Playern im Gesundheitswesen zu stoppen. Die Beteiligten müssten gemeinsame Lösungen finden und diese dann auch langfristig gemeinsam tragen.
Die Medienmitteilung und Bilder des Anlasses finden Sie im Internet unter www.rvk.ch.
Der RVK - Verband und Kompetenzzentrum der kleinen und mittleren Krankenversicherer
Mit 46 Krankenversicherern und rund 800 000 Versicherten ist der RVK der stärkste Rückversicherer im schweizerischen Krankenversicherungsmarkt. Die Branchenorganisation für die kleinen und mittleren Krankenversicherer zeichnet sich neben dem nachhaltigen Assekuranzgeschäft durch eine leistungsfähige und innovative Dienstleistungspalette aus. Eine stetige Angebotsoptimierung und die Orientierung an den aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen stellen sicher, dass die Mitglieder des Verbands den immer anspruchsvolleren Auflagen der Aufsichtsbehörde ebenso wie den wachsenden Kundenbedürfnissen gerecht werden können.
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