ZEIT-Kolumne: Macher & Märkte
Hamburg (ots)
Hitpiraten: Nicht zu stoppen
Erst beendet der Medienmulti Bertelsmann seine monatelangen Fusionsgespräche mit dem Musikkonzern EMI. Dann spekuliert man im Umfeld des Konzerns schon wieder über eine Fortsetzung der Verhandlungen. Aber eigentlich ist das alles nicht so wichtig: Die Zukunft der Musikkonzerne steht und fällt nicht mit Grossfusionen, Effizienzgewinnen und gebündelten Weltmarktanteilen. Sie ist aus anderen Gründen ungewiss.
Ausserhalb der Fachwelt hat kaum jemand gemerkt, dass in der vergangenen Woche das Projekt SDMI gescheitert ist. SDMI steht kurz für Secure Digital Music Initiative und war der bislang ehrgeizigste Versuch, Musik vor unliebsamen Kopierern zu schützen. Die Musiktauschbörse Napster und andere Hitpiraten bedrohen nämlich das ganze Geschäftsmodell der Konzerne. Wenn Musik im Internet umsonst ist - wer soll dann zahlen?
SDMI hatte die Hacker der Welt dazu aufgerufen, einen selbst entwickelten Kopierschutz zu knacken. Ergebnis: Computerfreaks, unter ihnen der Princeton-Professor Richard Felton, veröffentlichten ihre Ergebnisse sogar im Internet. Jetzt will in der Branche niemand mehr von SDMI wissen. Die bange Ahnung geht um, dass technische Verfahren vielleicht niemals greifen werden. Selbst wenn die Entwickler die Hacker überlisten - wer kann einen Musikkäufer daran hindern, "seine" Musik auf ein verschlüsselungsfreies Medium zu speichern? Deshalb sollen Kopierschutz-Chips in alle Abspielgeräte, die Elektronikbranche freut sich auf Geschäfte. Aber kann man alle Kunden zwingen, nur solche Geräte zu benutzen?
Bleibt eine alte Strategie: Musikpiraten und Tauschbörsen einzeln ausschalten, mit rechtlichen und technischen Mitteln. Das wollen (oder können) die Konzerne aber nicht alleine machen. Ipfi, der Verband der Musikkonzerne, verteilt in dieser Woche sein neues Computerprogramm Songbird. Damit kann jeder Musiker im Internet nach Raubkopien seiner Lieder suchen, um selbst dagegen vorzugehen.
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 20/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 10. Mai 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Beitrags kann angefordert werden.
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