ASTAG Schweiz. Nutzfahrzeugverband
ASTAG fordert Neuausrichtung der Verlagerungspolitik und ein realistisches Verlagerungsziel für den Transit
Bern (ots)
Die Ziele der Verkehrsverlagerung sind neu und vor allem realistisch zu definieren. Dies fordert der Schweiz. Nutzfahrzeugverband ASTAG in seiner Stellungnahme zum Bericht des Bundesrates für die zukünftige Verlagerungspolitik. Eine Begrenzung auf 650'000 alpenquerende Lastwagenfahrten entspricht dieser Prämisse in keinem Fall. Mittelfristig sei eine Zielgrösse von einer Million Fahrten immer noch sehr ambitiös, zumal gesamteuropäisch mit einem stärkeren Wachstum gerechnet wird. Weder die Erhöhung der LSVA, noch eine Alpentransitbörse oder ein Ausbau der Rollenden Landstrasse (RoLa) sind taugliche Verlagerungsinstrumente. Vor allem zielen sie an den Marktbedürfnissen vorbei, wie die letzten Jahre gezeigt haben. Was es wirklich braucht, sind die Förderung des Wettbewerbes unter den Bahnen sowie faire Trassenpreise für den Schienengüterverkehr. Und: Die ASTAG fordert den Bundesrat auf, dass er dem Parlament eine Vorlage vorlegt, die nicht wieder zulasten des Binnenverkehrs geht. In den vergangenen 5 Jahren ist nämlich der ausländische Transitanteil durch die Schweizer Alpen - trotz Verlagerungspolitik und Alpenschutzartikel - stetig von 50 auf 56 Prozent gestiegen! Dagegen müssen die schweizerische Wirtschaft und die Konsumentinnen und Konsumenten 75 Prozent der mit der LSVA anfallenden Kosten übernehmen.
Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband ASTAG begrüsst den Willen des Bundesrates, die Verkehrsverlagerungspolitik neu zu definieren. Der Verband ist auch befriedigt, dass die Verlagerungsmassnahmen sich auf den alpenquerenden Gütertransit beschränken und nicht auf den Transport in der Fläche ausgedehnt werden.
Eine Neuorientierung ist dringend notwendig. Denn: Die Zahl der Lastwagenfahrten im alpenquerenden Transit durch die Schweiz ist seit 2001 zwar leicht zurückgegangen. Der Grund dieser Entwicklung liegt aber nicht in den ergriffenen Lenkungsmassnahmen wie der LSVA, sondern ist vor allem auf die Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts für Lastzüge von 28 auf 34 beziehungsweise 40 Tonnen zurückzuführen. Entsprechend hat die Menge der durch die Schweizer Alpen transportierten Güter auch strassenseitig zwischen 2000 und 2005 um 40 Prozent zugenommen. Weiter hat der festgestellte Rückgang der Fahrten damit zu tun, dass der Strassentransport seit 2001 massiv behindert wird und mit künstlichen Sperrungen wie am Gotthard ins benachbarte Ausland umgeleitet wird. Als Folge nahm der Umwegverkehr über den Brenner zu, was allerdings nicht das Ziel einer nachhaltigen Verkehrspolitik sein kann.
Schienenseitig hat der internationale Transitgüterverkehr leicht zugelegt, wobei vor allem im unbegleiteten kombinierten Verkehr (UKV) eine dem Wirtschaftswachstum und den logistischen Fortschritten entsprechende Zunahme konstatiert werden kann. Indessen wurde bisher kein Kilogramm von der Strasse auf die Schiene verlagert, wie das Volk dies mit dem Alpenschutzartikel gefordert hat. Hier zeigt sich, dass eine flächendeckend erhobene LSVA das falsche Instrument ist, um den Transitverkehr von Grenze zu Grenze auf die Schiene zu verlagern. Gerade der internationale Transitverkehr durch die Schweizer Alpen hat von 50 auf 56 Prozent zugenommen. Dagegen wird mit der LSVA vor allem der Binnenverkehr, Import- und Exportverkehr zur Kasse gebeten: Rund 75 Prozent der 1,3 Milliarden LSVA pro Jahr werden von Schweizerinnen und Schweizern bezahlt! 80'000 Franken LSVA-Abgaben pro Lastwagen und Jahr sind keine Seltenheit.
Verlagerungsziel realistisch definieren
Es erscheint deshalb sinnvoll, das Verlagerungsziel auf den Zeitpunkt zwei Jahre nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels neu festzulegen. Dabei darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass bis in die Jahre 2017/2019 der Verkehr allen Prognosen zufolge weiter wachsen wird. Die Begrenzung auf 650'000 Fahrten ist schlicht illusorisch. Realistischer ist ein Verlagerungsziel von 1 Million per 2012 respektive 1,2 Millionen per 2017/2019.
LSVA, Alpentransitbörse und RoLa bringen's nicht
Im Ergebnis zurückzuweisen ist die Idee einer Alpentransitbörse. Diese würde den Binnenverkehr, der keine Ausweichmöglichkeiten hat, de facto diskriminieren. Als faktische Kontingentierung der Fahrten ausgestaltet wäre sie ohnehin unzulässig. Die Einführung einer Alpentransitbörse würde also Neuverhandlungen des Landverkehrsabkommens Schweiz/EU erfordern. Dabei ist es nicht vorstellbar, dass die EU einer solchen Einschränkung zustimmen würde, die vor allem für alle Beteiligte einen Mehraufwand bedeutete, ohne das Problem des schwierig zu erfüllenden Verlagerungsauftrags zu lösen.
Auch nicht viel Aussicht auf Erfolg gibt die Förderung der Rollenden Landstrasse (RoLa). Abgesehen von den hohen Subventionen, die sie erfordert (drei mal mehr Subventionen als der UKV), überzeugt sie weder in transportwirtschaftlicher noch in umweltpolitischer Hinsicht. Es macht in der Regel keinen Sinn, mit der Bahn zusätzlich zu den zu befördernden Gütern auch noch Fahrer und Lastwagen auf die Reise zu schicken. Ausserdem läuft die RoLa international den logistischen und politischen Bestrebungen hin zum Unkombinierten Verkehr (UKV) mit Containern und Wechselpritschen zuwider. Sie dürfte bei den ausländischen Transporteuren kaum auf Akzeptanz stossen.
Was wirklich geschehen muss
Geeignete Massnahmen zur Verkehrsverlagerung gibt es sehr wohl. Dazu gehört die Unterstützung des UKV (Containerverkehr). Dessen Subventionierung in einer Übergangsphase bis 2017/2019 erscheint nötig, zweckmässig und angemessen. Dazu gehören auch Investitionen in Terminals. Gleichzeitig muss der freie Markt unter den Bahnen weiter und schneller gefördert werden, als dies bisher geschah. Und schliesslich müssen die Trassenpreise, welche die operierenden Bahnen für die Benutzung der Infrastruktur zu bezahlen haben, nach Nutzung der Kapazitäten festgelegt werden, und nicht - wie heute - nach Gewicht. Letzteres benachteiligt den Schienengüterverkehr nicht nur gegenüber dem Personenverkehr, sondern auch gegenüber der Strasse. Im Rahmen der Vorlage zur Zukünftigen Entwicklung der Bahn-Grossprojekte (ZEB) ist darauf zu achten, dass Engpässe im Schienengüterverkehr mit Priorität behoben werden. Und vor allem müssen im benachbarten Ausland die NEAT-Anschlüsse rechtzeitig gewährleistet werden können.
Kontakt:
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