Neues Jugendstrafgesetz folgt Empfehlungen von Terre des hommes
Mediation statt Gefängnis in Palästina
Lausanne (ots)
- Neues Gesetz basiert erstmals auf dem übergeordneten Interesse des Kindes - Gesellschaftliche Reintegration hat Vorrang vor Haftstrafen - Fünfjähriger Einsatz von Tdh trägt Früchte
Ein neues Jugendstrafgesetz, welches erstmals auf dem "übergeordneten Interesse des Kindes" basiert, wurde vom Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas unterschrieben. Das Gesetz fördert die gesellschaftliche Reintegration und die Mediation anstelle von Gefängnisstrafen.
Das bedeutet, dass das Jugendstrafrecht vom Polizeiverfahren bis zu eventuellen Gefängnisstrafen an die Rechte der Kinder angepasst wurde und auf dem Prinzip der Wiedergutmachung aufbaut. Diese Neuerungen waren auch dank eines fünfjährigen Einsatzes von Terre des hommes und weitere Partnerorganisationen möglich, bei dem den Entscheidungsträgern kontinuierlich Alternativen zur herkömmlichen Bestrafung empfohlen wurden.
Mit dem neuen Gesetz wird darauf gezielt, den jugendlichen Täter wiedereinzugliedern, anstatt lange Haftstrafen anzuordnen; Gerichtsverfahren werden an die Bedürfnisse von Kindern angepasst und Strafen werden zeitlich beschränkt. Im Zentrum stehen präventive und erzieherische Massnahmen, um eine Rehabilitation und Reintegration der Kinder, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, zu ermöglichen. Kinder sollen also wieder ihren Platz in der Gesellschaft finden, anstatt ins Gefängnis zu gehen, wo die Wahrscheinlichkeit einer kriminellen Laufbahn deutlich erhöht wird. Präventive Festnahmen von Jugendlichen werden mit dem neuen Gesetz verboten.
"In Zukunft werden Kinder in Palästina, welche mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, weiterhin als Kinder respektiert," sagt Vito Angelillo, Geschäftsleiter von Terre des hommes. "Wir freuen uns sehr, dass unsere langjährige Arbeit zu einer Gesetzgebung geführt hat, welche die Grundrechte der Kinder wahrt."
Terre des hommes hat bereits 2010 eine weitgehende Gesetzesreform in Palästina vorgeschlagen, da das Jugendstrafgesetz im Westjordanland noch von 1954 datiert und im Gazastreifen sogar von 1937 und somit eine Überholung dringend notwendig war.
Tdh sensibilisiert die Bevölkerung und die Entscheidungsträger im Justizsystem für die Rechte von Kindern und führt Fachschulungen durch. Dabei wurden zum Beispiel Bewährungshelfervon Tdh ausgebildet wurden, die nun mit dem neuen Gesetz einen offiziellen Status erlangt haben. Abklärungen zum sozialen und familiären Hintergrund von Kindern in Gerichtsverfahren, welche von Tdh eingeführt wurden, sind nun obligatorisch.
Das informelle Justizsystem, welches in Palästina weit verbreitet ist und auf der Vermittlung von anerkannten Mitgliedern der Gemeinschaft basiert, wird nun ebenfalls implizit anerkannt. Das neue Gesetz bietet dem Staat aber auch dem Jugendlichen selbst oder seiner Familie die Möglichkeit, eine Mediation anstelle eines Gerichtsverfahrens vorzuschlagen. Diese Integration des informellen ins formelle Justizsystem ist ein weiter Erfolg des Kinderhilfswerks Terre des hommes, das diesen Weg bereits 2014 in einer Studie gefordert hat.
"Besonders positiv zu bewerten ist die Rolle des Jugendlichen selbst", sagt Joseph Aguettant, Tdh Delegationsleiter vor Ort. "Sie müssen die Mediationsvereinbarung selbst unterschreiben und sich zu einer oder mehreren Massnahmen verpflichten."
Die Stiftung Terre des hommes (Tdh) ist das führende Schweizer Kinderhilfswerk. Tdh ist in über 30 Ländern mit Entwicklungsprojekten vertreten und leistet Nothilfe, wo sie benötigt wird. Jedes Jahr verbessert Tdh das Leben von zirka zwei Millionen Kindern und ihren Angehörigen.
Kontakte:
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