Abgang fossiler Kraftstoffe - Clean Moves wagt Blicke über deutschen Tellerand
Brüssel/Hannover (ots)
- Das Forum Clean Moves auf der Hannover Messe nimmt international effiziente Fortbewegungstechnologien unter die Lupe
Das Öl geht zur Neige, der Klimawandel ist Realität, der Verbrennungsmotor Vergangenheit. Diese Prämissen bestimmen alle Konzepte zukünftiger Mobilität. Wie sich diese verändert, welche Techniken über Marktreife verfügen, wie die Zukunft effizienter Fortbewegung aussieht, darüber referierten und diskutierten auf dem Konferenz-Forum Clean Moves auf der Hannover Messe in der vergangenen Woche zahlreiche Experten aus Wirtschaft, Forschung, Verwaltung und Politik.
Bereits am Montag ging Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiterin "Energie, Verkehr und Umwelt" am DIW mit den jüngsten politischen Maßnahmen ins Gericht: Die Abwrackprämie sei volkswirtschaftlich ineffizient, sie löse lediglich Strohfeuereffekte aus, kein nachhaltiges Wachstum. "Wir benötigen eine gesunde Branche, die innovative Mobilitätslösungen anbietet. Die Branche muss sich gesund schrumpfen und neue Technologien anbieten. Anstatt in die Abwrackprämie sollten die 5 Mrd. Euro eher in einen Technologie-Förderfonds investiert werden, aus dem die besten technologischen Konzepte der Automobilanbieter gefördert werden", so Prof. Kemfert.
Dass im Automobilbereich bereits heute Effizienzsteigerungen um bis zu 50 Prozent erreicht werden können, rechnete Greg Archer von der Low Carbon Vehicle Partnership (einem Zusammenschluss von ca. 300 britischen Firmen, Organisationen und Akteuren aus Politik und Verwaltung) aus London vor. "Der Transportsektor hat bislang versagt", sagte Archer am Dienstag auf der Clean Moves. Er ist der Ansicht, dass gezielte Nachfrageanreize seitens der Automobilindustrie zu einer Reduzierung vor allem von Leistung, Größe und Gewicht der Wagen führen müssten. Die Bahn dagegen habe in den vergangenen 20 Jahren sehr viel getan, um energiesparender zu fahren, erklärte Dr. Libor Lochmann, stellvertretender Vorsitzender der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften in Brüssel. Die Bahnen seien für nur 1,6 Prozent der CO2 Emissionen im Transportbereich verantwortlich und hätten diese im Gegensatz zum motorisierten Individualverkehr im Vergleich zum Referenzjahr 1990 gesenkt.
Im vergangenen Jahr mussten Biokraftstoffe einen Meinungssturm über sich ergehen lassen. Bis dahin als probates Mittel zur Senkung von CO2-Emissionen gefeiert, sah sich die Branche plötzlich mit dem Vorwurf konfrontiert, für weltweit explodierende Lebensmittelpreise und damit den Hunger vieler Menschen verantwortlich zu sein. Sollen Agrarprodukte auf den Teller oder in den Tank war plötzlich die Frage. Johannes Lackmann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie, wehrt sich gegen diese Vorwürfe und verlangt von der Politik die Beibehaltung der Beimischungsquoten. "Es muss eine klare Zertifizierung von Nachhaltigkeitskriterien erfolgen, auch international, denn Biokraftstoffe werden in Zukunft einen Teil des fossilen Öls ersetzen müssen", erläuterte Lackmann.
Knoten, Takt, Vernetzung. Damit umschrieb Pieter Zijlstra, Vize-Direktor des Schweizer Bundesamt für Verkehr, die Spezialitäten für das weltweit viel gerühmte Beispiel öffentlichen Transportes. Warum Schweizer weit mehr als doppelt so viele Kilometer mit der Bahn fahren als Deutsche erklärte er so: "Dass sehr viel in die Schweizer Bahn investiert wird, liegt darin begründet, dass sich die Schweizerinnen und Schweizer - per Volksabstimmung - zutiefst zu ihrer Bahn bekannt haben. Und wenn sie das einmal beschließen, bleiben sie dabei."
Einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent Pedelecs in naher Zukunft auch in Deutschland prognostizierte Kurt Schär von der Schweizer Firma Biketec. Er sieht in elektrisch unterstützten Fahrrädern die Zukunft urbaner Mobilität. Chinesische Verhältnisse auf deutschen Straßen: Fahrrad - Auto 3:1. Damit dürfte ein großer Teil der Reduktions- und Effizienzziele leicht zu erreichen sein.
Im 21. Jahrhundert sind Mobilitätsdebatten noch den Konzepten des vergangenen Jahrhunderts verhaftet. Was es jetzt braucht, sind bahnbrechende Lösungen. "Pkw sind für den größten Teil der verkehrsbedingten CO2-Emissionen verantwortlich. Als Brückenkopf zur seit Jahrzehnten überfälligen Ablösung des Ölzeitalters bietet die CLEAN MOVES bereits jetzt realisierbaren Lösungen eine ergebnisoffen vernetzte Plattform", stellt Ralph Kappler, Initiator von CLEAN MOVES, heraus.
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