Pro Infirmis: Die IV als Spielball des Vorwahlkampfes - Parteigezänk gefährdet traditionsreiches Schweizer Sozialwerk
Die Behindertenorganisation Pro Infirmis ist tief besorgt über die Zukunft der Invalidenversicherung (IV). Das traditionsreiche Sozialwerk wird immer mehr zum Opfer dogmatischer Grabenkämpfe der politischen Parteien. Die Zusatzfinanzierung der hoch defizitären IV ist akut gefährdet und mit ihr lebensnotwenige Leistungen an Zehntausende von behinderten Menschen in der Schweiz. Die Behindertenorganisation ruft die Parteien zur Vernunft: Nur durch ein Ringen um Kompromisse kann der totale Absturz verhindert werden.
Bei der Behandlung der 5. IVG-Revision wurde noch vordergründig Einigkeit demonstriert: alle Parteien bemühten sich zu betonen, wie wichtig ihnen eine rasche Lösung der Zusatzfinanzierung für die IV sei. Jetzt, da es um die Art und Weise der Finanzierung geht, beharrt jede Seite auf ihren dogmatischen Positionen und will kein Jota abweichen. Die SVP will den Behinderten die ohnehin bescheidenen Renten kürzen, SP und FDP verheddern sich in unsinnigen Grabenkämpfen um Lohnpromille und Mehrwertsteuerprozente, die Grünen haben sich mit ihrer Unterstützung des Referendums gegen die 5. IVG-Revision aus der Diskussion verabschiedet. Leidtragende dieses unwürdigen Machtgezänks sind die behinderten Menschen in der Schweiz.
Die finanzielle Schieflage des Sozialwerks aus den 60er Jahren ist nicht von heute auf morgen entstanden. Seit 35 Jahren ist die IV unterfinanziert und das Parlament unterliess es hartnäckig, der Versicherung die notwendigen Mittel zukommen zu lassen. Doch das Trauerspiel wird noch trauriger: Im Vorwahlkampf-Fieber stellen die politischen Parteien Parteikalkül über Gemeinwohl und gefährden mit ihrem verantwortungslosen Handeln eine traditionsreiche Errungenschaft des Sozialstaates Schweiz.
IV-Rentnerinnen und IV-Rentner sind alles andere als auf Rosen gebettet, beträgt doch eine volle IV-Rente heute wenig mehr als Fr. 2'000.-im Monat. Viele IV-Rentner möchten arbeiten, doch sie finden in der heutigen Arbeitswelt keine Stellen. Viele IV-Rentner sind demzufolge auf Ergänzungsleistungen, familiäre Unterstützung, Sozialhilfe oder Unterstützung durch die Hilfswerke angewiesen. Behinderung ist heute nach wie vor ein Armutsrisiko in der Schweiz.
Pro Infirmis ruft die politischen Parteien zur Vernunft. Statt je nach Position die Finanzierung über Mehrwertsteuer oder über Lohnpromille zu blockieren, statt jetzt schon auf Wähleranteile zu schielen und stur die eigene Position zu verteidigen ist in gutschweizerischer Tradition das Ringen um Kompromisse gefragt. Nur so kann die IV vor dem Kollaps gerettet werden. Nur so können die behinderten Menschen in der Schweiz auch künftig in einem Staat leben, der das Attribut "sozial" verdient.
Kontakt:
Pro Infirmis
Mark Zumbühl
Tel.: +41/44/388'26'77
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