ASTAG Schweiz. Nutzfahrzeugverband
LSVA-Beschwerde: Behörden ritzen an rechtsstaatlichen Prinzipien!
Bern (ots)
Die Oberzolldirektion (OZD) bewegt sich mit ihrer jüngsten Stellungnahme zur LSVA-Erhöhung auf immer dünnerem Eis: Die (eigenen) Grundlagen zur Bemesssung externer Kosten werden von der OZD mittlerweile ebenso in Frage gestellt wie das Willkürverbot, dem Behörden eigentlich unterworfen sind. Demnach seien nicht rein wissenschaftliche und rechtliche Überlegungen entscheidend für die Erhöhung, sondern vor allem der politische Wille des Bundesrates. Beide Argumente sind gemäss neuesten Studien bzw. dem Gesetz nicht stichhaltig. Die ASTAG hat jetzt Zeit, bis Mitte März eine Replik beim Bundesverwaltungsgericht einzureichen.
In der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Erhöhung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) wird die Argumentation der Behörden zunehmend abstruser. Der Gipfel der Willkür ist, dass sich die Bundesstellen in ihrer Stellungnahme zuhanden des Bundesverwaltungsgerichts inzwischen sogar selbst widersprechen und ihre eigenen Bemessungsgrundlagen anzweifeln. So behauptet die zuständige Oberzolldirektion (OZD), dass Stau(zeit)kosten neuerdings wider alle rechtlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse als externe Kosten zu betrachten sind. Damit wendet sich die OZD gegen das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), welches 2003 in der offiziellen Transportkostenrechnung noch das Gegenteil behauptet hatte. Zudem betont die OZD, dass wissenschaftliche Überlegungen grundsätzlich gar keine Rolle spielten, sondern der politische Wille des Gesetzgebers vor allem aber des Bundesrates im Vordergrund stehe. Streng nach dem Motto: Wenn der Bundesrat eine Abgabe erhöhen will, weil der Bund Geld braucht, spielen rechtliche Grundlagen wie beispielsweise das Kostendeckungsprinzip keine Rolle! Dieses ist aber ausdrücklich in der entsprechenden Verordnung und im Schwerverkehrsabgabegesetz verankert worden. Das Volk hat dem Gesetz 1998 zugestimmt.
Merkwürdiges Demokratieverständnis der Behörden
Damit offenbaren die Behörden erneut, dass es ihnen an stichhaltigen Argumenten mangelt. Denn Stau(zeit)kosten sind nach Auffassung der Verkehrswissenschaft eindeutig interne Kosten. Es ist eine triviale Erkenntnis, dass die Verursacher von Staus auch selber die entstehenden Kosten zu tragen haben! Zweitens hängt die Berechnung der externen Kosten gemäss dem grundlegenden Gesetzestext eben nicht vom politischen Willen, sondern vom Stand der Wissenschaft ab.
Grundsätzlich zeugt die Argumentation der OZD auch von einem sehr merkwürdigen Demokratieverständnis. Das Bundesverwaltungsgericht, das den Fall als nächstes beurteilt, hat seinen Entscheid nicht nach politischen Kriterien, sondern nach rechtlichen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu fällen. So steht es im entsprechenden Gesetz und in der Verordnung. Zudem wurde seinerzeit die von 155'000 Personen unterzeichnete Petition gegen die LSVA-Erhöhung von den Behörden auch nicht als politischer Wille akzeptiert! Diese Widersprüche offenbaren den wahren Charakter der ganzen Kontroverse: Es geht primär um ein Ränkespiel, um das Transportgewerbe weiterhin mit möglichst hohen fiskalischen Abgaben belasten zu können. Und dazu ist einigen Beamten offensichtlich jedes Mittel recht.
Zweite massive Erhöhung der LSVA innerhalb von 4 Jahren
Am 12. September 2007 entschied der Bundesrat gegen den Widerstand einer geschlossenen Front von Wirtschaftsorganisationen, die LSVA zum zweiten Mal seit ihrer Einführung im Jahre 2001 per 1. Januar 2008 massiv zu erhöhen. Bereits 2005 waren die LSVA-Tarife verdoppelt worden, womit sie weit über dem europäischen Durchschnitt liegen. Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband ASTAG hat daraufhin Einsprachen gegen die Erhöhung vorbereitet. Seit anfangs 2008 treffen bei der zuständigen Oberzolldirektion (OZD) monatlich rund 4'500 Einsprachen von betroffenen Fahrzeughaltern ein. Die Einsprachen stützen sich unter anderem auf ein Gutachten, das auf Basis der Zahlen des Bundes nachweist, dass der Schwerverkehr seit 2005 alle seine Kosten vollumfänglich deckt.
Nachdem die Einsprachen von der OZD abgelehnt worden sind, wurde der Entscheid ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen. Dieses muss nun über die Rechtmässigkeit der Erhöhung befinden und hat deshalb die OZD zu einer Stellungnahme eingeladen. Als nächstes wird die ASTAG nun ihre Replik einreichen. Anschliessend hat der Bund nochmals Gelegenheit zu einer Stellungnahme (Duplik). Und zuletzt kann das Gericht sogar noch ein Obergutachten einholen.
Kontakt:
ASTAG Schweizerischer Nutzfahrzeugverband
Michael Gehrken
Weissenbühlweg 3, 3007 Bern
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