BAG: Stellungnahme der Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz und Überwachung der Radioaktivität zur Strahlenschutzsituation in der Schweiz
(ots)Die Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz und Überwachung der Radioaktivität (KSR) nahm Kenntnis der Tätigkeitsberichte für das Jahr 2003 der Überwachungsbehörden. Bei dieser Gelegenheit verschaffte sie sich auch einen Überblick über die aktuelle Strahlenschutzsituation in der Schweiz. Mit der vorliegenden Stellungnahme soll die Bevölkerung gemäss Auftrag der KSR darüber informiert werden.
Strahlenschutzsituation in der Schweiz als gut eingestuft
Die Strahlenschutzsituation in der Schweiz wird generell als gut eingestuft. Bedingt durch die Bewilligungspflicht erfolgt der Einsatz ionisierender Strahlung innerhalb streng formulierter Richtlinien. Dies bestätigen die Ergebnisse der dosimetrischen Überwachung. Im Jahr 2003 wurde keine Überschreitung des Dosisgrenzwertes bei beruflich stralhenexponierten Personen festgestellt.
Die Ergebnisse der Umweltüberwachung bestätigen, dass es in den Unternehmen zu keinen nennenswerten Freisetzungen von Radioaktivität gekommen ist.
Das erreichte Qualitätsniveau des Strahlenschutzes in der Schweiz lässt sich nur durch regelmässige Motivation und Überwachung durch die Behörden einhalten. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit beruflich exponierten Personals und der Öffentlichkeit sind ständige Überprüfungen notwendig: die geltende Regelung bezüglich der Überwachung des Strahlenschutzes, die Einhaltung desselben vor Ort und die Ausbildung aller beruflich strahlenexponierten Personen. In Zeiten, in denen von Sparen und Budgetkürzungen die Rede ist, ist es angebracht, diese Tatsache in Erinnerung zu rufen.
Schutz für Patientinnen und Patienten vor Strahlen
Der Strahlenschutz der Patientinnen und Patienten ist ein aktuelles Anliegen. Die Strahlenexposition konnte dank der Fortschritte der Röntgentechnik und insbesondere durch die Verwendung von empfindlichen Verstärkerfolien und Bildverstärkern in den vergangenen fünfzig Jahren deutlich verringert werden. Die Einführung der digitalen Technik in der Radiologie wirft jedoch neue Fragen auf. Die Hersteller weisen zwar darauf hin, dass die Einführung dieser Vorrichtungen wesentliche Möglichkeiten zur Reduktion der Strahlendosis biete. Doch die Praxis zeigt, dass deren Installation nicht a priori die versprochene Dosisreduktion bringt, sondern sogar zu einem merklichen Anstieg der Dosis führen kann.
Besonders kritisch ist diese Entwicklung im Bereich der Computertomographie (CT-Scanner). Hier kann die Einführung von Mehrschicht-Systemen zu einer wesentlichen Zunahme der Strahlenbelastung für die Patientin / den Patienten führen. Dies wird bedingt durch den häufigeren Einsatz, den Einschluss grösserer Körperbereiche, die Multiplikation der Untersuchungsphasen und das Streben nach einer immer feineren Auflösung. Für die Anwendung dieser Techniken sind deshalb strenge Kontrollverfahren erforderlich. Hinzu kommt die Verharmlosung von nicht invasiven Untersuchungen, bei denen die Tendenz besteht, diese auch zu Kontrollzwecken oder als präventive Untersuchungen einzusetzen.
Massnahmen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) Die KSR unterstützt das Ausbildungsprogramm der Abteilung Strahlenschutz des BAG im Bereich der dosisintensiven Untersuchungen. Die Hauptstossrichtungen des Programms sind: - Intensivierung der Ausbildung von Medizinalpersonen, die dosisintensive Untersuchungen durchführen (Röntgen am Körperstamm, Durchleuchtung, Computertomographie). - Einführung von diagnostischen Referenzwerten (DRW) (Richtlinien für die Ärztin oder den Arzt) - Erfassung der bei Patientinnen und Patienten akkumulierten Dosis; nur mit einer Quantifizierung der Risiken und einem transparenten Vorgehen lassen sich die Röntgenuntersuchungen optimieren.
Folgende Schritte werden ebenfalls geprüft: die Möglichkeit, im Rahmen des Optimierungsverfahrens einen Medizinphysiker beizuziehen oder die Schaffung von Beratungsstellen im Bereich der medizinischen Radiologie. Ziel der KSR ist, mit den erwähnten Massnahmen einen optimalen und verantwortungsvollen Einsatz der Strahlung im Dienste der Gesundheit fördern.
Überwachung der Umwelt und radiologischer Altlasten
Die Radioaktivität in der Umwelt ist gering und die gesetzlichen Vorgaben werden eingehalten, ausser in gewissen bewohnten Räumen, für Radon. Es ist deshalb ein nationales Programm im Gange. Dessen erstes Ziel wird noch im 2004 erreicht sein: die Abgrenzung zu den Radongebieten. Die KSR verfolgt diese Problematik aufmerksam und wird sich diesbezüglich in ihrem nächsten Bericht im Detail äußern.
Nach wie vor erhöhte Werte bei Wildschweinfleisch In Nahrungsmitteln haben die im Jahre 2003 durchgeführten Kontrollen außer in Wildschweinfleisch keine Grenzwertüberschreitungen ergeben. Die bei diesen Tieren beobachtete Aktivität von Cäsium-137 hängt insbesondere mit der hohen Konzentration dieses Nuklids in Hirschtrüffeln zusammen. Diese sind auf den Unfall von Tschernobyl zurückzuführen ist. Diese Überschreitungen haben jedoch keine gesundheitlichen Auswirkungen, da Wildschweinfleisch nur gering konsumiert wird.
Positive Bilanz der Sammelaktion bei der Uhrenindustrie Im Rahmen der Sanierung von Altlasten hat die Suva zu Beginn des Jahres 2004 eine Sammelaktion für alte Radium- und Tritiumquellen aus der Uhrenindustrie durchgeführt. Die Reaktionen der Unternehmen waren positiv und ermöglichten das Sicherstellen einer beachtlichen Menge (ca. 800 MBq Radium-226, 2400 GBq Tritium) radioaktiver Stoffe.
Radiologischer Zwischenfall im 2004 Im Februar 2004 ereignete sich ein radiologischer Zwischenfall: Mehrere - früher für die medizinische Strahlentherapie benutzte - geschlossene radioaktive Cäsium-137-Quellen wurden als normale Abfälle (Metallwiedergewinnung) entsorgt. Eine Untersuchung der Bundesanwaltschaft ist dazu im Gange. Um weitere ähnliche Ereignisse zu vermeiden, beabsichtigt die KSR, die Ergebnisse der Untersuchung dieses Vorfalls und die Maßnahmen der zuständigen Behörden kritisch zu analysieren.
Ausbildung von beruflich strahlenexponierten Personen
Die Strahlenschutzausbildung von beruflich strahlenexponierten Personen ist im Strahlenschutzgesetz gesetzlich verankert. Die Einzelheiten sind in mehreren Verordnungen festgelegt. Ausgehend von Angaben der Überwachungsbehörden und der Strahlenschutz- Ausbildungszentren analisierte die KSR die Situation der Ausbildung im Strahlenschutz in der Schweiz. Sie gelangte zu folgenden Schlussfolgerungen: - für die Forschung, die Analyselabors, die Industrie und die Kerntechnik gibt es genügend Ausbildungsangebote welche auch genutzt werden. - die Durchführung von Ausbildungskursen für Medizinalpersonen, die Röntgenuntersuchungen vornehmen, beginnt Früchte zu tragen. Die Zusammenarbeit mit der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft (SSO) und den Universitäten ist in diesem Bereich zu begrüssen.
Die KSR erachtet die Aus- und Fortbildung als ein wesentliches Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die mit ionisierender Strahlung arbeiten. Sofern es sich um eine andauernde und langfristige Tätigkeit handelt, darf sich diese Ausbildung nicht nur auf die Vermittlung einer Vielzahl von Verhaltensregeln beschränken. Idealerweise wird die Ausbildung von Fachstellen im Rahmen von strukturierten Kursen durchgeführt. In diesen Kursen sollen die Problematik der Beschreibung der Strahlung, deren Auswirkungen auf den Organismus, die Schutz- und Kontrollmodalitäten sowie die einschlägigen gesetzlichen Anforderungen in umfassender Weise thematisiert werden.
Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz und Überwachung der Radioaktivität www.ksr-cpr.ch
Weitere Informationen: Prof. Jean-François Valley, Präsident der KSR Telefon 021 623 34 34
Dr. Christophe Murith, Wiss. Sekretär der KSR Telefon 031 322 95 05