Neues Modell zur Bewertung von Fusionen
A.T. Kearney verschreibt:
Aspirin gegen Fusionskater
Düsseldorf (ots)
Die Zahl der Fusionen sinkt. Das Transaktionsvolumen einzelner Deals hingegen steigt zusehends in ungeahnte Höhen - und damit auch die katastrophalen Auswirkungen im Falle eines Akquisitions-Misserfolgs. Im Rahmen der dritten PMI-Studie befragte A.T. Kearney 89 Akquisitionsexperten aus 66 verschiedenen Unternehmen zu ihrer Meinung über Erfolgsfaktoren und grundlegende Gestaltungsparameter während des Akquisitionsprozesses. Das Ergebnis: Das branchenübergreifend wichtigste Akquisitionsmotiv sind nach wie vor Synergien. Allerdings gibt es sehr unterschiedliche Ausprägungen in einzelnen Branchen. Die Studie zeigte zudem, dass die einzelnen Erfolgsfaktoren äusserst differenziert zu betrachten sind. Das wichtigste Ergebnis jedoch ist ein völlig neuer Ansatz der Unternehmensbewertung im Vorfeld von Fusionen anhand eines ausgeklügelten Fragenkatalogs. Dieser zeigt, welche Synergien realisierbar sind und in die Unternehmensbewertung einfliessen können.
Michael Träm, Deutschlandchef von A.T. Kearney und Fusionsspezialist: "Nicht jede Fusion ist gleich. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Wege, über die man Synergien erzielt. Beispielsweise ist zwischen finanzwirtschaftlichen, güterwirtschaftlichen, wissensbezogenen und marktlichen Dimensionen zu unterscheiden." Ein weiteres Novum der Untersuchung ist die Untersuchung der Wirkung einzelner Erfolgs-faktoren in unterschiedlichen Branchen. Cyrus Bark, Management Consultant bei A.T. Kearney und massgeblich an der Studie beteiligt: "Die Relevanz ein und desselben Erfolgsfaktors innerhalb des Akquisitionsprozesses - beispielsweise die Geschwindigkeit, mit der die Integration nach Vertragsabschluss vollzogen wird - beurteilen Akquisitionsexperten aus unterschiedlichen Branchen verschieden." Ausserdem ist dieser Erfolgsfaktor in Bezug auf die Erzielung von Synergien sehr unterschiedlich wirksam. Das simple Motto "je schneller eine Integration, desto besser..." gilt letztlich nur für die Realisierung finanzwirtschaftlicher und güterwirtschaftlicher Synergieeffekte. Für die Bewerkstelligung wissensbezogener Synergieeffekte hingegen gilt: Je behutsamer und vorsichtiger die Integration, desto besser wird der Know-how-Transfer unterstützt. Aus den Ergebnissen der Studie wurde eine Checkliste mit 35 Fragen abgeleitet. Diese führt zu Erwartungswerten für die einzelnen Synergiepotenziale. Für den Fusionsverlauf selbst hat dies den Vorteil, dass sich die Zielwerte jederzeit mit den Ist-Werten vergleichen lassen und korrigierende Eingriffe schneller möglich sind. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie, jeweils auf einer Skala mit 1 als unterstem und 5 als höchstem Wert:
Integrationsphase entscheidend
Die Meinungen sind einhellig: Die Integrationsphase ist die erfolgskritischste der gesamten Akquisition. Mit einem Mittelwert von 4,66 liegt sie deutlich über den Werten anderer Phasen. Die Phase der Akquisionsstrategie folgt mit 3,89, die - da erste Phase im zeitlichen Ablauf - als richtungsweisend für alle nachfolgenden Phasen der Akquisition gesehen wird. An dritter Stelle folgt die Phase der Unternehmensbewertung (Due Dilligence) mit einem Mittelwert von 3,75. Synergien Fusionslokomotive Nummer eins Unternehmen, die fusionieren, wollen meist eines: Synergien erzielen. Dabei spielen marktliche Synergien hingegen sind eher von untergeordneter Bedeutung.
Was in der Due Diligence-Phase entscheidet
Bei der Ermittlung des Unternehmenswertes in der Phase vor der Vertragsunterzeichnung werden insbesondere güterwirtschaftlichen und marktlichen Synergiepotenzialen mit 4,34 respektive 4,13 die grösste Bedeutung bei der Kaufentscheidung beigemessen. In der Unternehmensbewertung berücksichtigt werden aber zumeist nur finanzwirtschaftliche und güterwirtschaftliche Effekte.
Integrationsgestaltung liegt vorn
Bei der Frage nach den Auswirkungen einzelner Faktoren auf den Gesamterfolg zeigt sich, dass Massnahmen der Integrationsgestaltung (4,04) vor Massnahmen der Akquisitionsvorbereitung (3,67) und unternehmensinternen Situationsva-riablen (3,65) liegen. Und das ist einleuchtend, denn mit der PMI-Phase als letzter Phase des Ak-quisitionsprozesses steht oder fällt der Gesamter-folg. Denn nur in ihr werden letztendlich die geplanten Synergiepotenziale in tatsächliche Synergien umgewandelt und Unternehmenswert geschaffen.
Michael Träm, 38, Deutschlandchef von A.T. Kearney ist Spezialist für Post Merger Integration und hat zahlreiche PMI-Projekte durchgeführt. Fünf Fragen zum Thema "Übernahmen richtig planen".
"Meistens einfach zu teuer"
Die Zahl der Fusionen sinkt, das Transaktionsvolumen steigt. Wird das Fusionsfieber abklingen oder konstant auf hohem Niveau verbleiben?
Der Trend zu Mega-Mergers zwischen Grossunternehmen wird anhalten. Die Re-Fokussierung vieler Grosskonzerne auf ihr Kerngeschäft, wie zum Beispiel bei E.on, bringt immer wieder grosse Unternehmenseinheiten auf den Markt. Ausserdem wird zukünftig die mittelständische Industrie im Fusionskonzert eine grössere Rolle spielen. Der zunehmende Wettbewerbsdruck zwingt Unternehmen, neue Wege zu beschreiten - ganz zu schweigen von der Nachfolgeproblematik im Mittelstand.
Fusionen folgen in verschiedenen Branchen eigenen Gesetzen. Was können Unternehmen daraus lernen?
Neben der Integrationsphase ist insbesondere auch die Phase vor Vertragsabschluss wichtig. Es muss noch mehr Energie in die Zielbildungs- und Analysephase fliessen. Und: vor allem branchenspezifische Eigenheiten während des Fusionsprozesses müssen berücksichtigt und antizipiert werden.
Geschwindigkeit bei Übernahmen ist nicht alles. Was empfehlen Sie?
Das Motto "Je schneller die Umsetzung, desto besser..." gilt nur für einige der Synergieeffekte, auf die die Fusion abzielt. Wir empfehlen ein differenziertes Vorgehen, das die Umsetzungsgeschwindigkeit den Synergien anpasst. Vor allem im Bereich Human Know-how-Transfer (Intellectual Capital) ist eine behutsame Umsetzung vorzuziehen.
Geben Sie uns ein Musterbeispiel einer Fusion.
Ein Beispiel für eine gelungene Fusion liefert Hochtief-Turner. Hier konnten insbesondere auf marktliche Aspekte ausgerichtete Synergieeffekte erzielt werden.
Welche Managementfehler sind Ihrer Erfahrung nach typisch bei Fusionen?
Oftmals erwartet das Management zu viel und das zu schnell. Auch sind Entscheidungen oft Bauch- statt Faktenentscheidungen. Und natürlich: Meistens wird einfach zu teuer eingekauft.
A.T. Kearney (www.atkearney.de) zählt zu den grössten Unternehmensberatungen der Welt und ist derzeit in 34 Ländern vertreten. Das Unternehmen bietet Beratungsdienstleistungen in den Bereichen Strategie, Operations, Organisation und Informationstechnologie.
Kontakt:
Wenn sie mehr zum Thema Post-Merger-Integration wissen wollen oder
ein Interview mit Michael Träm wünschen, wenden Sie sich bitte an:
Marion Sommerwerck, PR Manager,
A.T. Kearney GmbH
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